Toedliche Verfolgung
nicht aufzuwiegen. Wenn die Pakete in die falschen Hände gerieten, wäre alles zunichte gemacht, was er in den letzten Monaten so sorgfältig geplant hatte. Die Abnehmer seiner Ware würden alles andere als belustigt sein, wenn sie von dem Verlust hörten. Natürlich hatte er in den Lieferpapieren einen anderen Inhalt angegeben, aber sie würden einer gründlichen Überprüfung nicht standhalten. Fellini fuhr mit den Fingern durch seine Haare. Warum hatte er nicht einfach einen seiner Männer damit beauftragt, die Ware über die Grenze zu bringen? Dann wäre sie vermutlich ohne Probleme bei den Kunden gelandet. Aber nein, er hatte besonders schlau sein und durch die Beauftragung einer Spedition sämtliche Spuren verwischen wollen.
Das war gründlich nach hinten losgegangen. Jetzt musste er sehen, wie er seine Ladung schnellstmöglich zurückbekam. Bell schien nicht wirklich traurig über den Verlust des Trucks zu sein. Könnten die Spediteure mehr darüber wissen, als sie ihm gesagt hatten? Die Versicherungssumme, die Bell ihm genannt hatte, war ziemlich hoch, wenn wirklich nur Hardware geladen war. Auf jeden Fall konnte es nicht schaden, wenn er ein paar seiner Männer nach Los Angeles zum Sitz der Spedition schickte und noch einmal nachhaken ließ. Sollten Bell und Hoppes versuchen, ihn zu betrügen, würden sie sich rasch wünschen, niemals mit ihm Geschäfte gemacht zu haben.
Der Scheinwerfer durchschnitt die Dunkelheit und ließ die wenigen Verkehrsschilder entlang des Highways gespenstisch aufleuchten. Seine Arme schlangen sich fester um Lissa, als das Motorrad plötzlich zu schwanken begann. Sie hatte es sofort wieder unter Kontrolle, trotzdem wurde Jack erneut bewusst, wie unwohl er sich fühlte, wenn er nicht selbst das Lenkrad in der Hand hatte. Allerdings hatte diese Höllenmaschine so etwas nicht und genau das war sein Problem. Er fühlte sich auf der Sitzbank ungefähr so sicher wie auf einem Schwebebalken in zehn Metern Höhe. Nicht, dass er das schon ausprobiert hatte, aber er stellte es sich ziemlich unangenehm vor.
Aber das Schlimmste war, Jack wusste ganz genau, was passieren konnte, wenn beim Motorradfahren nur eine winzige Kleinigkeit schiefging. Doch den Gedanken daran schob er lieber ganz weit weg. Es hatte auch nichts damit zu tun, dass der Fahrer kein Mann war – nun, zumindest nur ganz am Rande. Er war selbstständiger Transportunternehmer geworden, weil er unabhängig sein wollte. Und nun war er auf eine fremde Frau angewiesen und musste versuchen, irgendwie seinen Lebensinhalt zurückzubekommen. Alles andere war zweitrangig.
Sein Kopf ruckte hoch, als das Motorrad die Fahrt verlangsamte. Der blinkende grüne Pfeil deutete an, dass sie die Abfahrt nehmen wollte. War der Tank schon wieder leer? Jack wartete, bis der Fahrtwind es ihm erlaubte, Lissa anzusprechen. »Warum fahren wir raus?«
Lissa warf ihm nur einen kurzen Blick zu, bevor sie sich wieder ganz auf die Straße konzentrierte. Falls sie ihm geantwortet hatte, war es zumindest nicht bei ihm angekommen. Seit ihrem Zusammenstoß an der Tankstelle war sie ungewöhnlich schweigsam gewesen. Zumindest war ihre vorherige überbordende Fröhlichkeit wie weggeblasen. Es war kaum zu glauben, aber ihre frechen Kommentare fehlten ihm. Erst jetzt realisierte er, dass ihre humorvolle Art ihm geholfen hatte, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht einfach draufloszustürmen, wie er es sonst vielleicht getan hätte. Nicht nur das, sie hatte auch den ganzen Tag geopfert, um ihm bei der Suche nach seinem Truck zu helfen. Er sollte wirklich etwas freundlicher zu ihr sein, sie hatte es verdient.
Er wartete, bis sie auf einem schwach beleuchteten Parkplatz nahe einem Schnellimbiss hielt, und stieg eilig ab. Diesmal trugen ihn seine Beine zwar, aber dennoch schmerzten seine Muskeln, Knochen und Gelenke höllisch. Anscheinend war die Reha doch nicht so erfolgreich gewesen, wie er geglaubt hatte. Oder es lag daran, dass er viel zu verkrampft auf der Harley gesessen hatte. Heldenhaft widerstand er dem Drang, seine Meinung über Motorräder im Allgemeinen und dieses im Besonderen mit Flüchen auszudrücken. Das würde ihm bei Lissa sicher keine Pluspunkte einbringen.
Als sie die Maschine ausschaltete, herrschte einen Moment lang tiefe Stille. Dann setzte das laute Ticken des abkühlenden Motors ein, und auch die Grillen am Straßenrand nahmen ihr unterbrochenes Lied wieder auf.
Zirp. Zirpzirp. Zirp
. Gott, wo waren sie hier überhaupt, am Ende der
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