Toedliche Verfolgung
Harley kann ich ersetzen, dich nicht.«
Ein leichtes Lächeln überzog Jacks Mund. »Aber du wirst sie mir vermutlich nicht noch einmal leihen, oder?«
»Genau genommen habe ich sie dir nie geliehen …« Sie brach ab, als Hawk, einen halben Erdrutsch auslösend, neben ihr landete.
»Was ist hier los? Ich hörte Schreie und dachte, es wäre etwas passiert.«
Jack gelang ein halbes Grinsen. »Alles in Ordnung. Lissa hat mich ausgelacht, das ist alles.«
Hawk blickte Lissa merkwürdig an. »Aha.« Er zuckte mit den Schultern und wandte sich Jack zu. »So, Sie dachten also, Sie könnten Evel Knievel spielen.«
Jack schnitt eine Grimasse. »Wohl kaum. Mir fiel nur nichts Besseres ein, um Gibson aufzuhalten. Ich hatte keine Munition mehr, und mit Steinen zu werfen, erschien mir nicht besonders Erfolg versprechend.«
»Also dachten Sie, es wäre sinnvoll, eine lebende Kanonenkugel zu imitieren.«
»So in etwa.«
Lissa konnte sich nicht mehr beherrschen. »Du hättest getötet werden können! Wenn du in den Rotor geraten wärest …« Sie biss sich auf die Lippe und wandte den Kopf ab, damit er ihre Tränen nicht sah.
»Ich musste Gibson stoppen. Er durfte nicht mit den Datenspeichern entkommen. Aber was noch viel wichtiger war: Er sollte keine Möglichkeit mehr haben, dir wehzutun. Ich habe gesehen, wie er weiter auf dich geschossen hat. Irgendwann hätte eine Kugel getroffen.« Jack versuchte, seinen Arm zu heben, und stöhnte auf. »Ich musste ihn aufhalten. Auf dem Vorsprung lag ein altes Stahlseil, das früher für das Fördersystem benutzt wurde, also habe ich die Gelegenheit ergriffen und es über den Rotor geworfen. Eine todsichere Sache.«
»Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hätte es dir nie verziehen, wenn du dich umgebracht hättest.«
»Dann ist es ja gut, dass ich noch lebe.« Seine letzten Worte gingen fast im Dröhnen eines Helikopters unter.
Endlich, der Rettungshubschrauber! Über der Schlucht schwebend wurde eine Trage heruntergelassen. Ein Notarzt war durch ein Seil damit verbunden und gab dem Piloten über Funk Anweisungen. Hawk erhob sich, um die Bahre in Empfang zu nehmen. Da es zu laut war, um sich zu unterhalten, beugte Lissa sich nur vor und gab Jack einen sanften Kuss. Alles Weitere musste warten, bis sie an einem ruhigeren Ort waren.
Im zweiten Versuch fing Hawk die Trage ein und hielt sie fest, bis der Hubschrauber sie auf den Boden gesenkt hatte. Der Arzt schnallte sich los und lief zu Jack. Nach einer oberflächlichen Untersuchung entschied er, dass sie ihn nicht ohne Stützbrett transportieren konnten, für den Fall, dass er eine Rückenverletzung hatte. Hawk löste die Verankerung der Bahre und winkte Lissa zu sich. »Halten Sie die Seile am Boden.«
Mit der Trage kehrte er zu Jack zurück. Der Arzt legte gerade eine Plastikschiene an, die den Nacken schützen und den Kopf fixieren sollte.
»Okay, drehen wir ihn langsam auf die Seite. Aber immer den Rücken dabei stützen.« Gemeinsam begannen sie, Jack zu drehen, der sofort aufschrie.
»Verdammt!« Sein Gesicht wurde noch eine Spur bleicher, Schweißperlen erschienen auf seiner Stirn. »Ich bin wohl auf meinem Arm gelandet.«
»Halten Sie es für ein paar Sekunden aus?«
»Muss ich wohl.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, als er das Bewusstsein verlor.
41
Sie würden es nicht bis auf die andere Seite der Berge schaffen. Auch wenn der Weg per Luftlinie gar nicht so weit war, durch das ständige Auf und Ab, ausgedehnte Geröllfelder, tiefe Bäche und dichtes Unterholz waren sie gezwungen, immer wieder weite Umwege zu gehen oder sich mühsam vorwärts zu quälen. Ross machte sich Sorgen um Erin. Seit Stunden lief sie stumm hinter ihm her, hielt eisern durch, obwohl er wusste, wie erschöpft sie sein musste. Nicht einmal hatte sie sich beschwert – was ihn fast noch misstrauischer machte.
Die Sonne war schon lange hinter den Bergen verschwunden und es wurde von Minute zu Minute dunkler. Ross blickte den schmalen Weg hinunter, der vom Tauwasser in den Berg gegraben worden war. Unten wartete ein weiteres grünes Tal auf sie, bevor es wieder in graue Felsspitzen überging. Seit er sich nicht mehr an der Sonne orientieren konnte, musste er höllisch aufpassen, dass sie auch weiterhin in die richtige Richtung gingen. Aber jetzt war der Moment gekommen, sich damit abzufinden, dass sie die Nacht hier im Gebirge würden verbringen müssen. Wenn sie den Pass überwunden hatten, mussten sie sich einen geschützten Platz
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