Tödliche Täuschung
Entzücken.
»Aber keineswegs«, leugnete er pflichtschuldigst. »Sie sehe ich vor mir, während Mrs. Lambert lediglich ein Name für mich ist. Sie hat keine Anmut, keinen Humor, kein Fünkchen Geist oder Charakterstärke, über die ich etwas zu bemerken wüsste.« Er sah sie so direkt an, dass sie seine Andeutung nicht missverstehen konnte - dass sie selbst nämlich all diese Dinge im Überfluss besäße.
So viel wohlwollende Aufmerksamkeit war ihr seit langem nicht mehr zuteil geworden. Sie hatte nicht die Absicht, sich Monk so rasch durch die Finger schlüpfen zu lassen. Außerdem war sie sich bewusst, dass ihre Freundinnen nur wenige Schritte von ihr entfernt standen und sie voller Neid beobachteten. Sie würde über Delphine reden, so lange dieser wunderbare und faszinierende Mann es wünschte.
Eine hübsche junge Frau in Hellrosa wirbelte an ihnen vorbei; sie blickte lachend zu ihrem Partner auf und nutzte den kurzen Augenblick, da ihre Mutter sie nicht im Blick hatte, zu einem hemmungslosen Flirt.
Ein Herr mit rötlichem Haar stieß mit einem Kellner zusammen.
»Es ist nicht so, dass sie über besonders viel Witz oder Humor verfügte«, erklärte sie. »Natürlich könnte man auch nicht behaupten, dass ihr diese Eigenschaften vollkommen abgehen«, räumte sie ein. »Aber ihr Charme liegt eher in ihrer außerordentlichen Grazie und ihrer Schönheit. Es ist nicht…«, sie dachte kurz nach, »…die Schönheit eines zarten Teints oder besonders prachtvoller Haare, obwohl sie wirklich eine sehr ebenmäßige Stirn hat. Ihre Figur ist durchaus hübsch zu nennen, aber sie ist nicht sehr groß.« Sie selbst war nur acht oder zehn Zentimeter kleiner als Monk. »Ich meine eher die Schönheit der Perfektion«, fuhr sie fort. »Jene Art Schönheit, bei der selbst das winzigste Detail makellos ist. Sie macht nie einen Fehler. Oh…« Sie stieß ein leises Lachen aus. »Ich schätze, das gehört zu den Dingen, die nur eine andere Frau bemerkt. Ein Mann würde vielleicht nur feststellen, dass irgendetwas weniger perfekt ist, als es sein könnte, aber er wäre nicht in der Lage, den Finger darauf zu legen. Delphine jedoch… Mrs. Lambert… ist über die Kleinigkeiten, die uns andere zu Fall bringen, stets erhaben.«
Der Walzer war zu Ende, und das Orchester spielte eine sehr langsame Pavane oder etwas in der Art. Für den Augenblick war die Versuchung zu tanzen, nicht mehr allzu groß.
»Wie interessant«, sagte er und sah sie dabei so durchdringend an, als sei sie die einzige Person im Raum. »Sie sind außerordentlich aufmerksam, Mrs. Waterson. Sie haben einen scharfen Blick.«
»Vielen Dank, Mr. Monk.« Sie errötete ein wenig.
»Und Sie wissen mit Worten umzugehen«, fügte er hinzu. Sie brauchte keine weitere Ermutigung. Sie stürzte sich in einen wahren Redeschwall, bei dem es nicht nur um Delphine ging, denn mit einer kleinen Ermunterung seinerseits kam sie bereitwillig auch auf Zillah zu sprechen. Sie gab ihm eine lebhafte Schilderung ihres Debüts in der Gesellschaft. Angestachelt durch Monks Schmeicheleien, bewies sie in der Tat eine scharfe Beobachtungsgabe, was das Benehmen der fraglichen Personen betraf, ihre Schwächen und all die Kleinigkeiten, die auf ihren Charakter schließen ließen.
Ein Kellner bot ihnen Champagner an, und Monk nahm ein Glas für Mrs. Waterson und eins für sich. Er brauchte es inzwischen dringend.
»Nur ein aufmerksamer Beobachter bemerkt etwas Derartiges«, fuhr Mrs. Waterson fort. Sie kam Monk ein klein wenig näher und senkte vertraulich die Stimme. »Aber das ganze Mieder war auseinander genommen und wieder zusammengenäht worden, wobei man den Stoff über Kreuz genommen hatte. Das Ergebnis war ausgesprochen schmeichelhaft.« Sie nickte. »Und dann ihre Verwendung von Farben. Es ist mehr als nur Eleganz, verstehen Sie, bei ihr ist es geradezu eine Kunst. Keine Mühe ist ihr zu groß, wenn das Ergebnis Schönheit verspricht.«
Sie beobachtete ihn genau. »Ich habe einmal gehört«, erklärte sie ernsthaft, »dass die Fähigkeit, stets Schönheit auszustrahlen, weniger eine Frage der Gesichtszüge ist, die einem die Natur mitgegeben hat, sondern der Kunst, das Auge des Betrachters stets auf die wirklich außergewöhnlichen dieser Züge zu lenken.« Ihr Gesicht leuchtete triumphierend auf. »Man darf sich niemals entschuldigen oder den Anschein erwecken, als schäme man sich oder versuche etwas zu verbergen.« Sie hob das Kinn. »Halte dich stolz aufrecht, lächle und
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