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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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wie jung Honey offensichtlich noch war. Sie schien kaum alt genug, um legalerweise das kaufen zu dürfen, was sie trank, das stand fest. Paula ging zur Bar, wo ein halbes Dutzend frühe Mittagsgäste verdrießlich vor ihrem Bier hockten. Sie bestellte ein Mineralwasser und einen Bacardi Breezer, ging zu dem Tisch hinüber, stellte die Gläser ab und setzte sich. Honeys erstaunter Blick wurde sofort feindselig und misstrauisch. »Bulle«, sagte sie höhnisch.
    »Bulle mit ’m Drink für dich«, sagte Paula.
    »Denken Sie, ich bin so leicht zu haben?«, grinste Honey.
    Paula seufzte. »Ich bin nicht hergekommen, um Krach anzufangen, Honey. Ich bin hier, weil eine deiner Freundinnen nicht mehr lebt.«
    Honey warf ihr einen hasserfüllten Blick zu. »Euch sind wir doch scheißegal. Wir sind doch nur Asoziale in euren Augen. Jackie wäre nicht tot, wenn ihr Nieten tun würdet, wofür ihr bezahlt werdet, nämlich uns zu schützen wie die anständigen Leute in ihren anständigen Häusern.«
    »Das versuchen wir ja. Aber wenn wir nur auf Lügen und Schweigen stoßen, ist es nicht gerade leicht. Ich hab dich doch nicht auf dem Kieker, Honey. Ich versuche, dich und deine Kolleginnen zu schützen. Deshalb brauch ich deine Hilfe.«
    Honey lachte. »Kolleginnen? Verdammt noch mal, ’n ganz neues Wort für Huren.«
    Paula beugte sich vor, ihr Gesichtsausdruck war ernst und leidenschaftlich, ihr Blick bohrte sich in Honeys Augen. »Du kannst nicht beides haben, Honey. Du kannst uns nicht beschimpfen, weil wir euch verachten, und uns dann weiter beschimpfen, wenn wir euch etwas Respekt zeigen wollen. Ich halte euch zufällig nicht für Asoziale. Das heb ich mir für die Dreckskerle auf, die euch ausnutzen und missbrauchen. Und ich glaube, meistens habt ihr das nicht verdient, was ihr bekommt. Der Scheißkerl, der Jackie umgebracht hat – den will ich für den Rest seines Lebens hinter Gitter bringen. Also, red mit mir.«
    Die Eindringlichkeit, mit der Paula sprach, hatte in Honey etwas berührt. Sie wandte den Blick ab und murmelte: »Was willst du also wissen, Bulle?«
    »Ich heiße Paula. Wann hast du angefangen, mit Jackie zusammenzuarbeiten?«
    »Wer hat gesagt, dass ich das getan hab?« Das war der letzte Widerstand. Paula sah, dass sie nicht so recht dahinterstand.
    »Es ist nicht gerade ein Staatsgeheimnis.«
    Honey kratzte an dem Etikett ihrer Flasche herum. »Als ich anfing, auf die Straße zu gehen, ungefähr vor sechs Monaten, da hat sie sich so ’n bisschen um mich gekümmert, du weißt, was ich meine. Zum Beispiel, ich hab ja nix gewusst. Ich bin einfach rausgegangen, an mich konnten sie leicht rankommen. Und sie hat mir die schlimmsten Sachen vom Leib gehalten.«
    »Ihr seid also zusammen auf der Straße gewesen? Und nach der Arbeit, Honey? Hat sie sich da auch um dich gekümmert?«
    »Was meinst’n damit? Sie war doch keine verdammte Lesbe.«
    Paula schüttelte den Kopf. »Das hab ich auch nicht gemeint.«
    Honey sah sie scharf an. »Und ich bin auch keine.«
    »Das ist mir doch völlig egal«, seufzte Paula. »Hat Jackie dir geholfen, zurechtzukommen?«
    Honey verschränkte die Arme und legte die Hände um ihren schmalen Oberkörper. »Sie hat mir ein möbliertes Zimmer im gleichen Haus besorgt, wo sie wohnte. Sie war wie eine große Schwester, das ist alles. Wir haben oft miteinander gelacht, weißt du?«
    »Und wenn ihr zusammengearbeitet habt, wie lief das?«
    Honey sah sie schief an, als überlege sie, wie viel sie verschweigen konnte. »Du erinnerst mich an sie, weißt du das?«
    Als Ablenkungsmanöver funktionierte es. Paula war so verblüfft, dass sie fast ihr Glas umstieß. »Was? Ich sehe ihr ähnlich?«
    »Bisschen schon. Aber es ist mehr – ich weiß nicht, so wie du zuhörst, du behandelst mich nicht einfach wie ’n Kind.«
    Paula war nicht sicher, ob Honey die Wahrheit sagte, aber wenn sie selbst aufrichtig war, konnte sie die junge Prostituierte vielleicht dazu bringen, offen zu ihr zu sein. »Also, erzähl mir, wie ihr zusammengearbeitet habt.«
    Honey zog ihr Päckchen Zigaretten zu sich heran und zündete sich eine an. »Manchmal, also, wenn ein Kunde für ’n Dreier zahlen wollte, sind wir mit ihm ins Hotel gegangen. Du weißt ja – ins Woolpack, wo sie … gestorben ist.«
    Paula war ganz aufgeregt, dass sie endlich vorwärts kamen, versuchte aber, es nicht zu zeigen. »Waren Stammkunden dabei?«
    Honey lächelte. Dabei trat ihre zynische Gewitztheit in den Hintergrund, und sie sah wie

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