Tödliche Option
Finger.
Um sieben waren alle fort, und die Wohnung
gehörte wieder ihr. Wetzon ging durchs Wohnzimmer, hob eine Serviette auf und
saugte die Krümel vom Boden, Tisch und Sofa auf. Sie nahm die leere
Champagnerflasche vom Couchtisch und brachte sie in die Küche. Es gab einen
lauten Knall, als sie sie in den Müllsack warf.
Die Gegensprechanlage summte.
»Ja?«
»Paket für Sie von gestern, Ms. Wetzon. Arlo
vergaß, es Ihnen zu sagen.«
»Okay, ich komme runter.«
»Es ist zu schwer für Sie. Ich bringe es hoch.«
»Danke.« Sie nahm den Finger vom Antwortknopf.
Was konnte das sein? Seit der Explosion im Garten war sie mißtrauisch gegenüber
Paketen.
Als es an der Tür klingelte, machte Wetzon auf,
und Sammy, das Sonntagsfaktotum, stand mit einer Weinkiste vor ihr. »Wo soll
ich das hinstellen?«
»Gleich hier.« Sie musterte das Paket
vorsichtig. Es war ein Getränkekarton, der ziemlich harmlos aussah. »Danke,
Sammy.« Sie schloß die Tür und tastete einen Umschlag oben auf dem Karton ab.
Nichts als eine Karte. Keine komischen Drähte oder sonderbaren Instrumente. Auf
der Karte stand, Mit guten Wünschen, Douglas Culver.
Ein gewaltiger Zorn überkam sie. Sie sah
buchstäblich rot und trat an die Weinkiste, wobei sie sich die Zehen
verstauchte. »Verdammt, verdammt!« Sie hüpfte herum und massierte den Fuß. Sie
war wütend. Glaubte er, das könne wiedergutmachen, was ihr passiert war? Sie
hatte nicht übel Lust, die Kiste zurückzuschicken an — sie bückte sich, um auf
das Etikett zu schauen — Liberty Liquors.
Als sie an der Wellpappe der Kiste zerrte, riß
sie sich einen Fingernagel ein und fluchte. Wie konnten sie es wagen, sie zu bestechen!
Sie stemmte den Deckel der Kiste mit dem Brotmesser auf, zog eine Flasche
heraus und starrte auf das Etikett eines wirklich edlen kalifornischen
Cabernets, William Hill Reserve, 1987, als das Telefon läutete.
Immer noch den Flaschenhals haltend, sagte sie
kurz angebunden: »Hallo.«
»Wetzon!«
»Wer ist da?«
»Dwayne.«
»Dwayne?« Sie hatte Ellies Assistenten ganz
vergessen. War er nicht weggerannt, hatte er nicht die Stadt verlassen? »Wo
sind Sie? Ich muß mit Ihnen sprechen.«
»Ich bin an der Penn Station. Ich habe mich in
den letzten Tagen auf Fire Island versteckt, aber es geht nicht mehr. Ich
möchte alles so wie früher. Und ich halte die Hitze nicht mehr aus. Carlos
sagte, ich soll Sie anrufen, daß Sie — ich habe wirklich Angst...«
»Dwayne, beruhigen Sie sich. Setzen Sie sich in
ein Taxi und kommen Sie her.« Er wußte etwas über die Morde, dessen war sie
sich jetzt sicher. Er hörte sich verängstigt an. Sie beschloß, ihm nicht zu
sagen, daß er von der Polizei gesucht wurde. »Machen Sie schon. Ich wohne in
der West 86. Street.«
»Wetzon, ich nehme den nächsten Zug nach
Baltimore. Ich treibe mich hier nicht noch länger herum.«
»Bitte, Dwayne. Wir brauchen Ihre Hilfe. Ich
habe hier etwas, das Sie sich ansehen sollten.«
»Es geht nicht. Ich gehe hier nicht weg. Mein
Zug fährt um neun.«
Sie entschloß sich schnell. »Dann komme ich zu
Ihnen.« Die Penn Station war an einem Sonntagabend wahrscheinlich voll von
Leuten, die vom Wochenende am Strand zurückkamen. Es würde ungefährlich sein.
»Hm, einverstanden.« Sie hörte sein Widerstreben
heraus.
»Wo soll ich Sie treffen?« Sie hörte ihn atmen,
doch er antwortete nicht. »Dwayne?«
»Es gibt da eine Bar, die Bagel Bar —
unten, bei der Long Island Railroad.«
»Das finde ich. Bleiben Sie dort. Ich bin in
etwa fünfzehn Minuten unten.«
»Wetzon, suchen Sie nicht nach mir. Ich finde
Sie.«
Sie legte auf und rief Silvestri beim Midtown
North an. Mo meldete sich. »Sie haben ihn knapp verpaßt«, sagte sie. »Wie
fühlen Sie sich?«
»Mo, Dwayne — mir geht es gut — Dwayne hat mich
gerade angerufen. Er hatte sich auf Fire Island versteckt. Ich habe ihm nicht
gesagt, daß Sie ihn suchen. Ich fahre jetzt zur Penn Station, um mich mit ihm
zu treffen. Er will abhauen.«
»Bleiben Sie, wo Sie sind, Leslie. Ich versuche,
Silvestri zu erreichen.«
»Mo, das geht nicht. Er entwischt uns sonst.
Sagen Sie Silvestri, daß ich Dwayne in der Bagel Bar in der unteren
Halle bei der Long Island Railroad treffe.« Sie stützte die Weinflasche auf die
Hüfte.
»Nein, Leslie, überlassen Sie das uns. Ich suche
Silvestri...«
»Sagen Sie mir nur eins, Mo — Dwayne wird immer
noch nicht verdächtigt, das hat sich doch nicht geändert?«
»Ich darf nicht...«
»In Ordnung.
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