Tödliche Option
Wetzon war sicher,
daß Harold ihn ebenfalls vergessen hatte. »Aber ich würde sowieso nie etwas mit
Tom Keegen anfangen. Ihr braucht euch keine Gedanken zu machen.«
»Hat Keegen dich ausgefragt, wie es bei uns
läuft?« wollte Wetzon wissen.
»Er fragte, aber ich habe selbstverständlich
nichts gesagt.«
»Darauf hätten wir gern dein Wort, Harold«,
verlangte Smith.
»Ehrlich. Ich schwöre es. Ihr braucht euch
meinetwegen keine Sorgen zu machen.« Er hielt die Hand hoch, als leiste er
einen Eid.
Smith stand auf. »Also gut, Harold. Du kannst
gehen.«
Harold wandte sich mit unnatürlicher Würde um,
ging hinaus und zog die Tür leise hinter sich zu.
»Glaubst du ihm?« fragte Smith, die Hände
auf die Hüften gestützt. »Ich könnte ihn umbringen.«
»Harold umbringen? Er ist es nicht wert.«
»Harold? Nein, diesen Widerling Keegen.«
»Vergiß es. Und Harold, ich weiß nicht. Lassen
wir es vorerst auf sich beruhen, aber ich meine, wir müssen ihn im Auge
behalten.«
Smith seufzte und setzte sich hin. »Es
deprimiert mich, daß wir ihm nicht vertrauen können. Aber was das Treffen mit
Keegen betrifft, hat er recht gehabt. Jede von uns hätte es auch getan, um zu
hören, was der Schleimer zu sagen hat.« Sie schlug mit der flachen Hand auf die
Tischplatte. »Was für eine Frechheit ! Für wen hält er sich eigentlich?
Ich hätte große Lust, ihn anzurufen und ihm zu sagen, was er mit sich machen
soll.«
»Du verschwendest bloß deine Energie. Erfolg ist
immer die beste Rache.« Wetzon dachte nach. »Vielleicht sollten wir Harolds
Prozente auf fünfunddreißig anheben.«
»Es ist mir zuwider, diesen Kriecher noch zu
belohnen, wenn er sich illoyal verhalten hat.«
»Das wissen wir nicht. Wenn auch die Umstände
dafür sprechen.« Wetzon lächelte. »Denk darüber nach.« Sie warf einen Blick auf
die Papiere auf ihrem Schreibtisch. »Ich habe jede Menge Arbeit...«
»Wollen wir zusammen zu Abend essen und das
durchsprechen?«
»Heute kann ich nicht. Ich treffe mich mit der
schönen Ellie auf einen Drink. Wo ist Jake?«
»In Atlanta, um sich über eine Firma zu
informieren, die an die Börse gehen will.«
»Und morgen?« erkundigte sich Wetzon.
»Abgemacht.«
»Wir könnten bei Baci Pasta essen.«
»Aber das ist an der West Side.«
»Na und? Was hast du gegen die West Side? Zu
durchwachsen für dich?«
»Um Himmels willen.«
Wetzon grinste sie an, griff zum Telefon und rief
Sharon Murphy an. »Ich möchte Ihre Verabredung mit Marty Rosen bei Loeb Dawkins
bestätigen, heute um vier Uhr dreißig.«
»Oh, Wetzon, gut, daß Sie anrufen. Ich bin
ziemlich nervös deswegen. Es könnte mich jemand erkennen. Es geht einfach
nicht. Bitte fragen Sie, ob er mich nicht woanders treffen kann.«
»Alles klar. Ich melde mich wieder.« Wetzon sah
Smith an, die Notizen auf einen gelben Block machte.
»Was gibt’s?« fragte Smith, ohne den Kopf zu
heben.
»Sie möchte ihn außerhalb des Büros treffen.«
»Du richtest dich immer nach ihren
Wahnvorstellungen.«
»Sharon hat einen Grund, Smith. Jeder kennt
jeden an der Wall Street. Jemand in Martys Büro könnte sie erkennen und es
jemanden in ihrem Büro wissen lassen, und dieser Jemand könnte es ihrem Chef
erzählen...« Wetzon tippte Marty Rosens Nummer ein.
»Klar«, meinte Rosen. »Sagen Sie ihr, ich treffe
sie um fünf im Pierre. Und schildern Sie ihr, wie ich aussehe, Wetzon.«
»Und wie sehen Sie aus, Marty?«
»Wie ein Börsenmakler, Wetzon. Dunkelblauer
Anzug, Brille, einsachtzig, achtzig Kilo, dunkles Haar. Wonach soll ich mich
umsehen?«
»Ich würde Sie überall entdecken. Sharon sieht
ein bißchen wie Tina Turner aus, wenn Tina Irin wäre.«
»Heißt das weiße Irin oder schwarze Irin?«
»Finden Sie es selbst heraus.«
Rosen gluckste. »Das wird wenigstens
interessant.«
»Ich rufe Sie morgen an, Marty. Denken Sie
daran, daß Sharon ein aggressives Büro sucht, ihren eigenen Telefonwerber
wünscht und sich unbedingt verändern möchte.«
»Verlassen Sie sich auf mich, Wetzon.«
Wetzon legte auf. Sie war nicht beruhigt. »Die
Wendung > Verlassen Sie sich auf mich < ist ein Codewort für > Sie
können mich mal <, hatte ein Makler sie einmal aufgeklärt. »Marty Rosen
hat eben gesagt, ich könnte mich auf ihn verlassen.«
Smith seufzte und warf den Federhalter hin. »Ich
kann mich nicht darauf konzentrieren.«
»Was machst du denn?«
»Den Bericht für Hoffritz. Ich bin immer noch
wütend wegen Tom Keegen. Wir können ihm das
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