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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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zusammenbiss, nach zu schließen, hatte Gabriel dieses Stadium noch nicht überwunden. Außerdem hatte er Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht, das durch das Fehlen eines Arms beeinträchtigt war.
    Er freute sich jedoch, Monk zu sehen, erhob sich lächelnd und hielt ihm die rechte Hand hin.
    »Guten Morgen, Mr. Monk. Wie geht es Ihnen? Wie nett von Ihnen vorbeizuschauen.«
    Monk nahm die ihm dargebotene Hand und schüttelte sie kräftig. Gabriel erwiderte den Händedruck.
    »Danke, bestens. Es ist sehr freundlich von Ihnen, mir noch einmal zu gestatten, Miss Latterly aufzusuchen. Ich fürchte, ich bin, was diesen Fall betrifft, mit meinem Latein am Ende, und die Meinung einer Frau dazu ist meine letzte Hoffnung.«
    »Ach.« Gabriel setzte sich unbeholfen und wies einladend auf den anderen Stuhl. »Können Sie darüber reden?«
    »Ich habe nichts zu verlieren«, gestand Monk. »Die Verhandlung wegen eines gebrochenen Gelöbnisses…« Gabriel widmete ihm seine ungeteilte Aufmerksamkeit, und fast eine Stunde lang erzählte Monk ihm, was er bisher unternommen hatte, wobei er seinen Bericht über die Begegnung mit Mrs. Waterson vom vergangenen Abend so veränderte, dass die Dame in einem etwas günstigeren Licht erschien. An dem amüsierten Aufblitzen in Gabriels Augen vermeinte er jedoch zu erkennen, dass er ihn diesbezüglich nicht hatte täuschen können.
    »Es tut mir Leid«, sagte Gabriel, als er zum Ende kam, »aber es sieht so aus, als sei Miss Lambert genau das, was sie zu sein scheint. Warum glauben Sie, dass es etwas an ihr auszusetzen gibt… abgesehen natürlich von Ihrer Hoffnung, Sie könnten etwas für Ihren Klienten tun?«
    »Ich glaube es ja gar nicht«, gab Monk zu. »Es ist nur so, dass ich mich nicht gern geschlagen gebe.«
    Gabriel seufzte. »Das muss nicht immer eine schlechte Erfahrung sein. Die Angst davor ist das Schlimmste. Wenn es erst einmal so gekommen ist, und Sie haben’s überlebt, werden Sie sich nie wieder so sehr davor fürchten.«
    Monk wusste, was er meinte. Er sprach nicht wirklich von irgendwelchen Fällen, nicht einmal von Melville selbst, aber das zu bemerken war nicht notwendig.
    »Oh, ich bin schon früher geschlagen worden«, sagte er hastig. »Und noch dazu bei wichtigeren Fällen als diesem. Das Ganze ist nur einfach so unsinnig und töricht! Es hätte sich leicht vermeiden lassen. Der Mann hat sich ruiniert…. und das ist deshalb so tragisch, weil er ein Genie ist.«
    »Ist er das?«, fragte Gabriel interessiert.
    »O ja«, antwortete Monk. »Ich war in einem seiner Häuser. Es ist noch nicht ganz fertig, aber es ist trotzdem so voller Licht und Luft.« Er hörte die Begeisterung in seiner Stimme. »Es ist wie bei einem vollkommenen Musikstück…. man kann nicht glauben, dass es von Menschenhand stammt. Es offenbart etwas, das man sofort wieder erkennt«, er versuchte es zu beschreiben , »es ist eine Art Glück, das sich mit nichts anderem vergleichen lässt. Das ist es, was mich so in Rage bringt… Der Mann hat kein Recht, sich zu Grunde zu richten, erst recht nicht wegen einer solchen Nichtigkeit!«
    Gabriel biss sich auf die Unterlippe. »Das macht die wahre Tragödie aus: dass sie vermeidbar gewesen wäre. Vielleicht wird jemand mal ein großes Theaterstück darüber schreiben.«
    »Dafür gibt der Stoff nicht genug her«, sagte Monk verächtlich. »Es ist eine Farce.«
    »Sie glauben trotzdem, dass Hester helfen könnte?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    Gabriel lächelte. Wenn er glaubte, dass Monk vielleicht aus einem anderen Grund gekommen war, so war er jedenfalls zu taktvoll, es nicht auszusprechen.
    Sie unterhielten sich bereits über andere Dinge, als Perdita Sheldon eintrat. Sie trug ein grünes Kleid mit weiten Röcken, wie es gerade der Mode entsprach, und einem Spitzenbesatz auf dem Mieder.
    Wäre sie nicht so bleich und furchtsam gewesen, hätte sie reizend ausgesehen.
    »Mrs. Hanning ist hier. Willst - willst du sie sehen? Du brauchst es nicht…«
    Der Name sagte Gabriel offensichtlich nichts. Sein Gesicht verriet lediglich eine Abneigung gegen jeglichen Besuch.
    »Hanning«, wiederholte Perdita. »Major Hannings Frau.« Sie sah ihn ängstlich an. Ihre Haltung war verkrampft, und sie strich sich nervös über ihre ausladenden Röcke. »Er ist bei Gwalior gefallen.«
    »Oh…« Gabriel erwiderte ihren Blick und atmete ganz langsam ein. Sein Kiefer verkrampfte sich, und seine Lippen schlossen sich auf seiner unversehrten Gesichtshälfte fest zusammen,

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