Tödliche Versuchung
schnüffelte zwischen seinen Beinen.
»Ej, Alter«, sagte Moon, »nicht gleich beim ersten Rendezvous.«
»Ich habe mir heute ein Auto gekauft«, verkündete Grandma. »Und Moon hat es mir hergefahren.«
Mir fiel unwillkürlich die Kinnlade runter. »Du hast doch schon ein Auto. Den Buick von Onkel Sandor.«
»Stimmt. Der Buick ist ein klasse Auto, keine Frage. Er passt nur nicht ganz zu meinem neuen Image. Ich fand, ich hätte etwas Sportlicheres verdient. Es war ein Spontankauf. Louise kam vorbei, um mit mir Auto fahren zu üben, und sie sagte, sie hätte gehört, Dealer müsste seinen Laden dicht machen. Deswegen mussten wir uns ganz schnell noch mit Metamucil bei ihm eindecken. Und wo wir schon mal da waren, habe ich mir auch gleich ein Auto gekauft.«
»Du hast dir von Dougie ein Auto aufschwatzen lassen?«
»Da staunst du, was? Es ist wunderschön.«
Ich warf Moon einen tödlichen Blick zu, aber es war vergebliche Liebesmüh. Moons Gefühlsradius reichte über eine gewisse Abgeklärtheit nicht hinaus.
»Warte erst mal ab, bis du das Auto von deiner Oma gesehen hast«, sagte Moon. »Es ist ein ausgezeichnetes Auto.«
»Ein süßes Autochen«, sagte Grandma. »Ich sehe aus da drin wie Christie Brinkley.«
David Brinkley hätte ich ihr noch durchgehen lassen, Christie Brinkley war eindeutig übertrieben. Aber wenn Grandma damit leben konnte – von mir aus.
»Was ist es denn für ein Auto?«
»Ein Corvette«, sagte Grandma. »Und der Schlitten ist rot.«
8
Meine Oma hat also einen roten Corvette, und ich, ich habe einen blauen Buick, Baujahr 53, und einen dicken Pickel am Kinn. Es hätte schlimmer kommen können. Der Pickel hätte zum Beispiel auf der Nase sein können.
»Außerdem«, fuhr Grandma fort, »weiß ich doch, dass du an dem Buick hängst. Ich wollte dir den Buick nicht gleich wieder wegnehmen.«
Ich nickte und versuchte zu lächeln. »Entschuldige«, sagte ich. »Ich wasche mir nur mal rasch die Hände.«
Ich ging ganz ruhig ins Badezimmer, verschloss die Tür hinter mir, betrachtete mich im Spiegel und fing an zu heulen. Eine Träne kroch aus meinem linken Auge. Reiß dich zusammen, sagte ich mir. Es ist doch nur ein Pickel. Der wird schon wieder verschwinden. Schön und gut, aber was ist mit dem Buick?, dachte ich. Der Buick störte mich. Der Buick würde nicht einfach so verschwinden. Die nächste Träne kroch aus meinem Auge. Du reagierst viel zu emotional, sagte ich zu der Person im Spiegel. Du machst aus einer Mücke einen Elefanten. Wahrscheinlich ist alles nur auf ein vorübergehendes hormonelles Ungleichgewicht zurückzuführen, bedingt durch Schlafentzug.
Ich spritzte mir etwas Wasser ins Gesicht und schnauzte mir die Nase. Wenigstens würde ich heute Abend ruhiger schlafen können, weil ich ja die Alarmanlage an der Wohnungstür angebracht hatte. Eigentlich hatte ich gar nichts gegen Rangers Besuche um zwei Uhr nachts… ich mochte es nur nicht, wenn er sich heimlich an mich heranmachte. Was ist, wenn ich im Schlaf von einem anderen Mann schwärme, und Ranger sitzt daneben und hört zu? Oder wenn er nur dasitzt und sich meinen Pickel anguckt?
Moon Man verließ uns nach dem Abendessen wieder, und Grandma ging früh zu Bett, nachdem sie mir erst noch ihr neues Auto gezeigt hatte.
Um fünf nach neun rief Morelli an. »Entschuldige, dass ich nicht eher zurückgerufen habe«, sagte er. »War ein blöder Tag heute. Wie ist es dir ergangen?«
»Ich habe einen Pickel.«
»Damit kann ich nicht konkurrieren.«
»Kennst du eine gewisse Cynthia Lotte? Angeblich war sie Ramos’ Freundin.«
»Nach allem was ich über Homer weiß, hat er seine Freundinnen gewechselt wie andere Männer ihre Hemden.« »Hast du mal seinen Vater kennen gelernt?«
»Ich habe ein paar Mal mit ihm gesprochen.«
»Der typische Grieche und kumpelhafte Waffenschmuggler.
Ich habe ihn aber schon einige Zeit nicht mehr gesehen.« Es folgte eine kleine Pause. »Wohnt Grandma Mazur immer hoch bei dir?«
»Ja.«
Morelli stieß einen tiefen Seufzer aus.
»Meine Mutter will wissen, ob du nicht Lust hast, morgen zum Abendessen zu kommen. Es gibt Schweinebraten.« »Klar«, sagte Morelli. »Du bist doch auch da, oder?« »Ich und Grandma und Bob.«
»Ach, du Schreck«, sagte Morelli.
Ich legte auf, ging Gassi mit Bob, gab Rex eine Weintraube und sah danach eine Weile fern. Irgendwann mitten während des Hockeyspiels schlief ich ein und wachte gerade noch rechtzeitig auf, um die letzte halbe Stunde eines
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