Toedliche Verfolgung
schöne Rede zu erinnern, die er vorbereitet hatte, doch ihm fiel kein einziges Wort mehr ein. Kein Wunder, dass er es in zwei Wochen nicht geschafft hatte, Lissa wenigstens nach ihrer Telefonnummer zu fragen. Sowie er in ihrer Nähe war, verwandelte sich sein Gehirn zu Grießbrei, und sein Körper übernahm die Führung. Diesmal jedoch schien es ihr genauso zu gehen, denn sie stand nur vor ihm und blickte ihn mit großen Augen an. Eine leichte Röte überzog ihre Wangen. Er wusste, er sollte etwas sagen, doch er konnte sie nur weiter anstarren. Sie trug ein luftiges Sommerkleid. Ihre roten Haare waren zu einem lockeren Zopf geflochten, aus dem sich bereits einige Strähnen gelöst hatten.
Er hatte sie bisher nie in anderer Kleidung als Jeans und T-Shirt gesehen und stellte fest, dass ihm einiges entgangen war. Hungrig verschlangen seine Augen ihre nackten Schultern, glitten über das Nichts von Kleid, ihre Brüste, die weich geschwungene Hüfte hinunter zu ihren nackten Beinen und den in hochhackigen Sandalen steckenden Füßen. Er wollte sie an sich reißen, sie verschlingen …
44
Lissa räusperte sich. »Vielen Dank, Miss Payton.«
Die Kindergärtnerin blickte Jack noch einmal scharf an, dann nickte sie und verschwand im Gang. Nachdem sie sich überzeugt hatte, dass ihre Vorgesetzte außer Hörweite war, schloss Lissa die Tür und lehnte sich dagegen. Gierig sog sie Jacks Anblick in sich auf. Er sah gut aus. Natürlich trug er immer noch das Gestell am Bein und einen leichten Gips am Arm, aber die Bräune war in sein Gesicht zurückgekehrt und die Falten waren verschwunden, die der Schmerz hineingegraben hatte. Auf seine Krücke gelehnt, betrachtete er sie mit heißen Augen, die in ihr sofort wieder die Erinnerung an ihre gemeinsamen Tage – und Nächte – weckte.
Die erste Zeit hatte Jack viel geschlafen und seinen Körper geschont, doch danach war er einfach unersättlich gewesen. Ein Schauer rieselte über ihren Rücken. Sie hätte nicht gedacht, dass es so viele Arten gab, mit jemandem zu schlafen, der einen Arm und ein Bein eingegipst hatte. Aber die Notwendigkeit hatte sie erfinderisch gemacht. Es war alles perfekt gewesen.
Bis auf die winzige Kleinigkeit, dass sie zu ihrer Arbeit zurückkehren musste und sie es beide nicht geschafft hatten, innerhalb dieser zwei Wochen endlich den Mut aufzubringen, über ihre Gefühle zu sprechen. Dass es welche gab, war klar gewesen, nur wie tief sie gingen und wie ihre gemeinsame Zukunft aussehen könnte, blieb unausgesprochen.
Lissa hatte nicht erwartet, dass er hierherkommen würde. Woher wusste er überhaupt, wo sie arbeitete? Die ganze Zeit hatte sie es vermieden, ihren Beruf zu erwähnen. Nicht weil sie sich dessen schämte, sondern weil sie wusste, dass Jack eine ganz andere Vorstellung von ihr hatte – zugegebenermaßen von ihr selbst inszeniert. Und dieses Bild von ihr als freiheitsliebender, ein wenig verrückter Frau wollte sie nicht zerstören, weil sie nicht wusste, wie Jack auf die echte Lissa reagieren würde. Ob er sie so mögen würde, wie sie wirklich war. Egal, wenn er jetzt nicht gekommen wäre, hätte sie ihn sicher in den nächsten Tagen angerufen. Die Telefonnummer hatte sie sich bereits von Gladstone besorgen lassen.
Jack stieß mit dem Arm gegen sie, als er sein Gewicht verlagerte.
»Du musst Schmerzen haben. Möchtest du dich setzen?«
Jack schnitt eine Grimasse, während er unbewusst den Oberschenkel seines verletzten Beines rieb. »Nein, danke. Ich habe schon in den letzten Stunden gesessen und bin froh, endlich mal wieder stehen zu können.«
»Wie bist du überhaupt hierhergekommen?«
»Mit dem Truck.«
»Darfst du denn schon wieder fahren? Der Arzt sagte doch …«
»Lissa, es geht mir gut.« Da sie ihn anscheinend gern genug hatte, um sich Sorgen um ihn zu machen, beschloss Jack, einen Vorstoß zu wagen. »Ich habe nur ein kleines Problem.«
Unwillkürlich berührte Lissa seinen Arm, besorgt runzelte sie die Stirn. »Was immer es auch ist, du weißt, dass ich dir gerne helfe, wenn ich kann.«
Ein leichtes Lächeln hob Jacks Mundwinkel. »Das trifft sich gut, es geht nämlich um dich.«
»Oh.«
Jack wartete, doch das war alles, was sie von sich gab. »Mehr hast du nicht dazu zu sagen?«
Lissa riss sich sichtbar zusammen, sie straffte die Schultern und schob das Kinn vor. »Was sollte ich denn deiner Meinung nach dazu sagen? Du hast doch anscheinend ein Problem mit mir, nicht ich.«
Wenn es nicht um so viel gehen
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