Toedliche Spiele
zu«, befiehlt er.
Ich fühle das Seidenfutter, als sie mir das Kleid über den nackten Körper streifen, und dann das Gewicht. Es muss zwanzig Kilo wiegen. Ich greife nach Octavias Hand, während ich blind in meine Schuhe steige, wobei ich erleichtert feststelle, dass sie mindestens fünf Zentimeter niedriger sind als das Paar, mit dem ich geübt habe. Jemand richtet und zupft herum. Dann Stille.
»Darf ich jetzt gucken?«, frage ich.
»Ja«, sagt Cinna. »Du darfst.«
Das Geschöpf, das vor mir in dem mannshohen Spiegel steht, kommt aus einer anderen Welt. Einer Welt, wo die Haut schimmert und die Augen blitzen und die Kleider aus Juwelen gemacht sind. Denn mein Kleid, oh, mein Kleid ist vollständig mit glitzernden, wertvollen Edelsteinen bedeckt, rot und gelb und weiß, und hier und da blau, um die Spitzen des Flammendesigns zu betonen. Schon bei der kleinsten Bewegung sieht es so aus, als wäre ich von Feuerzungen umgeben.
Ich bin nicht hübsch. Ich bin nicht schön. Ich bin strahlend wie die Sonne.
Eine Zeit lang starren mich alle an. »Oh, Cinna«, flüstere ich schließlich. »Danke.«
»Dreh dich für mich«, sagt er. Ich strecke die Arme aus und drehe mich im Kreis. Das Vorbereitungsteam kreischt vor Bewunderung.
Cinna schickt das Team weg und lässt mich in Kleid und Schuhen, die unendlich viel bequemer sind als die von Effie, umhergehen. Das Kleid fällt so, dass ich den Rock beim Gehen nicht anheben muss. Eine Sache weniger, um die ich mir Sorgen machen muss.
»Also dann, bereit fürs Interview?«, fragt Cinna. An seinem Gesichtsausdruck erkenne ich, dass er Bescheid weiß. Er hat mit Haymitch gesprochen und weiß, wie grässlich ich bin.
»Ich bin schrecklich. Haymitch hat mich eine tote Nackt-Schnecke genannt. Was wir auch versucht haben, ich hab's nicht hingekriegt. Ich kann einfach nicht so sein, wie er mich haben möchte«, sage ich.
Cinna denkt einen Augenblick nach. »Warum bist du nicht einfach du selbst?«, schlägt er vor.
»Ich selbst? Das bringt's auch nicht. Haymitch sagt, ich sei mürrisch und feindselig«, erwidere ich.
»Das stimmt, das bist du ... wenn Haymitch in der Nähe ist«, sagt Cinna und grinst. »Ich sehe dich nicht so. Das Vorbereitungsteam betet dich an. Sogar die Spielmacher hast du für dich eingenommen. Und was die Bürger des Kapitols betrifft, also, die reden nur von dir. Niemand kann sich deinem Temperament entziehen.«
Mein Temperament. Das ist ein neuer Gedanke. Ich bin mir nicht ganz sicher, was es bedeutet, aber es soll wohl heißen, dass ich eine Kämpfernatur bin. Dass ich Mut habe. Und ich bin ja auch nicht immer nur unfreundlich. Okay, vielleicht schenke ich nicht gerade jedem mein Herz, der mir über den Weg läuft, vielleicht könnte ich ein bisschen öfter lächeln, aber manche Menschen sind mir doch wichtig.
Cinna nimmt meine eisigen Hände in seine warmen. »Wenn du auf die Fragen antwortest, dann stell dir vor, du würdest zu einem Freund in der Heimat sprechen. Wer ist dein bester Freund?«, fragt Cinna.
»Gale«, sage ich spontan. »Nur dass es sinnlos ist, Cinna. Gale würde ich so was nie erzählen. Er weiß das alles schon.«
»Und ich? Käme ich als Freund infrage?«, fragt Cinna.
Von allen, die ich getroffen habe, seit ich von zu Hause fort bin, ist Cinna mein absoluter Favorit. Ich mochte ihn vom ersten Augenblick an und bisher hat er mich nicht enttäuscht. »Ich glaube schon, aber ...«
»Ich werde mit den anderen Stylisten auf der Haupttribüne sitzen. Du kannst mich ansehen. Wenn du etwas gefragt wirst, schau zu mir und antworte so aufrichtig wie möglich«, sagt Cinna.
»Selbst wenn ich schreckliche Gedanken habe?«, frage ich. Denn das könnte tatsächlich passieren.
»Dann erst recht«, sagt Cinna. »Wirst du es versuchen?«
Ich nicke. Es ist ein Plan. Oder wenigstens ein Strohhalm, an den ich mich klammern kann.
Zu schnell wird es Zeit zum Aufbruch. Die Interviews finden auf einer Bühne statt, die vor dem Trainingscenter aufgebaut worden ist. Wenn ich erst mal aus meinem Zimmer gehe, ist es nur noch eine Frage von Minuten, bis ich vor der Menge stehe, vor den Kameras, vor ganz Panem.
Als Cinna die Türklinke drückt, halte ich ihn auf. »Cinna ...« Das Lampenfieber hat mich voll erwischt.
»Denk dran, sie lieben dich schon jetzt«, sagt er sanft. »Sei einfach du selbst.«
Am Aufzug treffen wir auf den Rest des Teams aus Distrikt 12. Portia und ihre Truppe haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Peeta sieht
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