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Toedliche Wut

Toedliche Wut

Titel: Toedliche Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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ich mehrere Jahre als Streifenpolizistin in Columbus unterwegs war, kenne ich solche Familienverhältnisse nur zu gut. Es ist ein bedrückender und anscheinend hoffnungsloser Kreislauf, besonders für die Kinder. Zu viele von ihnen sind Opfer ihrer Umgebung und werden am Ende genau wie ihre Eltern – oder noch schlimmer.
    »Würde mich nicht überraschen, wenn der Junge was mit dem vermissten Mädchen zu tun hat«, sagt Goddard. »Er ist ein Hitzkopf und hat ein großes Maul.«
    »Schlechte Kombination«, sage ich.
    »Besitzen sie Waffen?«, fragt Tomasetti.
    »Als wir vor ein paar Monaten das Grundstück durchsucht haben, wurde nichts gefunden. Aber überraschen würde es mich nicht.« Goddard sieht Tomasetti und mich an. »Tragen Sie beide eigentlich eine Waffe?«
    »Ich gehe nie ohne aus dem Haus«, erwidert Tomasetti.
    Ich öffne meine Jacke gerade so weit, dass er das Lederholster mit meiner .38er sehen kann.
    »Nun denn, sichern und laden heißt die Parole.« Er zeigt aufs Haus, dessen Vorgarten von einem kaputten Maschendrahtzaun umgeben ist. »Mal sehen, was Romeo uns zu sagen hat.«
    Der Bürgersteig ist von Baumwurzeln aufgebrochen und voller Risse, und mein Blick fällt auf einen winzigen Hinterhof voller alter Autoreifen. Dahinter bildet eine freistehende Garage mit abblätternder gelber Farbe und einem kaputten Fenster die Grundstücksgrenze.
    »In der Garage brennt Licht«, sage ich.
    »Da ist der Junge oft. Dreht diese gruselige Scheißmusik so laut, dass einem das Trommelfell platzt.«
    »Arbeiten die Eltern?«, fragt Tomasetti, als wir die Steinstufen zur Haustür hochgehen.
    Goddard nickt. »Jack Treece ist Autoschlosser in der Tankstelle. Soll gute Arbeit machen, hab ich gehört. Das scheint der Junge von ihm geerbt zu haben. Trina arbeitet an den meisten Abenden hinter der Theke im Bowlingcenter.«
    »Und Justin?«
    Er schüttelt den Kopf. »Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ihn hier in der Gegend jemand einstellt. Er hat einen schlechten Ruf, die meisten Leute gehen ihm aus dem Weg.«
    Wir erreichen die Haustür, wo knapp einen Meter daneben das Wasser der aus dem Fenster ragenden Klimaanlage auf den Beton tropft. Goddard klopft und tritt zur Seite, als rechne er damit, dass jemand durch die geschlossene Tür schießen könnte.
    Die Tür geht knarrend auf, und vor uns steht eine große, beleibte Frau mit braunen Augen und fast hüftlangen schwarzen Haaren, die heute noch keinen Kamm gesehen haben. Ich schätze sie auf ungefähr vierzig, obwohl sie eines jener Gesichter hat, bei denen man das Alter schwer sagen kann. Wir haben sie offensichtlich geweckt, aber sie muss auf dem Sofa geschlafen haben, denn sie macht einen trägen Eindruck, und dafür hat sie ziemlich schnell die Tür aufgemacht.
    Sie trägt ein geblümtes Hauskleid, das für meinen Geschmack ein bisschen zu viel unbedeckt lässt. Ihre Waden sind kräftig wie Schinkenkeulen und voller Krampfadern, und aus den rosa Schlappen schauen geschwollene Zehen mit dicken gelben Nägeln heraus.
    Sie betrachtet uns mit einer Mischung aus Feindseligkeit und Belustigung. »Sheriff.« Der schleppende Akzent ihrer tiefen Stimme verrät eindeutig ihre Südstaatenherkunft. »Ich hab gehört, Sie sind gestorben.«
    »Tja, davon hat man mir noch nichts gesagt.« Goddard hält seine Dienstmarke hoch. »Ich hoffe, das enttäuscht Sie nicht allzu sehr.«
    »Das Leben hier wär doch ziemlich langweilig ohne eure ständige Bullen-Schikane.«
    »Ist Justin da?«
    Ihr Blick wandert vom Sheriff zu mir zu Tomasetti und wieder zurück zum Sheriff. Er hat etwas Lauerndes und erinnert mich an einen großen, schwerfälligen Bär, der sich, ohne Vorwarnung und ohne provoziert worden zu sein, in eine Bestie verwandeln und einen Menschen in Stücke reißen kann. Ihre kalten Augen spiegeln eine Scheißegal-Haltung, die mir sagt, dass sie vor nichts und niemandem – sich selbst eingeschlossen – Achtung hat und Gesetzeshütern gegenüber einen besonders großen Hass empfindet.
    »Wen interessiert das?«, fragt sie.
    »Mich und diese beiden Agenten vom BCI.«
    »Oh, BCI-Agenten.« Sie mustert mich von oben bis unten und stößt einen verächtlichen Ton aus. »Was hat er jetzt wieder angestellt?«
    »Wir wollen ihm nur ein paar Fragen stellen.«
    »Geht’s um das vermisste Mädchen?«
    Augenblicklich sind wir hellwach. Der Sheriff beugt sich leicht vor, und neben mir reckt Tomasetti den Hals, um an ihr vorbei ins Hausinnere zu sehen. »Trina, wir

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