Tödliche Unschuld
ist.«
»Dieser Junge ist nicht so wie du.« Inzwischen stand er hinter ihr, legte ihr die Hände auf die Schultern und begann sie zu massieren. »Er hatte Probleme und hat den Ärger regelrecht gesucht. Ich kenne mich mit diesen Dingen aus. Er hat eindeutig mehr Ärger bekommen, als er jemals haben wollte, aber trotzdem ist er nicht wie du.«
Ein wenig ruhiger lehnte sie sich rücklings an ihn. »Und auch nicht so wie du. Du warst schlauer, gemeiner und vor allem garantiert nicht schwul.«
»Da kann ich dir nicht widersprechen.« Er küsste sie zärtlich auf den Kopf.
»Wahrscheinlich war seine Verwirrung bezüglich seiner Sexualität der Grund für sein Verhalten und die Konsequenzen.«
»Das und seine Eltern. Sein Vater war acht Jahre lang beim Militär. Und zwar nicht in irgendeiner gemütlichen Einheit, sondern bei den Marines. Und einmal ein Marine, immer ein Marine, wie man so schön sagt. Die Mutter war die ganze Zeit zu Hause, und trotzdem haben sie den Jungen in fünf Jahren auf drei verschiedene Privatschulen geschickt.
Zwei Monate vor dem Vorfall mit Fitzhugh haben sie ihn dann auch an der letzten Schule abgemeldet und ins Heimunterrichts-Programm gesteckt. Er hat noch einen kleinen Bruder, der drei Jahre jünger ist. Bei ihm läuft anscheinend alles glatt. Trotzdem darf auch er nicht mehr zur Schule gehen. Sie wollen offenbar keine Risiken mehr.«
»Ist dir der Beruf des Vaters aufgefallen?«
»Ja, Computerfachmann. Es klickt also schon wieder.« Sie griff nach ihrem Kaffee, merkte, dass es Wein war, und hob stirnrunzelnd das Glas an ihren Mund.
»Am Schluss sagt Devin gegen Fitzhugh aus. Behauptet, er hätte sich heimlich aus dem Haus geschlichen und sich mit einem falschen Ausweis Zutritt zu einer Bar verschafft, wo er ihn getroffen hat. Meint, Fitzhugh hätte ihm erzählt, bei ihm zu Hause fände eine kleine Party statt, und er hätte ihm geglaubt. Danach wird es ein bisschen unklar. Seiner Aussage zufolge hat Fitzhugh ihn mit Drogen vollgepumpt, nur dass die toxikologischen Werte dafür zu niedrig gewesen sind. Trotzdem gibt er vor, dass er halb betäubt gewesen ist und deshalb nicht mehr richtig mitbekommen hat, wie es weiterging. Fitzhugh hätte ihn in sein Spielzimmer geschafft, ihm dort Fesseln angelegt, ihn nach einem Fluchtversuch verprügelt und ihn anschließend gefickt.«
»Solche Dinge kommen vor. Wölfe jagen Schafe. Das liegt in ihrer Natur.«
»Nur dass es so nicht abgelaufen ist. Dwier muss gewusst haben, dass es so nicht abgelaufen ist. Es war auf alle Fälle Vergewaltigung, der Junge war noch minderjährig, und Fitzhugh ist ein Schwein. Aber er hat Devin nicht geschlagen. Das war sein eigener Vater.
Sieh dir doch nur mal Fitzhughs andere Akten an. Er hat seine Opfer nie geschlagen. Er hat sie zu den widerlichen Spielchen überredet, sie bestochen oder eventuell bedroht, Gewalt aber hat er nie angewandt. Dass sie ihm die Gewaltanwendung auch noch in die Schuhe schieben wollten, war einer der Gründe dafür, dass er letztendlich das Gericht als freier Mann verlassen hat.«
»Dann gehst du also davon aus, dass Dwier, wahrscheinlich gemeinsam mit den Dukes und mit Clarissa Price, versucht hat, auf Sand ein Beweisgebäude aufzubauen, das dann vom Wolf problemlos eingerissen worden ist.«
Sie nahm auf der Konsole Platz. »Lügen, Halbwahrheiten und lausige Polizeiarbeit. Ich schätze, damit baut man tatsächlich auf Sand. Ich werde dir sagen, wie es abgelaufen ist.
Der Junge schleicht sich aus dem Haus. Das hat er sicher schon des Öfteren getan. Sie versuchen ihn zu Hause einzusperren, aber dazu ist er zu clever. Er ist nicht sein gottverdammter Vater. Und er ist auch nicht sein blöder, braver, kleiner Bruder. Er geht also in einen Schwulenclub, denn Mädchen findet er blöd. Da kommt Fitzhugh angeschlendert und riecht sofort frisches Fleisch. Spendiert dem Jungen einen Drink, schenkt ihm möglicherweise ein bisschen Stoff. Komm mit in meine Wohnung, da habe ich noch mehr von diesem Zeug. Der Junge ist leicht betrunken und Fitzhugh tut, was Fitzhugh immer tut. Nur lässt die Wirkung von dem Zeug leider nach.«
»Keine schöne Vorstellung.«
»Tja, nicht schöner als die andere«, stimmte Eve ihm zu. »Aber auf alle Fälle wahrer.
Der Junge ist vierzehn Jahre alt. Er ist wütend, verwirrt und schämt sich für die Dinge, die vorgefallen sind. Er geht zurück nach Hause, will sich in sein Zimmer schleichen und wird dabei erwischt. Er riecht nach Alkohol und Sex, und sein
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