Tödliche Unschuld
ihr, Eve genau in die Augen zu sehen.
»Sie wissen ganz genau, dass das totaler Unsinn ist. Ich hätte Sie noch nicht mal anzurufen brauchen. Ich hätte damit direkt auf Sendung gehen können. Also regen Sie sich gefälligst nicht künstlich auf.«
»Aber bitte, meine Damen.« Roarke begab sich in Lebensgefahr, als er zwischen die beiden kampfbereiten Frauen trat. »Vielleicht atmen wir erst mal alle drei tief durch. Im Grunde genommen habt ihr beide Recht. Womöglich entspannt sich die Lage ja, wenn wir uns die Diskette gemeinsam ansehen.«
»Wir haben keine Garantie, dass sie nicht infiziert ist. Ich kann sie in Quarantäne nehmen.«
»Sie wissen, dass das Blödsinn ist.« Nadine schüttelte ihre blond gesträhnte Mähne.
»Mit mir haben sie nicht nur kein Problem, sondern sie wollen sogar etwas von mir. Sie wollen Publicity. Wenn Sie den Text lesen würden, würden Sie verstehen, was ich meine.
Dallas, sie haben gerade erst begonnen.«
»Also gut, sehen wir sie uns an. Und wenn wir dann alle anfangen, aus den Ohren zu bluten, haben wir uns eben geirrt.«
Nadine führte die beiden durch das Wohn- und ein großes Arbeitszimmer, das klassisch klare Linien aufwies und ganz in Pastelltönen gehalten war, und nahm an ihrem Schreibtisch Platz. »Diskette an.«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie die Kiste runterfahren sollen.«
»Lesen Sie, verdammt noch mal.«
Sehr geehrte Ms Furst!
Wir, die Reinheitssucher, kontaktieren Sie, weil wir davon überzeugt sind, dass Ihnen das Wohlergehen der Öffentlichkeit am Herzen liegt. Wir möchten Ihnen versichern, dass wir Ihre Arbeit bewundern und Ihnen ganz bestimmt nicht schaden wollen. Diese Diskette ist sauber. Wir geben Ihnen unser Wort, dass Ihnen durch uns kein Leid geschehen wird.
Das, wonach wir streben, ist die Reinheit der Gerechtigkeit. Einer Gerechtigkeit, die ein Recht, das allzu oft gezwungen ist, das Opfer zu ignorieren und dem Straftäter zu dienen, nicht immer erreichen kann. Unserer Polizei, unseren Gerichten, ja selbst unserer Regierung werden durch die Unzahl von Gesetzen, die diejenigen schützen sollen, die sich an Unschuldigen vergreifen, Fesseln angelegt.
Wir haben uns zusammengefunden und haben geschworen, den Unschuldigen zu dienen.
Es wird Menschen geben, die unsere Vorgehensweise betrüblich finden werden. Andere werden Angst davor bekommen. Aber einen Krieg ohne Betrübnis oder Furcht gibt es nun einmal nicht.
Die meisten aber werden unser Vorgehen als gerecht und die Erreichung unseres Ziels als Sieg für all diejenigen empfinden, die in einem System, das nicht länger dem Allgemeinwohl dient, verloren gegangen sind.
Bis diese Nachricht Sie erreicht, wird die erste Hinrichtung stattgefunden haben. Louis K. Cogburn war eine Plage der Gesellschaft, ein Mann, der unsere Kinder korrumpiert und süchtig gemacht hat. Er hat sie auf den Spielplätzen und Schulhöfen und in den Parks unserer Stadt gejagt und ihre jungen, unschuldigen Körper und Gehirne mit illegalen Drogen angelockt.
Er wurde unter Anklage gestellt, sein Fall wurde verhandelt, er wurde verurteilt.
Und exekutiert.
Im Fall Louis K. Cogburn wurde absolute Reinheit erreicht.
Infiziert wurde er durch eine von uns entworfene und entwickelte Technologie. Nachdem seine Seele längst gepeinigt war, haben wir auch sein Gehirn gepeinigt, bis er starb.
Für Sie, für die Unschuldigen, für die Öffentlichkeit, geht keine Gefahr von diesem Virus aus. Wir sind keine Terroristen, sondern Wächter, die geschworen haben, ihren Nachbarn um jeden Preis zu dienen.
Andere wurden ebenfalls von uns unter Anklage gestellt und verurteilt. Wir werden diejenigen, die ihren Profit und ihr Vergnügen im Unglück und im Elend anderer suchen, so lange verfolgen, bis in ganz New York absolute Reinheit herrscht.
Wir bitten Sie darum, die Öffentlichkeit von unserem Vorhaben zu unterrichten und ihr zu versichern, dass es unser Ziel ist, die Opfer zu schützen, denen das Recht nicht helfen kann.
Wir hoffen, Sie als unsere Pressesprecherin in dieser Angelegenheit ansehen zu dürfen.
- Die Reinheitssucher .
»Nett, nicht wahr?«, bemerkte Eve. »Wirklich nett. Nur, dass sie Ralph Wooster, dem der Schädel eingeschlagen wurde, und auch Suzanne Cohen, die bewusstlos geprügelt wurde, mit keinem Wort erwähnen. Genauso wenig wie den toten Polizisten und den Kollegen, der vielleicht zeit seines Lebens nie wieder gehen können wird. Sie sprechen nur von ihrem reinen, hehren Ziel, ihren Mitmenschen zu
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