Tödliche Unschuld
Sachen interessieren würde, wenn du derart spöttisch reagierst.«
Sein Lächeln wurde breiter. »Du hast völlig Recht. Wie unhöflich von mir. Würdest du dir eventuell gerne die Kostenvoranschläge für das Reha-Zentrum ansehen? Dann wären da noch der Bericht des Weinhändlers und die Finanzierungspläne für das -«
»Leck mich doch am Arsch.«
»Könnten wir das um ein paar Minuten verschieben? Ich würde gerne diese Sache noch zum Abschluss bringen. Wenn alles gut läuft, springt dabei vielleicht sogar genug für ein neues Sofa raus.«
»Ich gehe besser ins Bett, bevor ich mir über deine Witze vor Lachen noch eine Rippe breche. Neun Uhr, Kumpel. Ich erwarte, dass du pünktlich bist.«
Sie wandte sich zum Gehen und fing an zu fluchen, als sie das Klingeln ihres Links durch die offene Tür hörte. »Was ist denn jetzt noch?«
Sie stürmte zurück zu ihrem Schreibtisch und schnauzte in das Link. »Dallas. Was gibt’s?«
»Es ist schlicht eine stete Freude, in Ihr fröhliches Gesicht zu blicken, Dallas.« Nadine Furst, Reporterin bei Channel 75, klapperte kokett mit ihren Lidern.
»Kein Kommentar, Nadine. Verdammt noch mal, kein Kommentar. Gehen Sie aus der Leitung.«
»Warten Sie, warten Sie! Schmeißen Sie mich nicht raus. Lassen Sie mich als Erstes sagen, wie sehr es mich getroffen hat, dass Ihnen offenbar noch nicht mal aufgefallen ist, dass ich die ganze Aufregung heute verpasst habe. Ich bin erst seit zwanzig Minuten wieder in der Stadt.«
»Und jetzt rufen Sie mich um zwei Uhr morgens an, um mich wissen zu lassen, dass Sie gut angekommen sind?«
»Zweitens«, fuhr Nadine unbeirrt fort, »habe ich bei der Durchsicht meiner Mails und Post das hier gefunden.« Sie hielt eine Diskette hoch. »Der Inhalt ist äußerst brisant und, wie ich denke, für Sie von großem beruflichem Interesse.«
»Falls Ihnen jemand ein Sexvideo geschickt hat, rufen Sie die Sitte an.«
»Sie ist von einer Gruppe, die sich die Reinheitssucher nennt.«
»Gehen Sie nicht an Ihren Computer«, fuhr Eve sie panisch an. »Fahren Sie ihn auf der Stelle runter und rühren Sie ihn nicht mehr an. Ich bin schon unterwegs.«
»Hören Sie -«
Aber Eve hatte das Gespräch schon abgebrochen und rannte in den Flur.
»Ich fahre.« Roarke hatte sich bereits ebenfalls auf den Weg gemacht. »Keine Widerrede. Vielleicht finde ich ja etwas auf ihrem Computer oder der Diskette, was uns weiterbringt.«
»Ich wollte gar nicht widersprechen. Ich wollte dir sagen, dass du für die Fahrt eines deiner schnelleren Spielzeuge nehmen sollst.«
Innerhalb von acht Minuten hatten sie die Wohnung der Reporterin erreicht. »Geben Sie die Diskette Roarke«, verlangte Eve, sobald Nadine die Tür geöffnet hatte. »Ich bringe Sie ins nächste Krankenhaus.«
»Eine Sekunde. Verdammt, warten Sie.« Als Eve sie packen wollte, stieß sie sie unsanft zurück. »Die Diskette ist nicht infiziert. Das haben sie extra gesagt. Hören Sie endlich auf, an mir herumzuzerren! Sie wollen, dass ich den Inhalt der Diskette in den Nachrichten bringe. Sie wollen, dass die Öffentlichkeit von ihnen erfährt.«
Eve trat einen Schritt zurück und verdrängte das Bild ihrer Freundin, als die sie Nadine empfand, die laut schreiend starb. »Sie wollen, dass Sie mit dem Ding auf Sendung gehen?«
»Es ist nur Text. Sie wollen, dass ich ihn verlese. Und das werde ich auch tun.« Nadine rieb sich den Arm, in dem Eves Finger tiefe Spuren hinterlassen hatten. »Ich nehme an, ich sollte Ihnen dankbar sein, weil Sie sich Sorgen um mein Wohlergehen machen, aber Ihre Fürsorge gibt einen schillernden blauen Fleck.«
»Sie werden es überleben.« Und das war das Einzige, worum es ging. »Ich brauche die Diskette.«
Nadine zog eine ihrer perfekt gezupften Brauen in die Höhe und ihr attraktives, intelligentes Gesicht brachte dieselbe Entschlossenheit zum Ausdruck wie das von Eve. Sie war kleiner als die Polizistin, runder und auch weicher. Aber wenn es um eine Story ging, war sie nicht weniger beinhart als sie.
»Sie werden sie aber nicht bekommen.«
»Es geht in diesem Fall um Mord.«
»Und es geht um eine Story. Pressefreiheit, Dallas, vielleicht haben Sie ja schon mal was davon gehört. Und die Diskette wurde an mich geschickt.«
»Ich werde das Ding beschlagnahmen und Sie hinter Gitter bringen, wenn Sie das Beweismittel zurückhalten und meine Arbeit dadurch behindern.«
Nadine musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um genauso groß wie Eve zu sein, dann aber gelang es
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