Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
»Danke, dass du gekommen bist. Was ist Unsinn?«
    »Nachahmungstäter. So was passiert einfach nicht. Es gibt sie nicht – nicht bei sexuell motivierten Morden.« Er ließ sich auf den Stuhl gegenüber ihrem Schreibtisch fallen und seufzte.
    »Was meinst du damit, Tony? Dass Derek Tyler es geschafft hat, an zwei Orten gleichzeitig zu sein?«
    »Ich weiß nichts über Derek Tyler, bis ich die Unterlagen gelesen habe. Aber ich weiß bestimmt, dass wir es hier nicht mit dem Verbrechen eines Nachahmungstäters zu tun haben.«
    Carol versuchte, sich auf das, was sie da hörte, einen Reim zu machen. »Aber der Modus Operandi ist doch gleich …?«
    »Dann hat man den gleichen Mörder vor sich.« Er lächelte bedauernd und zuckte mit den Schultern.
    »Das ist unmöglich. Aus dem, was Don sagt, und auch aus dem, was ich gelesen habe, geht hervor, dass es keinen Zweifel an den Ergebnissen der Gerichtsmedizin gibt. Und Derek Tyler sitzt hinter Gittern.«
    Tony rutschte mit dem Stuhl nach vorn und beugte sich über den Schreibtisch. Ihre Gesichter waren nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt. »Worum geht es bei sexuell motiviertem Mord?«, fragte er.
    Carol kannte die Antwort. »Um perverse Lustbefriedigung.«
    »Gut, gut«, sagte er und kam noch näher. »Wie viele Geliebte hast du gehabt?«
    Nervös wandte Carol den Blick ab. »Was hat denn das damit zu tun?«
    »Mehr als einen, stimmt’s?«, beharrte er.
    Carol gab nach. Es war leichter, als sich auf die Alternative zu versteifen. »Mehr als einen«, stimmte sie zu.
    »Und hat sich jemals einer im Bett genauso benommen wie einer der andern?«, fragte Tony, als könne die Antwort ein wichtiges Argument bestätigen.
    Carol ahnte langsam, worauf er hinauswollte. »Nein.« Tonys blaue Augen mit dem durchdringenden Blick ließen sie nicht los. Durch seine körperliche Nähe kam unwillkürlich Spannung in ihr auf. Ob er es spürte oder nicht, ließ er sich nicht anmerken.
    Seine Stimme wurde leise, vertraulich und weich. »Meine besonderen Bedürfnisse können nur durch einen bestimmten rituellen Ablauf befriedigt werden. Du musst angezogen, ans Bett gefesselt und durch einen Lederknebel am Reden gehindert sein. Ich muss dich in meiner Gewalt haben und die Merkmale deiner Sexualität zerstören.« Er holte tief Luft und wich etwas zurück. »Wie groß ist die Chance, dass es da draußen zwei gibt, die genau das Gleiche wollen?«
    Carol begann zu ahnen, was er meinte. Sie entspannte sich jetzt, wo die direkte Nähe und Intimität nicht mehr gegeben waren. »Ich verstehe. Aber wir haben trotzdem noch den gleichen Modus Operandi vor uns. Und das ist ein Problem für mich.«
    Tony lehnte sich zurück, seine Stimme hatte jetzt einen anderen Tonfall. Carol kannte diesen Umschwung. Er begann jetzt laut zu denken, wobei Gedanken und unklare, zunächst widersprüchliche Folgerungen aufeinander trafen. Es hatte eine Weile gedauert, bis er sich in ihrer Gegenwart locker genug fühlte, dass er so vor sich hin improvisieren konnte, aber jetzt war es fast schon so, als sähe er sie in diesen Momenten des Phantasierens als einen Teil seiner selbst an. »Es sei denn, jemand hätte gerade Sandie beseitigen wollen und es für schlau gehalten, es auf diese Art und Weise zu tun, damit wir kopflos herumrennen und einen nicht existenten Mörder suchen.«
    »Das ist vorstellbar, nehme ich an«, sagte Carol zögernd.
    »Ich meine, wenn es nicht diese Vorgeschichte, den Zusammenhang mit den alten Fällen gäbe, wäre es nicht so besonders außergewöhnlich. Extrem schon, aber nicht außergewöhnlich.«
    »Herrgott noch mal, Tony«, protestierte Carol. »Du findest das nicht außergewöhnlich, was er mit ihr gemacht hat?«
    »Du musst deine persönliche Reaktion und deine berufliche Betrachtungsweise trennen, Carol«, sagte er leise. »Du hast schon Schlimmeres gesehen. Viel Schlimmeres. Wer immer das getan hat, muss in Bezug auf sexuellen Sadismus noch eine Menge dazulernen.«
    »Ich hatte vergessen, wie weit du von der Normalität entfernt bist«, sagte sie matt.
    »Deshalb brauchst du mich«, sagte er schlicht. »Der einzig wirklich interessante Aspekt ist wahrscheinlich, dass sie angezogen war. Wenn man sich die Mühe macht und den Aufwand nicht scheut, mit einer Prostituierten auf ein Zimmer zu gehen, dann hätte ich erwartet, dass man sie ausziehen würde. Ich weiß, dass ich das gern tun würde. Andernfalls könnte man es doch geradeso gut auf dem Rücksitz im Auto oder an einer Wand

Weitere Kostenlose Bücher