Toedliche Verfolgung
Cladock nichts aus, diese jämmerlichen Spediteure zu erledigen, aber es wäre schon nett gewesen, den Grund dafür zu erfahren. Nun ja, Fellini war noch nie für sein Mitteilungsbedürfnis bekannt gewesen. Er sagte ihnen immer nur genau so viel, wie nötig war, aber er bezahlte gut, und das war die Hauptsache. Immer wenn jemand versuchte herauszufinden, wer Fellini wirklich war, verschwand derjenige spurlos. Man lebte einfach länger, wenn man seine Nase nicht in seine Angelegenheiten steckte. Und Cladock war zu schlau, um sein Leben so aufs Spiel zu setzen. Vor allem aber war er gut in seinem Job, diskret und zuverlässig, deshalb wurde er gerne gebucht und seine Gage war auch nicht zu verachten.
Darum saßen sie nun in einem unauffälligen Geländewagen und fuhren durch die erbärmliche Wüste in Richtung Gunnison. Überall nur Sand, verdorrte Sträucher und vergammelte Ruinen. Wie konnte hier jemand leben wollen? Inzwischen waren sie bereits kurz vor Gunnison angekommen und lagen damit noch gut in der Zeit, wenn es stimmte, was dieser Heini von der Spedition gesagt hatte. Der Dieb würde ab mittags dort auf sie warten. Ein freudloses Grinsen überzog Cladocks Gesicht. Es würde sicher eine äußerst unangenehme Überraschung für ihn werden, wenn er merkte, dass sie nicht gekommen waren, um ihn zu bezahlen.
Die Strecke forderte Lissas ganze Aufmerksamkeit, als sich die Harley die Sawatch Range in den Rocky Mountains bis in 3500 Meter Höhe hinaufschlängelte. Waren sie vorher durch beeindruckende Wälder gefahren, herrschte weiter oben nur noch eine kahle Gebirgslandschaft vor. Auch jetzt im Sommer war es in dieser Höhe ziemlich kühl. Jacks Körper schmiegte sich noch enger an sie, gab ihr zusätzliche Wärme. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – atmete sie erleichtert auf, als sie den Höhenzug hinter sich ließen und wieder in wärmere Gefilde kamen.
Je tiefer sie kamen, desto angenehmer wurde die Temperatur. Es roch nach Bäumen und Gras, riesige Rinderherden weideten in den Tälern. Während Jack sich weiterhin an ihr festklammerte, fuhren sie in lang gezogenen Serpentinen in das fruchtbare Tal rund um Gunnison hinab. Gewaltige Obstbaumplantagen erstreckten sich soweit das Auge reichte. Lissa beobachtete fasziniert den Wechsel in der Landschaft, von alpinem Gebirge zu grüner, blühender Oase, die Gunnison umgab.
»Wo genau soll der Truck sein?« Der Fahrtwind riss ihr fast die Worte von den Lippen.
»Von hier aus gesehen am anderen Ende der Stadt. Auf einem großen Abstellplatz. Angeblich nicht zu verfehlen.«
»Na dann, auf in den Kampf.«
Jack verzog den Mund. Er hatte manchmal den Eindruck, dass Lissa das Ganze immer noch als Abenteuer betrachtete und nicht realisierte, dass der Dieb vielleicht auch gefährlich sein könnte. Die Ortsgeschwindigkeit von dreißig Meilen pro Stunde kam ihm furchtbar langsam vor. Es war, als könnte er die Nähe seines Trucks schon spüren, und irgendetwas schien ihm zu sagen, dass er sich beeilen musste, wenn er ihn nicht wieder verlieren wollte. Allerdings wollte er auch keine weitere Nacht in einer Zelle verbringen, deshalb biss er die Zähne zusammen, als Lissa ordnungsgemäß an einer roten Ampel hielt. Glücklicherweise kamen sie nicht direkt im morgendlichen oder abendlichen Stoßverkehr an, denn sonst hätten sie sicher nicht so zügig die Hauptstraße entlangfahren können.
Liebevoll gestaltete Wohn- und Geschäftshäuser flogen an ihnen vorbei, gepflegte Rasenflächen mit perfekt gestutzten Hecken und Bäumen vor prachtvollen offiziellen Gebäuden. Alles war auf den Tourismus ausgerichtet. Nach endlosen Minuten erreichten sie schließlich das andere Ende der Stadt. Erst hier gab es einige Tankstellen und auch leere Grundstücke, die einen heruntergekommenen Eindruck machten.
Sein Kollege hatte recht gehabt, der Abstellplatz war nicht zu übersehen. Direkt hinter dem Ende der Ortschaft befand sich ein riesiger freier Platz, auf dem Lastwagen, Wohnwagen und Autos standen. Jack spürte, wie Lissa zusammenzuckte, als sie an einigen zu einem Schrottberg aufgetürmten Motorrädern vorbeifuhren. Eine Familie mit kleinen Kindern hielt ein improvisiertes Picknick ab, zwei Jugendliche knutschten in einem Auto. Sein Herz machte einen Satz, als er im hinteren Bereich des Platzes einen blauen Truck entdeckte. Obwohl er das Kennzeichen noch nicht erkennen konnte, war er sich absolut sicher, dass es seiner war.
Er berührte Lissas Arm. »Dort hinten ist
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