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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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staubtrocken und mein
Herz raste. Ich drückte mich im Schatten der Hausruine auf der
gegenüberliegenden Straßenseite herum und versuchte auszumachen, wo sie Wachen
aufgestellt hatten. Versuchte, meine weichen Knie zu ignorieren. Los,
Warshawski, sprach ich mir Mut zu, fressen oder gefressen werden, und frisch
gewagt, ist halb gewonnen.
    Solchermaßen ermuntert, trat ich auf die Straße und
ging an den reifenlosen Autos vorbei bis vor den Laden mit den dicken Vorhängen.
Niemand schoß auf mich. Trotzdem spürte ich in der Dunkelheit um mich herum die
Anwesenheit vieler „Löwen“. Ich klopfte leise an die Glastür. Sie öffnete sich
sofort einen Spalt, so weit es die Sicherungskette zuließ. Als nächstes sah ich
einen Revolverlauf. Natürlich. Das dramatische Gehabe der Banden, um der
ewigen Langeweile des Lebens auf der Straße zu entkommen.
    „V. I. Warshawski meldet sich zur Stelle, sauber in
Gedanken, Wort und Tat.“
    Ich spürte, wie sich jemand von hinten näherte, und
machte mich auf die Berührung gefaßt; mit einem Tritt zu antworten, hätte mir
jetzt nichts gebracht. Hände tasteten mich unbeholfen ab.
    „Sie ist sauber, Mann“, meldete näselnd der
Jugendliche hinter meinem Rücken. „Hab niemand mit ihr kommen sehen.“
    Um die Kette zu entriegeln, wurde die Tür
geschlossen, dann ging sie wieder auf. Ich trat in einen dunklen Raum. Der
Wachposten nahm meinen Arm und führte mich über den nackten Boden; von den
kahlen Wänden hallte das Echo unserer Schritte zurück. Wir kamen zu einem
dicken Vorhang, hinter dem sich eine weitere Tür befand. Mein Begleiter
klopfte einen komplizierten Code, und wieder wurden Ketten entriegelt.
    In vollem Glanz saß mir Sergio Rodriguez gegenüber.
Die oberen vier Knöpfe des blauen Seidenhemds offen, Reihen goldener Kettchen
um den Hals, hatte er es sich in dem riesigen Ledersessel hinter dem
Mahagonischreibtisch bequem gemacht. Den Boden bedeckte ein dicker Teppich,
die kühle, klimatisierte Luft duftete nach Marihuana. Ein überdimensionales
Radio in der Ecke war auf einen spanischsprachigen Sender eingestellt. Bei
meinem Eintritt drehte jemand die Lautstärke zurück.
    Außer Sergio waren noch drei junge Männer im
Zimmer. Einer trug ein T-Shirt, das seine tätowierten Arme frei ließ. Auf dem
linken Unterarm prangte ein Pfau, dessen kunstvolle Schwanzfedern
wahrscheinlich Einstichstellen verbargen. Der zweite hatte ein langärmeliges
rosa Hemd an, das seinen schmalen Körper wie eine zweite Haut umgab. Er und
Tattoo protzten mit ihren Revolvern. Der dritte war Fabiane Soweit ich sehen
konnte, war er unbewaffnet.
    „Wette, du hast nicht damit gerechnet, mich hier zu
treffen, du Miststück.“ Er grinste wichtigtuerisch.
    „Bist wohl gleich zu Papi gelaufen nach unserer
Unterhaltung? Du mußt wirklich eine Heidenangst davor haben, daß dir Sergio
ein paar unangenehme Fragen wegen dem Auto stellt.“
    Fabiano machte einen Satz in meine Richtung. „Du
Miststück! Warte nur! Ich werd dir schon beibringen, was Angst ist! Ich werd
dir schon -“
    „In Ordnung!“ Sergios Stimme klang heiser. „Du
hältst jetzt den Mund. Ich führe hier die Unterhaltung. Also, Warshawski.
    Schon 'ne ganze Weile her, seit du für mich
gearbeitet hast, nicht wahr?“
    Fabiano war an die Wand zurückgetreten. Rosa Hemd
paßte auf ihn auf. Demnach traute die Bande Fabiano nicht.
    „Du hast dich ganz schön gemausert, Sergio -
Mittagessen mit Stadträten, Mittagessen mit Leuten aus dem Büro für
Stadtentwicklung - deine Mutter ist sehr stolz auf dich.“ Ich sprach in
nüchternem Tonfall, ließ weder Verachtung noch Bewunderung mitschwingen.
    „Ich bin zufrieden. Aber du - du bist nicht besser
dran als das letztemal, daß wir uns gesehen haben, Warshawski. Wie ich höre,
fährst du immer noch eine alte Kiste und lebst immer noch allein. Du solltest
heiraten, Warshawski, ein bißchen ruhiger werden.“
    „Sergio! Ich bin gerührt - nach so vielen Jahren.
Und ich dachte, ich war dir gleichgültig.“
    Er lächelte, das gleiche hinreißende, engelhafte
Lächeln, mit dem er mich schon vor zehn Jahren verwirrt hatte. Mit diesem
Lächeln hatte er das Urteil gedrückt.
    „Ich bin jetzt ein verheirateter Mann, Warshawski.
Habe eine hübsche Frau, ein kleines Kind, ein ordentliches Zuhause, schnelle
Autos. Was hast du?“
    „Zumindest nicht Fabiano. Gehört er zu dir?“
    Sergio winkte nachlässig ab. „Er macht ab und zu Botengänge.
Hast du Anlaß zur Klage über ihn?“
    „Ich

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