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Toedliche Wut

Toedliche Wut

Titel: Toedliche Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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wollen einfach nur mit Justin reden«, wiederholt Goddard.
    Sie macht keine Anstalten, uns hereinzulassen. »Ich kenne meine Rechte, Sheriff. Ich bin die Mutter und will wissen, warum Sie mit meinem Sohn reden wollen.«
    Tomasetti hält ihr seinen Dienstausweis vor die Nase. »Weil wir höflich darum gebeten haben und nicht länger höflich sein werden, wenn wir mit einem Durchsuchungsbeschluss zurückkommen müssen.«
    Sie zeigt sich wenig beeindruckt, würdigt seinen Ausweis mit keinem Blick. »Und wer verdammt sind Sie?«
    »Ich bin derjenige, der Sie fertigmachen wird, wenn Sie uns nicht sofort reinlassen.«
    Goddards Kinnlade klappt so weit runter, dass ich die Füllung in seinen Zähnen sehen kann, doch Trina Treece zuckt mit keiner Wimper. Die Belustigung, die in ihren Augen aufflackert, schockiert mich. Tomasetti ist ungefähr so lustig wie eine Autopsie, und die meisten Menschen sind eifrig bemüht, seinen Wünschen nachzukommen, besonders wenn er schlechte Laune hat. Er ist zwar Polizist, strahlt aber etwas so Unberechenbares aus, dass selbst die dämlichsten Leute bemüht sind, ihn nicht zu verärgern. Doch dieser Frau hier scheint das vollkommen zu entgehen – und das liegt sicher nicht daran, dass sie dämlich ist.
    Sie grinst den Sheriff an. »Wo haben Sie denn den Charmeur aufgetrieben?«
    »An Ihrer Stelle würde ich uns einfach ins Haus lassen«, sagt der Sheriff freundlich. »Wir müssen wirklich mit Ihrem Sohn sprechen.«
    »Na schön, was soll’s.« Ihr Oberarm schwabbelt, als sie die Tür aufstößt. »Kommen Sie rein. Und Füße abtreten.«
    Tomasetti betritt als Erster das Haus, geht, ohne sich die Füße abzutreten, die rechte Hand nahe am Pistolenholster, wortlos an ihr vorbei. Ich folge ihm, streife jeden Schuh auf der Matte vor der Türschwelle ab. Goddard bildet das Schlusslicht und blickt tatsächlich nach unten, um sich sorgfältig die Schuhe zu säubern.
    Im Inneren des Hauses ist es heiß und stickig, und es riecht vage nach Fisch. Ein Sofa mit geschwungener Rückenlehne und einer schäbigen Häkeldecke darauf trennt das kleine Wohnzimmer von dem noch kleineren Esszimmer. In dem großen, an der Wand befestigten Flachbildfernseher läuft leise ein alter Bugs-Bunny-Cartoon. Von meinem Platz aus kann ich eine schwach beleuchtete Küche mit zugemüllten Ablageflächen und dreckigem Geschirr in der Spüle sehen; aus dem Mülleimer ragt ein zusammengefalteter Pizza-Karton. Am Fenster der Hintertür hängt eine gelbe Rüschengardine. Ein Bodenventilator bläst abgestandene Luft in einen schmalen, dunklen Flur.
    Eine gefühlte Minute lang sind nur die ratternde Klimaanlage und die schweratmende Trina Treece zu hören.
    »Wo ist er?«, fragt Goddard.
    »Ich nehm mal an, dass er draußen bei seinem nutzlosen Alten rumhängt.« Dabei starrt sie Tomasetti an, als versuche sie herauszufinden, welchen Knopf sie bei ihm wie fest drücken müsse. Er starrt unverwandt zurück, das Gesicht ausdruckslos wie ein leeres Blatt Papier. O Mann.
    Aus dem Flur kommen Geräusche. Zwei Mädchen, ungefähr zehn Jahre alt, gucken um die Ecke und beäugen uns. Ihre Gesichter sind scheu und neugierig, und ihre Augen haben bestimmt schon viel zu viel gesehen.
    Trina dreht sich schwerfällig um. »Hab ich euch zwei Idioten nicht gesagt, ihr sollt in eurem Zimmer bleiben?«
    Beide Mädchen haben das gleiche wuschelige schwarze Haar wie ihre Mutter. Doch da hört die Ähnlichkeit auch schon auf, denn sie sind dünn und hübsch und anscheinend unbeschadet von der Umgebung, in der sie aufwachsen. Bei ihrem Anblick muss ich an die Mädchen der Kings denken und kann nicht anders, als sie miteinander zu vergleichen: unschuldige, hoffnungsfrohe Kinder, deren Zukunft bestimmt wird von dem, was ihre Eltern ihnen mit auf den Weg geben, und auch von den zwei grundverschiedenen Welten, in denen sie aufwachsen.
    Das Leben wird diesen beiden Mädchen hier noch viele Lehren erteilen, und ich frage mich, ob sie dabei auf den Beistand ihrer Mutter oder ihres Vaters zählen können – ob sie überleben werden.
    »Wer sind diese Leute, Mama?«, fragt das größere der beiden Kinder.
    »Das geht dich überhaupt nichts an, du neugieriger kleiner Scheißer.« Trina geht zum Sofa, nimmt eine leere Limodose und wirft sie nach ihr. Die Dose knallt an die Wand und fällt scheppernd auf den Boden. »Jetzt geh und hol deinen verdammten Bruder. Sag ihm, die beschissenen Bullen sind hier.«
    Neben mir holt Tomasetti tief Luft, er ist kurz

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