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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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mich um Dr. France kümmern, wenn er kommt.«
    Kaum hatte sie die Nachricht abgeschickt, als die Tür aufging und Brandon ohne Einladung hereinkam. Carol sah erstaunt auf. In all den Jahren, in denen sie mit John Brandon zusammengearbeitet hatte, war es nie vorgekommen, dass er sich schlecht benommen hatte. Dass er so hereinstürmte, sagte ihr klarer als alle Worte, dass er von irgendeiner Seite, sie konnte nur vermuten, von welcher, unter Druck stand. Er schleuderte eine frühe Ausgabe der Abendzeitung auf ihren Tisch. ZWEITE PROSTITUIERTE ABGESCHLACHTET, lautete die reißerische Schlagzeile. In kleineren Buchstaben stand darunter: ›Hat die Polizei vor zwei Jahren den wahren Mörder festgenommen?‹
    »Er macht sich über uns lustig, Carol. Zwei Morde in drei Wochen, und wir kommen nicht voran.«
    »So würde ich das nicht sagen, Sir.«
    »Ach nein? Haben Sie einen Verdächtigen? Haben Sie auch nur eine Ahnung, wo nach dem Verdächtigen zu suchen ist?« Sein langes Gesicht war angespannt vor Frust.
    »Dr. Vernon hat Sperma an dem zweiten Opfer gefunden. Es ist mit ihrem Blut vermischt, aber er ist recht zuversichtlich, dass im Labor DNA herausgeholt werden kann.« Carol versuchte, ruhig zu bleiben, aber ihr Herz raste und sie spürte den Schweiß in ihrem Nacken kribbeln.
    Brandon gab seiner Ungeduld hörbar Ausdruck: »Bis wir einen richtigen Verdächtigen haben, bringt uns das wenig, es sei denn, er wäre schon in der Datenbank. Welche Fortschritte machen Sie in dieser Sache?«
    Carol stand auf, um den Abstand zwischen ihnen zu verringern. »Wir versuchen, so viele Kontakte der ermordeten Frauen wie möglich zu finden, aber es ist nicht leicht. Männer geben nicht gern zu, dass sie zu Prostituierten gehen.«
    Brandon nahm die Zeitung und wedelte damit vor ihr herum. »Wir bekommen Prügel von der Presse. Sie stellen ganz offen die Frage, ob wir vor zwei Jahren Derek Tyler die Sache angehängt haben. Das Fernsehen hat mich schon um eine Stellungnahme in den Abendnachrichten gebeten. Wir müssen handfeste Fortschritte machen, Carol.«
    »Ich lasse von Dr. Hill ein Profil erstellen«, sagte sie, denn sie suchte verzweifelt nach etwas, das sie Brandon als Rettungsanker anbieten konnte.
    Er schüttelte den Kopf. »Das genügt nicht. Wir müssen aktiv werden. Ich glaube, wir sollten ihn ausräuchern. Ich glaube, wir sollten eine verdeckte Operation einleiten.«
    Carol traute kaum ihren Ohren. Nach allem, was sie erlebt hatte, und John Brandon wusste darüber Bescheid, konnte sie nicht fassen, dass er vorschlug, sie solle allen Ernstes in Betracht ziehen, eine ihrer Mitarbeiterinnen der Gefahr einer riskanten Lockvogelaktion auszusetzen. Sie hätte ihm am liebsten entgegengeschrien, er selbst sei auch nicht besser als die Männer, vor denen sie retten zu wollen er behauptet hatte. Am liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst, um ihn zu Verstand zu bringen und ihn daran zu erinnern, wie sie genau wegen einer solchen Operation beinahe alles verloren hätte. Irgendwie gelang es ihr, sich zu beherrschen, und sie sagte einfach: »Es ist doch wohl zu früh, um an so etwas zu denken?«
    »Zu früh? Er hat sich bereits zwei Opfer geschnappt, Carol. Und das nur, weil wir das nicht mit den vier Morden in Verbindung bringen, für die Derek Tyler weggesperrt ist. Wir können nicht untätig herumsitzen und warten, bis er wieder zuschlägt, in der Hoffnung, dass er leichtsinnig wird und uns eindeutige Beweise liefert, die wir verwerten können.«
    »Wir können die Sicherheitsmaßnahmen in Temple Fields verstärken, Sir. Mehr Kollegen auf Streife schicken. Mehr Überwachungskameras.«
    Brandon schüttelte genervt den Kopf. »Carol, Sie wissen doch gerade so gut wie ich, dass diese Art von Polizeiarbeit nur das Problem in eine andere Gegend verlagert. Wenn Temple Fields ein zu heißes Pflaster für ihn wird, holt er sich das nächste Opfer aus einem anderen Stadtteil. Deshalb fing der Yorkshire Ripper an, sich auf so genannte ›unschuldige‹ Opfer zu stürzen – die Polizei machte es für ihn zu schwierig, im Bordellviertel zu operieren. Das will ich nicht auf dem Gewissen haben.« Er schlug eine Mappe auf, die er dabeihatte, und breitete die darin enthaltenen Unterlagen aus. Sechs Frauen schauten Carol von vergrößerten Schnappschüssen an, auf denen sie wesentlich glücklicher aussahen, als es ihrem Lebensweg entsprach.
    »Da sind sie«, sagte Brandon. »Sehen Sie sich die Fotos an. Es ist ganz klar ein bestimmter Typ,

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