Tödliche Option
Sie hockten auf dem Sofa und dem Fußboden und
versuchten, sich mit Geschichten über Männerbekanntschaften in New York
gegenseitig zu übertreffen. Eis klirrte in Gläsern, und von den Sandwiches und
Kuchen waren nur noch Krümel auf leeren Platten übrig. Tobie hatte gerade von
ihrem letzten Verhältnis erzählt.
»Verschone mich mit Neuenglands Adel«, stöhnte
Tobie. »Die könnten genauso aus Granit bestehen. Es ist unglaublich, wie wenig
sie mit ihren Gefühlen zurechtkommen. Und sie lieben ihre kleinen Drinks.«
»Ganz meine Meinung«, sagte Laura Lee, die als
Baptistin aufgewachsen war. »Mir sind jüdische Männer viel lieber. Sie mögen
gutes Essen.« Sie wartete, bis das Gelächter sich gelegt hatte, dann fuhr sie
fort: »Und jetzt wird uns Wetzon von den Italienern erzählen.«
»Ja, schieß los«, riefen die anderen, bis auf
Anne, die sagte: »Ich zum Beispiel bin es leid, höflich zu sein, und möchte
gern wissen, ob er dir das angetan hat.«
Wetzon strich über ihr malträtiertes Gesicht.
»Nein, er würde das nie tun. Ich habe es von einem Kunden, neben einer
versuchten Vergewaltigung, und ich fühle mich — ich weiß nicht — ich wollte
euch einfach diesen Tag nicht verderben.« Sie schluckte schwer.
Laura Lee rutschte vom Sofa und hockte sich
neben Wetzon, um sie an sich zu drücken. »Ist ja gut, Kleines, dafür sind wir
Mädchen doch da, damit wir uns gegenseitig unterstützen, auch wenn wir uns
nicht besonders oft sehen. Hab’ ich recht, Mädchen?«
»Klar!«
»Unterhalte uns jetzt mit Geschichten von
italienischen Männern«, verlangte Sylvie.
Sie lachten alle, und Wetzon, die Hand auf die
zerschrammte Wange drückend, sagte: »Ich bin keine Expertin für Italiener. Er ist
der erste.« Sie lächelte. »Und er ist nicht der typische Italiener, weil er
Detective ist und deshalb seine mediterranen Emotionen verbirgt. Aber sie sind
vorhanden, wißt ihr, unter den Oberfläche brodelt es ständig.« Ihre Augen
füllten sich mit Tränen, und sie dachte, warum kann ich nur meine eigenen
Emotionen nicht kontrollieren?
»Habt ihr das gehört, Mädchen?« Laura Lee füllte
ihr Glas aus dem Krug mit Eistee auf dem Couchtisch nach. »Ich denke, wir
werden Wetzon bald verlieren. Du wirst Annie ins eheliche Glück folgen.«
»Ich bin auch nicht bereiter als du zu heiraten,
Laura Lee, obwohl ich im Augenblick übe.«
Sylvie streckte die Hand hoch. »Ich habe eine
Geschichte, möchte sie jemand hören?«
»Prima.«
»Fang an.«
»Gut«, begann Sylvie, »ich lernte einen wirklich
attraktiven Mann auf einer Cocktailparty der UJA kennen, und wir flirten auf
Teufel komm raus. Wir steuern gleich das Hilton an, und er nimmt ein Zimmer,
und wir gehen nach oben und fangen an, uns gegenseitig die Kleider vom Leib zu
reißen. Und als ich praktisch nackt dastehe, holt er auf einmal Handschellen
vor.« Sie hielt inne und erzielte die gewünschte Wirkung.
»Meine Güte!«
»Sylvie!«
»Pervers!«
»Was ist passiert?«
»Ich sagte, >Mir fällt gerade ein, daß ich
telefonieren muß<, und ich schnappe meine Handtasche und meine Sachen und
renne los. Und ich versuche, mich anzuziehen, und renne zum Aufzug, und da
steigen zwei alte Leute aus dem Aufzug und starren mich an, als wäre ich
verrückt. Ich springe in den Aufzug — und den zwei fallen fast die Augen aus
dem Kopf, und ich sage, >Das Fitneßstudio ist phantastisch, die kriegen
einen hin wie der Blitz<, und der Aufzug schließt sich.«
»Ich weiß nicht, Mädchen, Männerbekanntschaften
in New York sind wie Zahnschmerzen«, sagte Laura Lee, nachdem sich das Lachen
gelegt hatte.
»Die Philosophin spricht«, bemerkte Anne.
»Da gibt es zum Beispiel Howard«, begann Tobie.
»Er ist zweiundsechzig und ganz reizend. Am Tag nach unserer Verabredung
schickt er mir Blumen ins Büro. Die Kollegen nennen es meinen K.o.-Strauß.«
»Ist er sexy? Ich finde manche älteren Männer
sexy«, sagte Wetzon, während sie versuchte, auf dem Rücken liegend Eistee zu
trinken, ohne etwas über den Hals zu schütten, und schaffte es nicht. Wie
Alton Pinkus, dachte sie. Sie setzte sich und tupfte mit einer Serviette
auf, was sie verschüttet hatte.
»Habt ihr das gehört?« rief Laura Lee aus.
»Nenne einen außer Paul Newman«, sagte Sylvie.
»Na ja, einer von ihnen ist tot, Bart Giamatti.«
Wetzon wartete, bis alle negativen Kommentare abgegeben waren, dann fuhr sie
fort: »Felix Rohatyn.«
Aufstöhnen, Gelächter.
»Ich könnte keinen von beiden küssen,
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