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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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ist noch nicht vernehmungsfähig, Inspektor“,
hörte ich eine andere Stimme sagen.
    Durch einen Schleier sah ich die sinnlichen
Lippen der Krankenschwester. Bevor ich das Bewußtsein verlor, dachte ich noch
schnell, daß man sich bei der Auswahl des Krankenhauspersonals sehr viel Mühe
gegeben hatte.
     
    * * *
     
    Paolis Leibwächter hatte mich wirklich übel
zugerichtet. Erst mehrere Tage, nachdem die letzte Kugel aus meinem Körper
entfernt worden war, erlaubten die Ärzte Besuche an meinem Krankenbett.
Inzwischen hatte Florimond Faroux mehrmals sein Glück versucht, doch ohne
Erfolg. Er war kein schlechter Kerl. Sein Menschenfresser-Gehabe konnte nur
Anfänger täuschen. Wie ich später erfuhr, hatte er seine Kollegen von dem
Märchen, das ich ihm serviert hatte, zu überzeugen versucht. Weiter erfuhr ich,
daß die Autopsie der Leiche von Louis Béquet Dr. Blouvette-Targuys Diagnose...
bestätigt hatte! Louis Béquet war eines natürlichen Todes gestorben. Und
Tanneur blieb verschwunden.
    Mir waren also einige Tage Ruhe vergönnt.
Währenddessen passierte so einiges. Vor allem fand am letzten Sonntag im August
das Autorennen in Montfleury statt.
    Die Montagsausgaben der Zeitungen waren voll von
Berichten und Bildern des berühmten Rennens. Ein sensationelles Foto in der
Zeitschrift Auto — der Wagen Nr. 10 (Fahrer: Perrot) umgestürzt und
brennend wie eine Feuerzangenbowle — nahm mir jede Hoffnung, meine tausend
Francs wiederzusehen, die Zavatter für mich auf die Startnummer mit den besten
Chancen gesetzt hatte. Wahrgenommen hatte die Chancen allerdings ein anderes
Auto, ein anderer Fahrer und, vor allem, andere, die gewettet hatten. Sie alle
lachten sich ins Fäustchen. Doch trotz meines Verlusts mußte auch ich leise
lachen. Das Foto mit dem brennenden Wagen war offensichtlich vor dem Rennen
aufgenommen worden. Denn sonst hätte Monsieur Jamin, Perrots Chef, nicht so
fröhlich in eine andere Kamera gelächelt. Jemand anders dagegen hatte allen
Grund, übers ganze Gesicht zu strahlen: Der Chef des Fahrers Fernand Duval,
dessen Wagen Nr. 5 ihm die hübsche Summe von 150 000 Francs eingefahren hatte.
Aber wo war der Glückliche?
    Ja, wo war er denn? Gab es denn nirgendwo ein
Foto von ihm?
    Nein, nirgendwo!
    Er mußte ein bescheidener Mann sein. Bescheiden
und weise. Wurde denn wenigstens sein Name veröffentlicht? Das Überfliegen der
Resultate in den Kurznachrichten gab Auskunft:
     
    Start-Nr. 5. Fahrer Fernand Duval; Besitzer
Francis Paul.
     
    Ich überlegte krampfhaft. Ganz langsam. Ich sah
das Innere der Werkstatt im Bois de Verrières wieder vor mir. Fernand Duval! Es
war wirklich zum Lachen. Duval! Warum nicht Dupont?
     
    * * *
     
    Als meine Tür für Besucher freigegeben wurde,
versammelte sich die gesamte Mannschaft von Fiat Lux — außer Hélène — an
meinem Bett. Meine Sekretärin ließ sich wegen Arbeitsüberlastung entschuldigen.
Ich war ganz wild auf Neuigkeiten von Galzat.
    „Stagnation an beiden Fronten“, sagte Reboul
grinsend. „Hab einen kleinen Bericht geschrieben.“
    Ich schob die Blätter unters Kopfkissen und gab
kurz und knapp Auskunft über das, was mir zugestoßen war. Dann schmiß ich meine
Leute höflich, aber bestimmt raus. Ich war noch zu schwach für längere
Diskussionen. Eine Horde von Journalisten wollte mich interviewen. Ich erklärte
mich einverstanden. Reklame muß sein. Wenn man im Geschäft bleiben will, darf
man sich nicht hängenlassen. Weder Galzat noch Covet waren unter den wartenden
Reportern. Von allen Seiten prasselten Fragen zu dem... Unfall auf meine armen Ohren
nieder. Ich speiste die Schreibtischtäter mit irgendwelchen Albernheiten ab.
Ein ganz Pfiffiger wollte wissen, ob mir die Augenfarbe meiner Krankenschwester
gefalle. Ein anderer zeigte auf den Kräutertee und andere ekelerregende
Flüssigkeiten auf meinem Nachttisch und fragte, ob „das da“ (entsprechende
Grimasse) meinen Zustand nicht eher verschlechtere.
    „Keine Ahnung“, lachte ich. „Ich rühre das Zeug
nicht an. Seit ich wieder selbständig trinken kann, bediene ich mich aus der
Weinkiste unter meinem Bett. Hat mir Maître Jannet schicken lassen. Es ist
korsischer Wein.“
    Man mußte kein Hellseher sein, um den
eigentlichen Wohltäter zu erraten. Für solche Gesten war Paoli bekannt.
    „Sie kennen Maître Jannet?“
    „Wir sind sozusagen Milchbrüder, wenn ich mich
mal so ausdrücken darf. Gehen durch dick und dünn. Sie können das in Ihren
Artikeln ruhig schreiben. Im

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