Toedliche Spiele
dem Hinterhalt könnten sie mich garantiert überfallen. Bevor ich hinunterklettere, bereite ich mich gut auf den Tag vor, frühstücke ausgiebig, packe den Rucksack, mache meine Waffen fertig. Aber auf dem Boden scheint alles friedlich und unberührt.
Heute werde ich übervorsichtig sein müssen. Die Karrieros können sich denken, dass ich versuchen werde, Peeta zu finden. Vielleicht warten sie auch, bis ich es geschafft habe, bevor sie angreifen. Falls er tatsächlich so schwer verwundet ist, wie Cato denkt, werde ich uns beide allein verteidigen müssen, ohne Unterstützung. Aber wenn Peeta wirklich außer Gefecht gesetzt ist, wie kann er dann so lange am Leben geblieben sein? Und wie soll ich ihn bloß finden?
Ich versuche, mir alles ins Gedächtnis zu rufen, was Peeta je gesagt hat und was mir einen Anhaltspunkt für ein mögliches Versteck geben kann, aber es klingelt nicht. Also versuche ich mich an den letzten Augenblick zu erinnern, als ich ihn im Sonnenlicht glitzern sah und er mir zubrüllte, ich solle wegrennen. Als Nächstes erschien Cato mit gezücktem Schwert. Und nachdem ich weg war, hat er Peeta verwundet. Aber wie konnte Peeta ihm entkommen? Vielleicht hat ihm das Jägerwespengift weniger ausgemacht als Cato. Vielleicht konnte er deshalb fliehen. Aber auch er war gestochen worden. Wie weit konnte er da kommen, verletzt und mit Gift im Blut? Und wie hat er all die Tage seitdem überlebt? Wenn die Wunde und die Stiche ihn nicht getötet haben, müsste er inzwischen schon verdurstet sein.
Und da habe ich plötzlich eine erste Ahnung, wo er sich aufhalten könnte. Ohne Wasser kann er nicht überlebt haben. Das weiß ich noch von meinen ersten Tagen hier. Er muss sich irgendwo in der Nähe einer Wasserquelle versteckt halten. Da wäre der See, doch das halte ich für unwahrscheinlich, weil zu nahe am Lager der Karrieros. Es gibt ein paar von Quellen gespeiste Tümpel. Aber da wäre man eine allzu leichte Beute. Und dann ist da noch der Bach. Der von Rues und meinem Lager bis hinunter zum See fließt und noch weiter. Am Bach könnte er den Ort wechseln und trotzdem immer in der Nähe des Wassers bleiben. Wenn er durchs Wasser läuft, verwischt er alle Spuren. Und Fische gibt es reichlich.
Jedenfalls kann ich am Bach mal anfangen.
Um meine Feinde zu verwirren, mache ich ein Feuer mit viel grünem Holz. Selbst wenn sie sich denken, dass es nur ein Trick ist, werden sie hoffentlich annehmen, dass ich mich in der Nähe versteckt halte. In Wirklichkeit mache ich mich auf die Suche nach Peeta.
Gleich nach Sonnenaufgang ist der Morgendunst verdampft und mir schwant, dass dieser Tag heißer als sonst werden wird. Das Wasser an meinen nackten Füßen ist angenehm kühl. Während ich flussabwärts gehe, überlege ich, ob ich Peetas Namen rufen soll, lasse es dann aber. Ich werde ihn mit meinen Augen und dem einen guten Ohr finden müssen - oder er muss mich finden. Aber er kann sich ja denken, dass ich nach ihm suche, oder? Er wird mir wohl nicht zutrauen, dass ich die neue Regel ignoriere und für mich bleiben will. Oder? Sein Verhalten ist schwer vorauszusagen und unter anderen Umständen würde ihn das möglicherweise interessant machen. Im Moment bedeutet es lediglich ein weiteres Hindernis.
Schon bald komme ich zu der Stelle, an der ich auf meinem Weg zum Lager der Karrieros den Bach verlassen habe. Nirgendwo ein Zeichen von Peeta, aber das wundert mich nicht. Seit dem Zwischenfall mit den Jägerwespen bin ich diesen Abschnitt dreimal gegangen. Wenn er hier in der Nähe wäre, wäre mir bestimmt irgendetwas aufgefallen. Der Bach macht eine Biegung nach links in einen Teil des Waldes, den ich noch nicht kenne. Lehmige, von verschlungenen Wasserpflanzen bedeckte Ufer führen zu großen Felsen; immer riesiger werden sie, bis ich das Gefühl habe, in der Falle zu sitzen. In diesem felsigen Gelände wäre es nicht so einfach, aus dem Bach zu fliehen. Oder Cato und Thresh abzuwehren. Und gerade als ich beschließen will, dass ich völlig auf der falschen Fährte bin, dass ein verletzter Junge kaum in der Lage wäre, an dieser Stelle zum Wasser und wieder hinauf zu gelangen, entdecke ich eine Blutspur, die sich um einen Felsblock herumzieht. Das Blut ist längst getrocknet, doch die verschmierten Linien, die von rechts nach links verlaufen, legen nahe, dass jemand, der möglicherweise nicht ganz bei sich war, versucht hat, sie wegzuwischen.
Ich klammere mich an die Felsen, klettere langsam dorthin, wo das
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