Toedliche Traeume
Sorgen um Ihren Sohn.«
»Diese Fremden liegen mir sehr wohl am Herzen.« Sie schluckte. »Aber ich werde tun, was Sie von mir verlangen. Im Gegenzug verlange ich allerdings, dass Sie meinen Sohn hierher auf die Insel bringen, damit ich mich davon überzeugen kann, dass er gesund und munter ist, ehe ich meine Arbeit abschließe.«
»Darüber reden wir nach der ersten Testreihe.«
»Ich muss das Wasser in den Fässern analysieren. Wo befinden die sich? In der Aufbereitungsanlage?«
»Etwa die Hälfte sind bereits hier auf der Insel. Nachdem die Besatzung die Hälfte der Fässer abgeladen hatte, haben wir ihnen eine Pause gegönnt, damit wir mit unserem Experiment beginnen konnten. Die andere Hälfte ist noch auf der Constanza. Aber Sie brauchen nicht zu der Anlage zu gehen, ich werde Ihnen Proben ins Labor bringen lassen.«
Sie öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, entschied sich jedoch dagegen. Sie durfte es nicht übertreiben. »Das wird womöglich nicht ausreichen, aber ich werde erst mal anfangen.«
»Wie entgegenkommend Sie sind. Vielleicht werde ich mich erkenntlich zeigen und Sie heute Abend mit Ihrem Sohn telefonieren lassen. Würde Ihnen das gefallen?«
»Ja«, antwortete sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Das wissen Sie genau.«
Er musterte ihr Gesicht mit einer Art boshafter Neugier. »Ich werd’s mir überlegen.« Dann wanderte sein Blick zu einem Mann, der auf sie zukam. »Ah, hier kommt mein Freund Boch. Sie werden es kaum erwarten können, ihn kennenzulernen.«
»Da irren Sie sich.«
Boch war groß, gut gebaut, trug die braunen Haare extrem kurz geschnitten und bewegte sich militärisch zackig. Er wirkte kalt und herrisch und zeigte keine Spur des gespielten Charmes, den Sanborne zur Schau trug. »Sie haben sie? Sparen Sie sich das Gequatsche und schicken Sie sie an die Arbeit. Die Zeit läuft uns davon.«
»Sehen Sie?«, sagte Sanborne. »Boch ist ein bisschen gereizt. Die hohe Sterbequote bei der Besatzung der Constanza hat ihm gar nicht gefallen, denn ihm war klar, dass das Ergebnis mich darin bestärken würde, mir noch etwas Zeit zu lassen. Aber ich bin davon überzeugt, dass Sie das schon hinkriegen werden.«
»Wir sollten ihr REM-4 verabreichen«, sagte Boch. »Dann würde sie härter arbeiten.«
»Nichts wird ihren Arbeitseifer besser unterstützen als der Trumpf, den ich besitze. Und falls das Mittel sie umbringt oder benebelt, hätten wir überhaupt nichts davon.« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf ein großes, weißes Haus in einiger Entfernung. »Ich bringe Sie jetzt ins Labor, damit Sie sich mit Gorshanks Aufzeichnungen beschäftigen können, und in ein paar Stunden werden wir sehen, ob Sie es verdient haben, mit Ihrem Sohn zu sprechen.«
Erst um neun Uhr abends kam Sophie aus dem Labor. Sie hatte sich so lange mit Gorshanks handschriftlichen Aufzeichnungen beschäftigt und so viel auf den Bildschirm gestarrt, dass ihr die Augen brannten und ihr der Kopf schwirrte von dem Horrorszenario, das sich vor ihr ausgebreitet hatte. Kaum trat sie aus der Tür des Labors, wurde sie von einem Wachmann abgefangen.
»Ich will mit Sanborne reden.«
»Das ist nicht gestattet. Gehen Sie wieder zurück ins Labor.«
»Ich arbeite erst weiter, wenn ich mit Sanborne gesprochen habe.«
»Meine liebe Sophie«, sagte Sanborne, der gerade aus dem Nebenzimmer kam. »Sie müssen lernen, dass Sie nicht das Recht haben, für irgendetwas die Initiative zu ergreifen. Seit Sie als Angestellte für mich gearbeitet haben, hat sich einiges geändert.«
»Sie haben gesagt, ich könnte mit meinem Sohn telefonieren.«
»Falls ich der Meinung bin, dass Sie es verdient haben. Was haben Sie denn bisher erreicht? Welche großartige Erkenntnis haben Sie zu vermelden?«
»Ich habe erkannt, dass Gorshank ein ebenso gewissenloser Unmensch war, wie Sie einer sind. Aus seinen Aufzeichnungen geht hervor, dass er fast so viele Menschenversuche durchgeführt hat wie die Nazis in ihren Konzentrationslagern.«
»Es geht ihm zu langsam.«
»Zu langsam? Er hat Menschen getötet. Er hat Menschen in den Wahnsinn getrieben. Und er hat seine Experimente absolut nüchtern dokumentiert. So nüchtern sachlich, dass mir übel wird, wenn ich sie lese.«
»Er hat nur Streuner und Obdachlose für seine Versuche benutzt. Immerhin hat er letztendlich eine vielversprechende Formel entwickelt.« Ihre Blicke begegneten sich. »Sind Sie in der Lage, diese Formel zu überarbeiten, ohne dass die Wirksamkeit des Präparats
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