Toedliche Wut
sagt sie.
»Wie heißt er?«
»Ich weiß es nicht.«
»War er amisch oder englisch?«
»Ich weiß es nicht.«
»Woher wissen Sie von dem Verehrer?«
Sie blickt auf die Rechnung zu ihrer Linken und überträgt eine Zahl in das Buch. »Weil sie ein Kind in sich trägt.«
Ich bin nicht wirklich schockiert, denn dass Teenager Kinder bekommen, ist nichts Neues – nicht einmal in Amisch-Gemeinden. Was mich allerdings überrascht, ist die Tatsache, dass das bis jetzt noch nicht herausgekommen ist.
»Im wievielten Monat ist sie?«, frage ich.
Sie sieht mich an. »Ich weiß es nicht. Man hat noch nichts gesehen.«
»Sie hat es Ihnen anvertraut?«
Suzy Fishers Blick verrät mir, dass ihre Tochter ihr nichts gesagt hat, was sie mehr kränkt als die Tatsache, dass sie ein uneheliches Kind erwartet. »Ich hab so ein … Plastikding gefunden … so was aus der Apotheke.«
»Einen Schwangerschaftstest?«
»Ja. Im Mülleimer. Sie hat versucht, ihn zu verstecken, aber …« Sie stößt einen Seufzer aus. »In dem Moment wusste ich es.«
»Sie haben sie zur Rede gestellt?«
»Anfangs hat sie es geleugnet, aber als ich ihr sagte, dass ich den Test gefunden habe, hat sie es … gestanden.«
»Wissen Sie, wer der Vater ist?«
Sie sieht mich an, als wäre ihr nie der Gedanke gekommen, danach zu fragen. Was natürlich absurd ist, weshalb mir in dem Moment klarwird, dass es noch etwas anderes geben muss – etwas, das sie noch schlimmer findet als die Schwangerschaft.
»Wer ist der Vater?«, frage ich noch einmal.
Sie überträgt eine weitere Zahl in das Buch.
»Mrs Fisher?«, beharre ich sanft. »Es könnte wirklich wichtig sein. Wer ist es?«
Die Frau faltet die Hände und starrt auf den Schreibtisch. »Bonnie weiß es nicht«, sagt sie.
»Sie hat mehrere Liebhaber?«
Suzy Fisher hebt ruckartig den Kopf. »Ich verstehe Bonnie nicht. Ich verstehe nicht, warum sie solche Dinge tut.«
»Kennen Sie die Namen der Männer, mit denen sie zusammen war?«
Ihr Gesicht verzieht sich, doch bevor die Tränen rollen, hat sie sich wieder im Griff. »Sie wollte sie nicht sagen.«
»Wissen Sie, wie viele es waren?«
Sie vergräbt das Gesicht in den Händen und schüttelt den Kopf. »Nein.«
»Wissen Sie, wo sie diese Männer kennengelernt hat?«
»Sie ist sehr verschlossen, was diese Dinge betrifft … Sie wird wütend, wenn ich zu viele Fragen stelle.«
Ich würde ihr gern etwas Tröstliches sagen, doch ich fühle mich so unbehaglich, dass mir nichts einfällt.
»Wir haben sie nicht gelehrt, so zu sein. Ich weiß nicht, woher sie wusste …«
Ich nicke, lasse ihr Zeit. »Fällt Ihnen vielleicht sonst noch irgendetwas ein, das uns helfen könnte, diese jungen Männer zu finden?«
Sie schüttelt den Kopf, ist zu erschüttert, um zu sprechen. Schließlich sieht sie mich gequält an. »Glauben Sie, dass einer der Jungen Bonnie mitgenommen hat?«
»Ich weiß es nicht«, erwidere ich. »Aber ich werde alles tun, um es herauszufinden.«
* * *
Zehn Minuten später steige ich zu Tomasetti in den Tahoe. Keiner von uns sagt etwas, als er den Wagen anlässt und zurücksetzt. Die zwei Pferde mit dem Fuhrwerk voller Möbel stehen immer noch da, und Eli Fisher hilft gerade einem jungen Mann, einen weiteren Schrank aufzuladen. Als er uns bemerkt, hält er inne und beobachtet uns. Die Krempe des Hutes verschattet seine Augen, so dass ich den Ausdruck darin nicht sehen kann. Doch er lächelt nicht, noch hebt er zum Abschied die Hand.
»Mrs Fisher ist keine gute Lügnerin«, sagt Tomasetti, als er auf die Straße biegt. »Hast du noch irgendetwas erfahren?«
»Bonnie Fisher war schwanger.« Erst als die Worte heraus sind, wird mir bewusst, dass ich in der Vergangenheit von ihr spreche.
Er sieht mich an. »Wer ist der Vater?«
»Sie weiß es nicht.« Ich halte inne. »Offenbar hat das Mädchen es auch nicht gewusst.«
Er hebt die Augenbrauen. »Vielleicht steckt ein Eifersuchtsdrama hinter ihrem Verschwinden. Ein Liebhaber findet heraus, dass es noch andere gibt, und das Mädchen zieht den Kürzeren.«
»Oder der Mann entscheidet, dass er lieber doch nicht Vater werden will.«
»Wäre nicht der Erste.«
Ich denke einen Moment darüber nach. »Zwei der verschwundenen Mädchen hatten Liebesbeziehungen.«
»Ich halte das in dem Alter nicht für ungewöhnlich.«
»Unerwünschte Liebesbeziehungen mit Englischen«, präzisiere ich.
Er nickt. »Sollte mit ins Profil.«
In Gedanken fasse ich die Fakten zusammen. »Glaubst
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