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Tödliche Unschuld

Tödliche Unschuld

Titel: Tödliche Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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aufzuregen, das, wenn man am nächsten Tag die Augen aufschlägt, längst vergangen ist.«
    »Oh, mein Kopf. Ich weiß, dass irgendwas an dem, was Sie erzählen, garantiert nicht stimmt, aber mir brummt davon derart der Schädel, dass mir nicht einfällt, was.«
    »Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Der Sache mit der George gehen wir später nach. Erst fahren wir kurz zu Clarissa Price.«
    Um in der Nähe des Jugendamtes von Manhattan eine Parklücke zu finden, brauchte man jede Menge Glück. Die zweistöckigen Haltestreifen, in denen man entlang der Straße nach einer Lücke suchen musste, waren fast ausnahmslos mit Fahrzeugen besetzt, die den Eindruck machten, als hätte es seit fünf Jahren niemand mehr gewagt, sie zu bewegen.
    Eve sah mindestens drei Wagen mit geplätteten Reifen und einen vierten, dessen Windschutzscheibe derart mit Dreck verschmiert war, dass man sie höchstens mit einem Pickel halbwegs sauber bekam.
    Sie parkte in der zweiten Reihe und schaltete das Blaulicht ein. Flüchtig fragte sie sich, wie lang der Stau wohl wäre, wenn sie wiederkam.
    Das Gebäude war ein viereckiger, zwölfstöckiger Kasten, in den seit seiner Erbauung nach den Innerstädtischen Revolten offensichtlich nicht einmal ein Bruchteil der für seine Wartung vorgesehenen Steuergelder geflossen war.
    Das Foyer war klein und beengt.
    »Sechster Stock«, erklärte Eve nach einem kurzen Blick auf die an einer Wand angebrachte altmodische Tafel und marschierte entschlossen an dem von mehreren Besuchern bedrängten Portier vorbei zum Lift. So viel zur Sicherheit in diesem Haus, notierte sie dabei im Kopf.
    Sie wusste aus persönlicher Erfahrung, dass die Kinder, die das Jugendamt betreute, manchmal ebenso gefährlich waren wie die Erwachsenen, von denen sie misshandelt oder vernachlässigt worden waren. Oder denen die Erziehung schlicht über den Kopf gewachsen war.
    Knirschend glitt die Tür des Fahrstuhls wieder auf und Eve trat in den Flur des sechsten Stocks. Irgendjemand hatte offenbar versucht, der Umgebung einen Anschein von Freundlichkeit und Wärme zu verleihen. Unter einem Fenster stand eine Reihe kleiner, bunter Stühle, und ein paar Plastikspielsachen waren auf dem Fußboden verstreut. Die beiden Videospiel-Konsolen auf der anderen Seite wurden gerade von zwei säuerlichgenervten Teenagern in schwarzer Kleidung attackiert.
    Einer der beiden blickte auf, erkannte sie als Cop, noch ehe er die Augen über die Uniform ihrer Assistentin wandern ließ, und wandte sich gelangweilt wieder ab.
    Sie trat auf ihn zu, wartete, bis er nochmals lässig hochsah und beugte sich ein wenig vor. »Und jetzt nimmst du schön langsam das Messer aus dem Stiefel und übergibst es mir, wenn ich dich nicht wegen Tragens einer versteckten Waffe einbuchten soll.«
    Da seine Waffe, wie er dachte, todsicher versteckt war, schnaubte er nur verächtlich auf. »Verpiss dich, Alte, und zwar möglichst flott.«
    Eine Sekunde bevor seine eigene Hand am Griff des Messers lag, hatte Eve es schon gepackt. »Wenn du Ärger mit mir haben willst, komme ich der Bitte gerne nach. Wenn nicht, gibst du mir jetzt brav das Ding, damit du deinem Sozialarbeiter während der obligatorischen Gesprächsstunde unbehelligt irgendwelchen Schwachsinn erzählen kannst.«
    Sie riss ihm das Messer aus dem Stiefel und schob es in einen ihrer Boots. »Hübsches Ding. Liegt gut in der Hand.«
    »Dafür habe ich auch fünfundsiebzig Mäuse hingelegt.«
    »Dann hast du dich über den Tisch ziehen lassen, Kumpel. So gut ist es bei Weitem nicht.«
    Damit wandte sie ihm den Rücken zu und trat vor die junge Empfangsdame mit dem rosigen, freundlichen Gesicht. Sie waren immer jung und rosig, denn sie hielten es nur selten länger als ein paar Monate aus, bis die Desillusionierung sie aus ihrem Job vertrieb.
    »Ich muss zu Clarissa Price.« Eve legte ihre Dienstmarke gut sichtbar vor sich auf den Tisch.
    »Miss Price ist gerade in einer Familiensitzung, aber sie müsste in zehn Minuten fertig sein.«
    »Dann werden wir so lange warten.« Eve machte kehrt und warf sich neben dem Messer-Knaben auf einen freien Stuhl.
    Es dauerte nicht mal zwanzig Sekunden, bis er das gespielte Desinteresse aufgab und fragte: »Wie ham Sie das Messer überhaupt entdeckt?«
    »Ich verrate meine Tricks nur ungern.«
    »Na los.«
    Die - frischen - blauen Flecke an seinen Handgelenken und die alten Brandnarben in Höhe seiner Schulter, die das Muscle-Shirt des »harten Jungen« nur teilweise verdeckte,

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