Tödliche Unschuld
den Drogen eingeworfen, die hier überall herumgelegen haben. Das Wohnzimmer ist richtiggehend verwüstet. Nur haben die Überwachungskameras in den letzten drei Tagen niemanden aufgezeichnet, der die Wohnung betreten oder verlassen hat. Nicht mal den Toten selbst.«
»Wer hat die Sache gemeldet?«
»Die Schwester. Lebt auf St. Thomas. Schätze, Sie waren inzwischen selbst schon öfter dort«, fügte er neiderfüllt hinzu. »Blaues Wasser, weißer Sand, jede Menge fast nackter Frauen. Ich hätte nichts dagegen, die Hitze, die wir derzeit haben, gegen diese Art der Hitze zu tauschen …«
Er stieß einen sehnsüchtigen Seufzer aus, hockte sich neben Eve und achtete sorgfältig darauf, dass nichts von dem Blut des Toten an seine Kleidung kam. »Tja, aber wie dem auch sei, hätte ihr Bruder heute zu ihr fliegen sollen. Es sollte eine Familienfeier oder irgendeine andere große Fete geben. Als er nicht erschienen ist, hat sie sich Sorgen gemacht und bei ihm angerufen. Er kam an den Apparat, hat sie angeschrien, geflucht, und das Blut ist aus seiner Nase geströmt wie aus einem aufgedrehten Wasserhahn. Sie dachte, er wäre verletzt, jemand hätte ihn überfallen, und hat sich deshalb sofort nach dem Gespräch an uns gewandt.«
»Ich brauche eine offizielle Aussage von ihr.« Eve stützte ihre Hände auf ihren Oberschenkeln ab und blickte Baxter an. »Ich fürchte, dass ich Ihnen den Fall doch abnehmen muss.«
»Ja.« Mit einem neuerlichen Seufzer stand er wieder auf. »Hatte ich mir schon gedacht.
Schließlich wissen wir alle, was heute in der Abteilung für elektronische Ermittlungen gelaufen ist.« Stirnrunzelnd betrachtete er noch einmal den Computermonitor. »Was zum Teufel geht hier vor sich?«
»Ich stelle gerade ein Team zusammen, das das rausfinden soll.« Sie richtete sich ebenfalls wieder auf. »Wollen Sie eventuell dabei sein?«
Er nickte enthusiastisch. »Auf jeden Fall.«
»Dann sind Sie dabei. Ich brauche Kopien der Disketten aus den Überwachungskameras, Fitzhughs Akte sowie den Namen und die Adresse seiner Schwester. Wir werden mit den Nachbarn, der Familie, seinen Bekannten reden. Möglicherweise finden wir auf diese Weise ja heraus, wann Fitzhugh … infiziert wurde.« Sie kratzte sich am Kopf. »Außerdem müssen wir seine private Videosammlung durchgehen.«
»Na super, das entspricht genau meiner Vorstellung von Unterhaltung. Ich wollte mir immer schon mal ansehen, wie irgendein widerlicher Lüstling sich an kleinen Jungs vergreift.«
»Vielleicht hat ja einer dieser kleinen Jungs mit Computerprogrammen rumgespielt. Ich brauche diese Kiste in meinem Büro zu Hause.«
»Arbeiten wir etwa von dort aus?« Sofort hellte sich Baxters Miene auf. »Toll.«
»Niemand rührt den Computer an! Niemand geht auch nur in seine Nähe! Wir werden ihn sofort runterfahren und lassen ihn so lange aus, bis ich etwas anderes anordne. Das gilt gleichzeitig für alle anderen Computer, die wir hier finden.« Sie sah sich suchend um.
»Jetzt stellen wir erst mal die gesamte Wohnung auf den Kopf und prüfen, ob es Ausdrucke von irgendwelchen Sachen gibt. Lassen Sie die Leiche einpacken und zusammen mit einem Dringlichkeitsbescheid zu Morris schicken.«
»Verstanden. He, wo ist eigentlich Ihr Schatten?«
»Mein Schatten?«
»Die unschätzbare Peabody. Sie sieht zurzeit wirklich super aus.«
»In Ihren Augen sieht wahrscheinlich selbst das Astloch in einer Eiche super aus.«
»Nur nach einem sehr langen, sehr harten Tag. Weshalb haben Sie sie nicht mitgebracht?«
»Sie ist bei … Sie ist … Sie kümmert sich um McNab.«
Sofort verflog sein Grinsen. »Und wie geht es ihm?«
»So weit okay. Er ist wieder bei Bewusstsein, kann zusammenhängend reden und gibt sich optimistisch. Allerdings …« Sie stopfte die Hände in die Taschen ihrer Jeans. »Er hat ein paar Probleme mit der rechten Seite.«
»Was meinen Sie mit ein paar Problemen?« Doch er wusste es ohne eine Antwort. Alle Polizisten kannten sich mit diesen Dingen aus. »Ah, Scheiße, Dallas. Gottverdammt. Aber nur vorübergehend, oder? Sagen Sie mir, dass es nur vorübergehend ist.«
»Davon gehen die Ärzte aus.«
Grüblerisches Schweigen breitete sich aus. Schließlich aber riss sich Eve zusammen und erklärte barsch: »Machen wir uns endlich an die Arbeit. Wir haben alle Hände voll zu tun.«
7
A ls sie nach Hause kam, traf sie Roarke in seinem Arbeitszimmer an, schnappte sich den Kaffeebecher, der neben seinem Ellenbogen stand, und leerte ihn
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