Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
nicht immer klug.«
    »Ein Umstand, der Sie nur umso interessanter macht, dessen bin ich gewiss«, sagte er mit einem Lächeln. »War Miss Lambert ebenso… klug?«
    Sie zierte sich ein wenig. Es stand keiner Frau gut zu Gesicht , unfreundlich zu erscheinen.
    »Nun… vielleicht nicht. Sie legte größeren Wert auf Schönheit, als ich es je getan habe. Ich war schon immer der Meinung, ein guter Charakter sei wichtiger, und eine gewisse Intelligenz leistete einem am Ende bessere Dienste.«
    »Wie Recht Sie doch haben. Und genauso ist es in Ihrem Fall ja auch gewesen.« Er nahm einem vorbeigehenden Kellner ein Tellerchen mit Süßigkeiten ab und hielt es ihr hin.
    Sie unterhielten sich noch eine halbe Stunde, aber er erfuhr nicht mehr, als dass Zillah von ihrem Charme durchaus Gebrauch machte und dass sie ihren äußeren Vorzügen unter der sachkundigen Anleitung ihrer Mutter größere Aufmerksamkeit widmete als andere, weniger gut beratene Mädchen ihres Alters. Das war indes kaum ein Vergehen. Tatsächlich konnte man es sogar als Tugend betrachten. Man bewunderte es im Allgemeinen, wenn eine Frau weder Zeit noch Mühe scheute, um ihr Erscheinungsbild zu verbessern. In vieler Hinsicht war ein solches Verhalten ein Kompliment an einen Mann, auch wenn es für unsichere oder ängstliche Naturen ein klein wenig entmutigend sein mochte.
    Als Monk um Viertel vor drei am Morgen nach Hause kam, war er müde und erschöpft. Er hatte ein klareres Bild von Zillah und ihrer Mutter gewonnen, aber wie es aussah, nichts Nützliches erfahren. Es gab an beiden Frauen nichts auszusetzen, worüber Melville sich hätte beklagen können.
    Er schlief lange und wachte mit Kopfschmerzen auf. Nach einem ausgiebigen Frühstück fühlte er sich jedoch schon beträchtlich besser.
    Sein Blick fiel auf die Morgenzeitung, aber er kam zu dem Schluss, dass er keine Zeit habe, sie zu lesen, und falls etwas Interessantes für ihn drinstand, würde Rathbone es ohnehin wissen und hätte ihm eine entsprechende Nachricht geschickt.
    Er musste Hesters Meinung einholen. Sie hatte wenig Ähnlichkeit mit Zillah Lambert, aber auch sie war einmal ein sechzehnjähriges Mädchen gewesen - was jetzt ungefähr achtzehn Jahre her sein musste. Sie würde sich gewiss daran erinnern. Und zu jener Zeit hatte sie noch zu Hause bei ihren Eltern gelebt, denn das war lange vor dem Ruin ihres Vaters gewesen und auch lange bevor der Krimkrieg ausbrach. Die meisten Menschen hatten damals wohl nicht einmal gewusst, wo die Krim lag! Und Florence Nightingale selbst hatte auf der Suche nach einem passenden Ehemann gewiss die üblichen Bälle, Soireen und Abendgesellschaften besucht. Dasselbe galt für Hester Latterly. Sie würde das Spiel und seine Regeln kennen.
    Von der Fitzroy Street zum Tavistock Square war es nicht weit, und er ging zu Fuß durch die sonnenbeschienenen Straßen, vorbei an vornehmen Damen, die einen Spaziergang machten, und Herren, die sich die Beine vertraten und sich den Anschein gaben, Dinge von großer Wichtigkeit zu erörtern, während sie sich in Wirklichkeit nur die Zeit vertrieben. Monk beobachtete, wie sie vor weiblichen Bekannten den Hut zogen und sich gehörig aufplusterten. Mehrere Herrschaften fuhren in eleganten Kutschen vorbei.
    Als er beim Haus der Sheldons ankam, ließ ihn der Lakai, der sich noch seiner erinnerte, ein und erklärte ihm, dass Miss Latterly derzeit beschäftigt sei, Lieutenant Sheldon ihn aber in Kürze sicher gern empfangen werde, wenn er so lange warten wolle.
    Monk nahm das Angebot an, weil er sich sonst hätte verabschieden müssen, er aber unbedingt bleiben wollte.
    Außerdem hatte er eine tiefe Wertschätzung für den jungen Mann entwickelt und wollte ihn auf keinen Fall mit einer Zurückweisung kränken, auch wenn sie nichts mit seiner Einstellung zu tun hatte.
    »Vielen Dank. Das ist sehr freundlich.«
    »Wenn Sie sich dann ein paar Minuten im Salon aufwärmen wollen, Sir, werde ich Lieutenant Sheldon informieren, dass Sie hier sind.«
    »Natürlich.«
    Er fror eigentlich nicht, und der Lakai kam auch schon bald zurück und brachte ihn nach oben.
    Gabriel hatte das Bett heute verlassen und war voll bekleidet, obwohl es ihn offensichtlich große Anstrengung kostete. Er ermüdete sehr schnell, und die Amputation bereitete ihm immer noch Schmerzen. Monk hatte oft gehört, dass die Patienten den Arm oder das Bein noch lange nach der Amputation spüren können. Der Blässe und der Art, wie er gelegentlich die Zähne

Weitere Kostenlose Bücher