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Tödliche Versuchung

Tödliche Versuchung

Titel: Tödliche Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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nichts Wärmeres zum Anziehen mitgebracht hatte. Die Häuser oben in den Dünen waren groß und luxuriös, die meisten unbewohnt und die Fensterläden geschlossen. Die Wellen rauschten grau und schäumend heran, und am Wasserrand trippelten einige Seemöwen herum. Das war aber auch schon alles: Bob und ich und die Seemöwen.
    Das große rosa Haus kam jetzt in Sicht, von der Uferseite war es besser einzusehen als vorne von der Straße. Der größte Teil des Erdgeschosses und der gesamte erste Stock waren gut zu erkennen. Um das Hauptgebäude herum verlief eine Veranda, daran angebaut waren zwei Flügel. Das Erdgeschoss des Nordflügels bestand aus Garagen, darüber lagen vermutlich Schlafräume. Der Südflügel war zweigeschossig und beherbergte anscheinend ausschließlich Wohnräume.
    Ich stapfte weiter durch den Sand und versuchte bei meiner Zählung der Türen und Fenster nicht allzu neugierig zu erscheinen. Ich war eine Frau, die nur ihren Hund ausführte und sich den Arsch dabei abfror. Ein Fernglas hatte ich zwar dabei, aber ich scheute mich es zu benutzen, ich wollte keinen unnötigen Verdacht erregen. Es war unmöglich zu erkennen, ob ich beobachtet wurde oder nicht. Bob tobte selbstvergessen um mich herum, aus purer Freude an der freien Natur. Ich schlenderte ein Stück weiter, zeichnete den Grundriss des Hauses auf ein Blatt Papier, machte kehrt und ging zurück zu der Stelle, wo ich Big Blue abgestellt hatte. Mein Auftrag war erfüllt.
    Bob und ich kletterten in den Wagen und rollten die Straße entlang, ein letztes Mal an dem Haus der Ramos’ vorbei. An der Kreuzung hielt ich an, im selben Moment sprang ein Mann vom Bordstein auf die Straße. Er musste über sechzig sein und trug Jogginganzug und Joggingschuhe, und er winkte mir aufgeregt zu.
    »Halt«, sagte er. »Warten Sie einen Moment.«
    Wenn es mir nicht so absurd vorgekommen wäre – ich hätte schwören können, es war Alexander Ramos.
    Er kam an die Fahrerseite und klopfte ans Fenster. »Haben Sie Zigaretten?«, fragte er.
    »Ach, du Schreck… äh, nein.«
    Er hielt mir einen Zwanzig-Dollar-Schein hin. »Fahren Sie mich zum nächsten Geschäft, wo es Zigaretten gibt. Es dauert nur fünf Minuten.«
    Schwerer Akzent, die gleichen adlerähnlichen Gesichtszüge, die gleiche Größe und Statur. Er sah Alexander Ramos wirklich sehr ähnlich.
    »Wohnen Sie hier in der Gegend?«, fragte ich ihn.
    »Ja, in diesem scheiß rosa Bunker da drüben. Was ist nun mit Ihnen? Wollen Sie mich bis zu dem Laden mitnehmen oder nicht?«
    »Ich lasse normalerweise keine fremden Männer in mein Auto einsteigen.«
    »Haben Sie Erbarmen mit mir. Ich brauche unbedingt eine Schachtel Zigaretten. Sie haben doch einen großen Hund zum Schutz dabei, und außerdem sehen Sie aus, als würden Sie jeden Tag fremde Männer in Ihrem Auto rumkutschieren. Ich bin doch nicht von gestern.«
    »Aber von vorgestern.«
    Er ging um das Auto herum, öffnete mit Gewalt die Beifahrertür und stieg ein. »Sehr witzig. Muss man sich auch noch von einem Witzbold mitnehmen lassen.«
    »Ich kenne mich hier nicht aus. Wo gibt’s denn hier Zigaretten?«
    »Biegen Sie hier ab. Ein paar hundert Meter weiter ist ein Geschäft.«
    »Warum gehen Sie nicht zu Fuß, wenn es so nah ist?«
    »Ich habe meine Gründe.«
    »Sie dürfen wohl nicht rauchen, was? Und wollen nicht beim Zigarettenkauf erwischt werden.«
    »Diese blöden Ärzte. Muss man sich aus seinem eigenen Haus wie ein Dieb davonstehlen, um sich Zigaretten zu kaufen.« Er machte eine abfällige Geste. »Aber in dem Haus halte ich es sowieso nie lange aus. Das ist das reinste Mausoleum, in dem lauter Nieten wohnen. Ein rosa Stück Scheiße.«
    »Warum wohnen Sie da, wenn es Ihnen nicht gefällt?«
    »Gute Frage. Ich sollte es verkaufen. Ich habe es von Anfang an nicht gemocht, aber ich hatte gerade geheiratet und meine Frau wollte das Haus unbedingt haben. Bei ihr musste alles Rosa sein.« Er überlegte eine Weile. »Wie hieß sie doch gleich? Trixie? Trudie? Meine Güte, ich kann mich nicht mal mehr an ihren Namen erinnern.«
    »Wie kann man nur den Namen der eigenen Frau vergessen!«
    »Ich hatte viele Frauen. Sehr viele. Vier. Das heißt, nein… fünf.«
    »Sind Sie jetzt auch wieder verheiratet?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe genug von der Ehe. Letztes Jahr musste ich mich an der Prostata operieren lassen. Früher haben mich die Frauen wegen meines Schneids und wegen meinem Geld geheiratet. Heute heiraten sie mich nur wegen meinem

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