Tödliche Schatten (Romantik-Thriller / Unheimlich) (German Edition)
gelingen wird, diesen Brief jemals an dich abzuschicken. Ich liebe dich. Ich brauche dich. Deine to dunglückliche Marcella."
Betroffen ließ Cynthia den Brief sinken. "Hast du dich schon an die Behörden gewandt, Cedric?" fragte sie nach einer Weile.
"Die werden da kaum etwas ausrichten können. Die deMurillos gehören zu einer der einflußreichsten Familien in Spanien. Niemand wird auch nur einen Finger krümmen, wenn ich behaupte, daß Dona Teresa ihre Enkelin gefangenhält." Er schüttelte den Kopf. "Nein, ich muß selbst nach Spanien. Ich muß Marcella da rausholen."
"Deine Freundin ist volljährig. Ihre Großmutter kann sie nicht einfach gefangenhalten."
"Du verstehst das nicht, Cynthia. Marcella hat mir sehr viel von den Sitten in ihrer Familie erzählt. Ihre Großmutter war immer dagegen, daß ihr Sohn mit seiner Familie in England lebt. Aber Marcellas Vater war quasi vor seiner Mutter geflohen. Er konnte es nicht ertragen, von ihr ständig bevormundet zu werden. Sie ist das absolute Familienoberhaupt." Cedric stand auf. "Nein, ich fliege nach Granada." Er legte die Hände auf die Schultern seiner Schwester. "Ich wollte nur nicht England verlassen, ohne dir ein Wort zu sagen."
Die junge Frau sah ein, daß sie ihrem Bruder diesen Flug nicht ausreden konnte, und im Grunde ihres Herzens konnte sie ihn verstehen. In gewisser Hinsicht machte es sie sogar stolz, daß er so einfach die Verantwortung für Marcella und das ungeborene Kind übernahm. "Wann willst du fliegen?" fragte sie.
"Morgen."
Sie stand auf. "Versprich mir eines, Cedric", bat sie und schloß ihn in die Arme, "wenn du mit Marcella nach England kommst, nimm dein Jurastudium wieder auf."
"Das wird man sehen", antwortete er. "Marcella ist jetzt wichtiger als alles andere. Was uns die Zukunft bringt, kümmert mich im Moment nicht."
"Ruf mich von Spanien aus an." Cynthia seufzte innerlich auf. Am liebsten hätte sie ihren Bruder daran gehindert, nach Spanien zu fliegen. Es war nicht nur das abgebrochene Jurastudium. Dieser Flug machte ihr Angst. Dabei wußte sie nicht einmal warum. Cedric war erwachsen. Mit dreiundzwanzig Jahren konnte man sich in der Welt behaupten. Und schließlich war Spanien ein zivilisiertes Land, auch wenn es dort noch immer Familien geben mochte, die ihre Töchter von der Welt abschirmen wollten.
"Ich werde dich anrufen und über jeden Schritt, den ich unternehme, auf dem laufenden halten", versprach er und küßte sie liebevoll auf die Wange.
3. Kapitel
Cynthia schob ihren Arbeitstisch beiseite und schloß den Safe auf, der sich in der Mauer dahinter befand. Da sie oft mit wertvollen Steinen arbeiten mußte, hatte die Versicherung darauf bestanden, daß sie sich einen Safe einbauen ließ. Sie nahm ein Kästchen mit Diamanten und Rubinen heraus. Die Steine gehörten einer Bankiersfamilie. Zur Hochzeit der Tochter sollte sie ein exklusives Armband daraus fertigen. In einer Woche mußte sie die Arbeit abliefern. Allzu viel Zeit blieb ihr nicht mehr.
Sie hatte gerade mit der Arbeit angefangen, als auf ihrem Schreibtisch das Telefon klingelte. Die junge Frau wollte das Klingeln ignorieren, doch dann überlegte sie, daß es vielleicht Cedric war, der sie anrief. Ihr Bruder befand sich seit über drei Wochen in Spanien, hatte sie jedoch nur nach seiner Landung in Malaga angerufen. Damals hatte er gleich weiter nach Granada fliegen wo llen.
Sie sprang auf und eilte zu ihrem Schreibtisch. "Cedric?" fragte sie, ohne sich zu melden.
"Tut mir leid, Miß Moore, ich bin es nur, Brian McArthur", antwortete der junge Kunsthistoriker.
"Da kann man nichts machen", bemerkte Cynthia trocken. Sie ahnte, daß er sie wieder zum Essen einladen wollte. Einerseits freuten sie diese Anrufe, doch andererseits war sie nach wie vor entschlossen, sich nicht zu binden.
"Ich würde gerne heute abend mit Ihnen zum Essen gehen", sagte er. "Hoffentlich geben Sie mir nicht wieder einen Korb."
Die junge Frau zögerte. Sie konnte eine Abwechslung gut gebrauchen, aber statt mit ja zu antworten, erwiderte sie: "Tut mir leid, Mister McArthur, aber ich habe zur Zeit soviel zu tun, daß ich kaum weiß, wo mir der Kopf steht."
"Ähnlich drückten Sie sich bei meinem letzten Anruf aus."
"Es hat sich eben nichts daran geändert."
"Mögen Sie mich denn nicht?"
Cynthia atmete tief durch. "Doch, ich mag Sie sehr", gab sie zu, "aber... Hören Sie, Mister McArthur, es ist besser, wir belassen es dabei. Sie sollten vergessen, daß wir uns jemals
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