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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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um zu wissen, dass dieser Konflikt mit seinen Gräueln und den zahlreichen Toten vieles mit dem Aufstand in Indien gemein hatte. Es stand deutlich in ihren Augen zu lesen, dass sie unschlüssig war, was sie davon halten sollte.
    »Ja.« Es wäre absurd gewesen, es zu leugnen. »Dort habe ich auch meine Kenntnisse in der Krankenpflege erworben. Ich denke, das ist der Grund, warum Ihr Schwager mich ausgewählt hat.«
    »Sie konnten also mit Gabriel reden?«
    »Ich habe es vor allem getan, um herauszufinden, welcher Art seine Bedürfnisse sind«, antwortete Hester.
    Perdita starrte in das verglühende Feuer. »Er glaubt nicht, dass ich ihm in irgendeiner Weise von Nutzen sein oder ihm Trost schenken könnte.«
    »Manchmal gibt es nichts, was man tun kann«, begann sie, während sie nach den richtigen Worten suchte. »Bisweilen wird er vielleicht den Wunsch haben, über den Aufstand und über die Dinge zu reden, die in Cawnpore geschehen sind, und dann wieder wird es Zeiten geben, in denen er nur vergessen möchte. Niemand kann vorhersagen, zu welcher Zeit das eine oder das andere eintreten wird.«
    »Sie meinen, für Sie ist das einfacher?«, fragte Perdita.
    »In gewisser Weise ja, natürlich. Nicht nur, weil ich ein Schlachtfeld gesehen habe…«
    »Können Sie mir schildern, wie es ist?«, fragte Perdita, und in ihrer Stimme mischten sich Eifer und Furcht. »Damit ich Gabriel verstehen kann? Er will mir nichts erzählen. Ich war zu Hause, als er in Indien war, und mein Vater wollte mir nicht erlauben, in den Zeitungen darüber zu lesen. Er sagte, es sei nicht gut… Weder für mich noch für meine Mutter.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Er meinte, wir müssten über diese Dinge nichts erfahren, und außerdem spiegelten sie nur das wider, was ein Journalist für die Wahrheit hielte. Die Berichte könnten deshalb unkorrekt und übertrieben sein. Jetzt ist es zu spät, weil die Zeitungen alle schon vor Ewigkeiten weggeworfen wurden.«
    »Sie können jederzeit in die Bibliothek gehen und sich die alten Ausgaben heraussuchen lassen, wenn Sie wollen« , bemerkte Hester. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob das eine so gute Idee wäre. Wollen Sie etwas darüber wissen… so viel, wie man sich anlesen kann?«
    Das Feuer knisterte und einige Funken schossen in die Höhe. Perdita saß reglos da. »Ich weiß es nicht. Manchmal denke ich, ja, dann gibt es Zeiten, da wünsche ich mir, man müsste nie wieder über diese Dinge nachdenken, und dann bin ich froh, dass ich nichts davon weiß.« Sie holte tief Atem und schüttelte leicht den Kopf. »Ich wünsche mir, es würde einfach weggehen und alles könnte so sein wie früher… vor dem Aufstand.« Sie zog die Nase hoch. »Ich hätte nach Delhi oder Bombay gehen können oder in jede andere Stadt, in der ich Gabriel möglichst nahe gewesen wäre. Ich hätte ihn begleiten können und dann wäre nichts von alledem passiert!«
    »Er hätte Dinge wie das Massaker in Cawnpore nicht miterlebt«, gab Hester ihr Recht. »Aber er hätte trotzdem seine Freunde verloren, und auch seine eigenen Verletzungen hätte er sich überall zuziehen können. So etwas kann an jedem Ort passieren.«
    »Nicht in England!«, rief Perdita und blickte hastig auf.
    »O doch, auch in England. Menschen können von Pferden über die Straße geschleift werden, sie können einem Feuer zum Opfer fallen oder allen möglichen anderen Katastrophen. Es gibt keinen Platz auf Erden, wo das Leben absolut sicher is t. Und selbst wenn es einen gäbe, würde das jetzt keine Rolle mehr spielen. Es gibt nur einen Weg, den nach vorn.«
    »Das klingt so einfach, wie Sie das sagen!« Es lag Groll in Perditas Stimme und Angst und Selbstmitleid.
    »Nein, es ist nicht einfach«, widersprach Hester ihr. »Es ist sogar sehr schwierig, aber es gibt keine Alternative, die eine Überlegung wert wäre. Und vielleicht möchte Gabriel ja gar nicht, dass Sie etwas über den Aufstand erfahren.«
    »Sie meinen, er hält mich nicht für stark genug, um es zu ertragen!«, rief Perdita herausfordernd. »Aber Sie sind stark genug! Mit Ihnen kann er stundenlang darüber reden.«
    Hester holte tief Luft. »Ich bin nur vorübergehend hier. Bald werde ich wieder fort sein. Es ist nicht wichtig für ihn. was ich weiß oder denke. Und er macht sich auch nicht so große Gedanken über meine Gefühle… Abgesehen von dem natürlich, was die Höflichkeit gebietet. Ich bin eine Fremde, kein Teil seines Lebens.«
    Perditas Gesicht wurde eine Spur

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