Toedliche Verfolgung
geht schneller, wenn ich alleine gehe. Ich verspreche, dass ich sofort zurückkomme und dich hole, wenn ich etwas Geeignetes gefunden habe.«
Erin sah ihn eine Weile prüfend an, dann nickte sie widerwillig. Während er mit großen Schritten im Wald verschwand, kehrte sich ihr Blick nach innen. Sie erinnerte sich noch gut an den Tag vor etwas über drei Jahren, als er ihr an der Tür einen leidenschaftlichen Abschiedskuss gegeben hatte. Sie war zu verliebt und glücklich gewesen, um den ernsten Ausdruck in seinen Augen zu bemerken. Mit den Worten ›Ich komme bald wieder‹ hatte er sich verabschiedet und war beinahe zu seinem Wagen gerannt. Sie war enttäuscht gewesen, dass er nicht mit hineingekommen war, und hatte versucht, sich einzureden, dass es einfach eine zu große Versuchung für ihn gewesen wäre, noch länger in ihrer Gesellschaft zu bleiben. Erin lachte bitter auf. Wie dumm und naiv sie doch gewesen war! Ross war nicht wiedergekommen, weder am nächsten Tag noch in den darauffolgenden Wochen. Sie hatte sämtliche Krankenhäuser angerufen, in der Angst, er könnte einen Unfall erlitten haben, doch auch dort gab es keine Spur von ihm. Er war wie vom Erdboden verschluckt gewesen.
Schließlich hatte sie von seiner Vermieterin erfahren, dass er sie gebeten hatte, in seiner Abwesenheit in seiner Wohnung nach dem Rechten zu sehen. Anscheinend verschwand er öfter mal für eine gewisse Zeit und tauchte dann unangemeldet wieder auf. Erin presste eine Faust gegen ihre Brust, als der altvertraute Schmerz darin wieder einsetzte. Die folgenden Wochen begann sie, ihn dafür zu hassen, dass er sie so verletzt hatte. Wie konnte er ihr so etwas antun, nach der schönen Zeit, die sie miteinander geteilt hatten? Als er nach zwei Monaten plötzlich vor ihrer Tür stand, abgemergelt und mit einem seltsam harten Ausdruck in den Augen und sie bat, ihre Beziehung wieder aufzunehmen, war irgendetwas in ihr zerbrochen.
Mit all der Wut, die in ihr war, hatte sie ausgeholt und Ross ins Gesicht geschlagen. Obwohl er genug Zeit hatte, auszuweichen, tat er es nicht, sondern taumelte unter dem kraftvollen Schlag zurück. Wahrscheinlich hatte er erkannt, dass er ihn verdient hatte. Und noch viel mehr. Erin hatte nicht abgewartet, ob sie ihm ein paar Zähne ausgeschlagen hatte, sondern ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Tränen brannten in ihren Augen, wie immer, wenn sie an diesen schmerzhaften Moment zurückdachte.
Einige Tage später hatte er ihr im Supermarkt aufgelauert und sie gebeten, seine Erklärung anzuhören, doch sie war dazu nicht bereit gewesen. Es war ihr egal, welchen Grund es für sein Benehmen gab, nichts würde das rechtfertigen, was er getan hatte. Ihre Liebe zu Ross Gladstone verwandelte sich in Hass. Hatte er wirklich geglaubt, er könne sich einfach entschuldigen und alles wäre wieder wie vorher?
Eilig wischte sie sich über die Augen, als in der Nähe ein Knacken ertönte. Sie wollte nicht, dass Ross sah, welche Macht er immer noch über sie hatte. Ein Gedanke ließ ihren Kopf nach oben schnellen. Es gab hier doch keine Bären, oder? Zitternd schlang sie die Arme um ihren Oberkörper. Wie konnte dieser Schuft sie hier einfach so allein lassen?
Die Dunkelheit hatte sich beinahe unbemerkt über sie herabgesenkt, während sie in ihren Gedanken gefangen gewesen war. Wie viel Zeit war vergangen, seit Ross verschwunden war? Sie wollte aufstehen und nach ihm Ausschau halten, doch ihre Energie war restlos erschöpft. Der Überfall, die Gefangennahme, der Sturz aus dem Hubschrauber, Hunger, Durst und Kälte hatten ihren Tribut gefordert.
Erneut knackte es, näher diesmal, dann ertönte ein Schuss. Erin sprang auf, Panik löste ihre Erschöpfung ab. War der Verbrecher doch noch hinter ihnen her? Hatte er erst Lissa getötet und war nun zurückgekehrt, um auch sie und Ross zu erledigen? Furcht breitete sich in ihr aus, gefolgt von Schmerz.
Ross!
Der Schuss war aus der Richtung gekommen, die er eingeschlagen hatte. Sie musste ihn suchen.
Erin rannte geduckt zum Waldrand und spähte durch die dichten Baumreihen. Es war zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen. Sie wollte nach Ross rufen, aber auch nicht auf sich aufmerksam machen. Falls sie nicht sowieso schon im Visier des Verbrechers war. Ihr Nacken prickelte warnend, als sie hinter einem Baum Schutz suchte. Es war jemand hier, das fühlte sie deutlich. Der Wald war unnatürlich still, nichts rührte sich.
»Ross?« Erin zuckte zusammen, als ihre Stimme lauter
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