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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Gesicht des
Nachtgespenstes. Ich ließ dem Kerl keine Zeit, den Mund zu öffnen. Mit meinem
Revolver versetzte ich ihm einen jener Schläge, die einen Nachtwächter ins
Krankenhaus befördern können. Er brach zusammen, doch die Natur hatte sich noch
etwas Besonderes für ihn ausgedacht: Dort, wo sein Nacken landete, hatte sie
einen Baumstumpf für ihn bereitgestellt. Es gab ein häßliches Geräusch. Ich
vergewisserte mich, daß der Kerl nicht tot war, und suchte die Taschenlampe.
Sie hatte sich vor Schreck von alleine ausgeknipst. Ich gab die Suche auf und kümmerte
mich wieder um den Waldschrat, knebelte ihn mit meinem Taschentuch und fesselte
seine Hände mit einem Strick, der leider zu kurz war, um dasselbe mit seinen
Füßen zu machen. Nachdem das erledigt war, ohne daß ein zweites Gespenst
aufgetaucht war, um nach dem Rechten zu sehen, schlich ich mich zu dem
Schuppen.
    Was ich durch eine Ritze sah, begriff ich nicht
gleich auf Anhieb. Trotzdem, es war höchst interessant, obwohl es nichts mit
Arsen zu tun hatte. Vielleicht hätte ich es besser verstanden, wenn ich etwas
länger gewartet hätte. Aber ich wartete nicht länger. Ein riesiger Schäferhund,
der in einem dunklen Winkel der Werkstatt lag, wurde unruhig und erhob sich. Im
selben Augenblick hörte man lautes Gebrüll auf dem waldartigen Gelände. Ich
nahm meine Beine in die Hand und versuchte in den folgenden Sekunden zu
beweisen, daß Ladoumègue neben Nestor Burma die reinste Schnecke war.
    Als ich die Mauer erreichte, war der Beweis
erbracht. Jetzt mußte ich nur noch den Rekord im Hochsprung brechen. Hinter mir
kam Bewegung in die Nacht. Ich weiß nicht mehr, wie ich’s geschafft habe.
Jedenfalls war es schade, daß die Schiedsrichter des Leichtathletik-Bundes in
jener Nacht nicht im Bois de Verrières waren. Auf dem schlammigen Weg jenseits
der Mauer sammelte ich meine Knochen einzeln wieder auf und nahm den
Langlaufrekord in Angriff.
    Die Nacht war schwarz wie Tinte. Es goß immer
noch wie aus Kannen, aber Blitze zuckten keine mehr auf. In der Ferne hörte man
den einen oder anderen Donner rollen. Der Rückenwind half mir bei meiner
Flucht.
    Plötzlich hörte ich Schüsse hinter mir. Sollte
ich von meinem nächtlichen Ausflug doch noch ein Souvenir mit nach Hause
bringen? Meine Verfolger schossen aus allen Rohren, aber nach Gefühl in die
Nacht. Ihr Gefühl trog sie nicht: An verschiedenen Körperstellen spürte ich
heftiges Brennen. Schmerzverzerrt, nur von eisernem Willen getrieben, lief ich
weiter. In meinen Ohren dröhnte es, vor meine Augen legte sich ein Schleier.
Doch ich rannte weiter. Hätte nie gedacht, daß man mit soviel Blei im Körper so
schnell laufen kann! Schwerkraft? Daß ich nicht lache! Ich hörte nur ein
häßliches, metallenes Knirschen und dachte: ,Gut, du bewegst dich noch! Deine
Beine tragen dich!“ Aber von wegen, meine Beine hatten sich selbständig
gemacht, ließen mich einfach im Stich... Ich rollte vor ein riesiges,
schnurrendes Monster, das mich aus tellergroßen, gelben Augen ansah. Das
Monster wurde wütend, wie von weitem hörte ich es aufkreischen. Dann brach für
mich zum zweiten Mal die Nacht herein.

12

Sportresultate
und andere Verbrechen
     
    Ich kam in dem Bett eines Hospitals wieder zu
mir. Eine weißgekleidete Krankenschwester flatterte im Zimmer umher. Bei meinen
ersten Sprechversuchen legte sie einen Finger auf ihre Lippen.
    „Psst!“ machte sie lächelnd.
    Die Tür öffnete sich, und herein kam Florimond
Faroux, den schokoladenbraunen Hut auf Halbmast.
    „Na, mein Lieber?“ rief er gutgelaunt. „Hab
gehört, daß es Sie böse erwischt hat. Hat unser Tanneur was damit zu tun? Sie
werden jetzt brav sein und mir alles erzählen! Betrachten Sie mich als Ihren
großen Bruder. Sehen Sie, ich bin alleine gekommen, wir sind ganz unter uns.
Keine Zeugen. Sie können sich aussprechen, sozusagen unter Freunden. Also, wo
hat man Sie in ein Sieb verwandelt?“
    „Porte d’Orléans“, flüsterte ich.
    „Porte d’Orléans?“ Der Inspektor lachte. „Klar,
deswegen sind Sie in Malabry unter die Räder eines Wagens der
Bereitschaftspolizei geraten! Na ja... Und wer hat Sie so zugerichtet, an der
Porte d’Orléans?“
    Ich wollte eigentlich antworten, ich wisse es
nicht, aber es kam kein Laut über meine Lippen. Zu schwach, zu kaputt. Faroux
explodierte.
    „Seit wir uns kennen, Nestor Burma, legen Sie es
darauf an, mich wütend zu machen! Diesmal hab ich das Gefühl, ich werde Sie
beißen.“
    „Er

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