Tödliche Pralinen
übrigen möchte ich Sie bitten, sich selbst von der
hervorragenden Qualität des Weines zu überzeugen.“
Das ließen sich die Herren nicht zweimal sagen.
Nach den Flaschen die Fläschchen. Die Reporter sahen sich die Medikamente auf
meinem Nachttisch an, um sich die barbarischen Namen einzuprägen. Mit dem
Versprechen, „so was nie anzurühren“, schwirrten sie wieder in ihre Redaktionen
zurück.
Kurz darauf machte mir Catherine Larcher die
Freude ihres Besuches, gefolgt von meinem Freund Julien Théron.
„Was für eine schöne Überraschung“, rief ich mit
meinem verführerischsten Lächeln.
Sekundenlang lag ihre zarte, kühle Hand in
meiner fiebrigverschwitzten.
„Nett von Ihnen, daß Sie mich besuchen kommen!
Dann sind Sie mir also nicht mehr böse, weil ich Privatflic bin? Oder sind Sie
gekommen, um mich einmal k. o. zu sehen?“
„Aber hören Sie mal, Monsieur Burma!“
protestierte sie.
Seit unserer letzten (und ersten) Begegnung war
eine Veränderung in ihr vorgegangen. Ihre schönen Augen blickten sorgenvoll,
nur einmal blitzten sie hart und böse auf. Eine seltsame Frau! Hatte sie die
Liebe so sehr verändert? Da Reboul mir versichert hatte, daß zwischen ihr und
Galzat nichts Wesentliches passiert war, dachte ich an einen dritten Verehrer.
In diesem Augenblick wurde ich von einem Fieberanfall geschüttelt. In meiner
Wahnvorstellung war ich selbst dieser Dritte. Welchen anderen Grund konnte sie
für ihren Besuch haben?
Théron erzählte mir später, wie verlegen ich
alle Anwesenden mit meiner leidenschaftlichen Liebeserklärung gemacht hatte.
* * *
Am selben Abend brachte der Crépuscule eine Sonderausgabe mit einer ellenlangen Schlagzeile heraus, die mich
allerdings nicht sonderlich überraschte. So etwas in der Art hatte ich bereits
erwartet.
SKANDAL BEIM AUTORENNEN — WAS UNTERSCHEIDET UNS
NOCH VON AMERIKA? — MARSEILLE IST BEREITS CHICAGO-UND PARIS? - DAS RENNEN VON
MONTFLEURY WAR MANIPULIERT — WAGEN GEDOPT - EXPERTEN IN SKANDAL VERWICKELT —
STARTNUMMER 5 HAT PREIS DURCH BETRUG GEWONNEN — SCHWINDEL DURCH ZUFÄLLIGEN
UNFALL AUFGEDECKT.
Endlich hatte der gute Marc Covet eine
Möglichkeit gefunden, gegenüber seinem Konkurrenten René Galzat Punkte
gutzumachen. Empört stigmatisierte er — man mußte es gelesen haben! — die
unfairen Sportfreunde und Experten mit dem „elastischen Gewissen“. In dem
Rennen von Montfleury der 2-Liter-Klasse hatte die Nr. 5 spielend über die
Konkurrenz triumphieren können. Neben verschiedenen Veränderungen am Motor war
der Hubraum vergrößert worden — aus gutem Grund! Die Experten hatten sich
wohlweislich gehütet, näher hinzusehen. Der Schwindel war nur durch einen
Zufall aufgeflogen. Eine Kehrmaschine der Städtereinigung war mit dem
Transporter des siegreichen Rennwagens kollidiert. Der Wagen hatte ziemlich
viel abbekommen. Zufällig war ein Redakteur der Grande Revue Sportive in
der Nähe. Der Mann war an einer Firma beteiligt, deren Wagen beim Rennen von
Montfleury leer ausgegangen waren. Später erklärte er, er habe bereits bei
Beendigung des Rennens seine Zweifel gehabt. Doch da er nicht zu dem
verantwortlichen Expertenteam gehöre, sei es bei dem bloßen Verdacht geblieben.
Der Unfall bot ihm nun die Gelegenheit, sich ein genaueres Bild zu machen. Und
das machte er sich.
Es folgte eine Menge technischer Daten, von
denen ich nichts kapierte, ebensowenig wie Marc Covet, der sie wohl irgendwo
abgeschrieben hatte. Andere konnten mehr damit anfangen. Der siegreiche, jetzt
schwer lädierte Wagen wurde auf Veranlassung des Redakteurs der Grande Revue
Sportive von vereidigten Experten des Gerichts begutachtet. Danach gab es
an dem Betrug keinen Zweifel mehr. Die in den Fall Verwickelten gaben zu,
bestochen worden zu sein, wollten jedoch den Drahtzieher nicht nennen. Der
Abendwind hatte ein Vögelchen mit einem Brief im Schnabel zu ihnen getragen.
Der Transporter war von einem Spezialunternehmen gemietet worden. Der Fahrer,
der bei dem Unfall unverletzt geblieben war, hatte vorsichtshalber die Flucht
ergriffen.
Marc Covet — im allgemeinen so abgebrannt wie
ich — rechnete mit geradezu masochistischer Freude den Profit des Betrügers
vor. Außer der Siegprämie hatte der geheimnisvolle Drahtzieher das Geld
kassiert, das Trottel wie ich auf die weniger glückliche Konkurrenz gesetzt
hatten. Dabei hatte noch eine ganze Armee von „Buchmachern“ ihre Hände im Spiel
gehabt. Covets Artikel endete:
Der Besitzer des
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