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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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»Ich nehme an , Sie möchten mitfahren?«
    »Ja, das würde ich gern«, stimmte Rathbone zu und ging mit energischen Schritten auf die Straße hinaus.
    Im Hause Sheldon wurde ihm die Tür von einem sehr jungen Lakaien geöffnet. Rathbone nannte seinen Namen, gab ihm aber keine Karte. Er wollte den Eindruck vermeiden, er sei aus beruflichen Gründen hier.
    »Ich bin ein Freund von Miss Latterly, die, wie ich glaube, vorübergehend hier wohnt«, erklärte er. »Wahrscheinlich komme ich ungelegen, aber die Angelegenheit ist ziemlich dringend; ich bin auch bereit zu warten, falls das notwendig sein sollte. Würden Sie ihr das bitte sagen und Mrs. Sheldon fragen, ob es gestattet ist, Miss Latterly bei der Arbeit zu stören?« Dann reichte er dem Diener seine Karte.
    Der Lakai nahm sie, warf einen Blick darauf und registrierte die teure Ausführung und den Titel.
    »Ja, Sir Oliver, ich werde sofort hinaufge hen. Wollen Sie in der Zwischenzeit in der Bibliothek warten, Sir?«
    »Vielen Dank, das wäre ganz vorzüglich«, antwortete Rathbone und folgte dem Mann durch einen bescheidenen Flur in einen überaus angenehmen Raum, der auf zwei Seiten von Bücherborden gesäumt war und den Blick auf einen kleinen, ziemlich üppigen Garten freigab. Im Augenblick stand er voller Narzissen. Die Steinmauer, die er sehen konnte, war überwuchert von den kahlen Zweigen von Geißblatt und Kletterrosen, die allesamt einen Schnitt benötigten.
    Im Kamin brannte kein Feuer, und die Luft war kühl. Dem Haus war die Notwendigkeit gewisser finanzieller Einschränkungen anzumerken. Außerdem konnte man auch eine gewisse Nachlässigkeit der Hausfrau erkennen. Das erinnerte ihn an Hester und wie wichtig ihr der Beruf war. Er hatte vor ihr noch nie eine Frau gekannt, die irgendwelche anderen Interessen als Heim und Familie gehabt hätte. Dies ließ sie in vielerlei Hinsicht eher wie ein Mann erscheinen, weniger fremdartig und rätselhaft. Und es bedeutete, dass sie seine eigene Hingabe an die Arbeit verstehen konnte. Das machte es so viel einfacher, mit ihr zu reden.
    Die Tür öffnete sich, und ein groß gewachsener Mann trat ein.
    Er trug ein braunes Tweedjackett und dazu eine graubraune Hose. Seine Miene und sein ganzes Gehabe zeugten von großer Energie.
    »Athol Sheldon!«, stellte er sich vor und streckte dem anderen die Hand hin. »Ich höre, Sie wollen Miss Latterly sprechen? Ganz hervorragende Frau. Sie versorgt meinen Bruder aufs Allerbeste. Grässliche Erfahrung, einen Arm zu verlieren. Ich weiß wirklich nicht, was ich tun könnte, um ihm zu helfen.« Einen Augenblick lang sah er verwirrt aus. Dann strömte er wieder seine alte Zuversicht aus. »Am besten, man geht die Dinge Tag für Tag neu an, oder? Mut! Man soll sich heute nicht um die Probleme von morgen kümmern. Sonst wird man zu leicht morbid. Gute Sache, eine Pflegerin zu beschäftigen, finde ich. Die Familie steht einem manchmal zu nahe.« Er war in der Mitte des Raums stehen geblieben, den er nun mit seiner Gegenwart auszufüllen schien. »Kennen Sie Miss Latterly gut?«
    »Ja«, antwortete Rathbone, ohne zu zögern. »Wir sind schon seit Jahren befreundet.« Genau genommen kannte er andere Menschen weitaus länger, hatte aber mit ihnen weit weniger tief greifende Ereignisse erlebt.
    »Ah… gut.« Athol hätte offensichtlich gern noch etwas hinzugefügt, fand aber nicht die passenden Worte. »Eine bemerkenswerte Sache für eine Frau, was? Auf die Krim zu gehen.«
    »Ja«, stimmte Rathbone ihm zu und wartete darauf, dass Athol weitersprach.
    »Ist wohl nicht leicht, sich wieder zurechtzufinden, wenn man in die Heimat zurückkehrt«, fuhr Athol fort und warf Rathbone dabei einen neugierigen Blick aus seinen runden Augen zu. »Ich bin mir nicht sicher, ob das überhaupt so gut war.«
    Rathbone wusste genau, was er meinte, denn er dachte genauso. Dieser Krieg hatte Hester gezwungen, Gewalttaten mit anzusehen und Entbehrungen zu erfahren und in sich nicht nur Seelenstärke, sondern auch Intelligenz, Tüchtigkeit und Mut zu entdecken - Eigenschaften, die sie in England vielleicht niemals hätte entwickeln, geschweige denn gebrauchen können. Sie hatte sich vielen Männern als ebenbürtig, oft sogar als überlegen erwiesen. Diese Tatsache stellte die natürliche, allgemein akzeptierte Ordnung der Dinge auf den Kopf. Man konnte ein Wissen, das man auf diese Weise erworben hatte, nicht einfach beiseite schieben. Und sie konnte und wollte nicht heucheln.
    Obwohl Rathbone dem Mann

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