Toedliche Wut
King gekannt?«
Der Name entlockt ihm keine Reaktion. »Ich habe sie nicht gekannt.«
»Haben Sie sie jemals fotografiert?«
»Nein.«
»Haben Sie Annie oder ihre Familie jemals getroffen?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Wo waren Sie vorgestern Nacht?«
»Ich war auf einer Vernissage in Warren. Eine Freundin hatte ihre erste Kunstausstellung, und ich habe sie dabei unterstützt.«
»Kann das jemand bestätigen?«
»Mindestens ein Dutzend Leute.« Er lacht. »Meine Kreditkarte. Ich habe über viertausend Dollar ausgegeben.«
Ich hole meinen Notizblock hervor und notiere die Details. »Wie lautet der Name der Galerie?«
»Willow Creek Gallery.«
»Ich brauche die Namen von drei Zeugen.«
Er nennt mir drei Namen, buchstabiert sie und gibt mir die Kontaktinfos. »Kennen Sie Bonnie Fisher?«
Karns runzelt die Stirn. »Ich glaube nicht.«
»Und Noah Mast?«, fragt Tomasetti.
Karns schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, nein.«
Er fragt nicht, wer die Leute sind, und wir belassen es dabei.
Zehn Minuten später sitzen Tomasetti und ich im Tahoe und fahren den Weg zurück zum Highway.
»Aalglatter Typ«, bemerkt Tomasetti.
»Nur dass wir zu abgebrüht sind, um ihm seinen Mist abzukaufen.«
Er wirft mir einen kurzen Blick zu. »Du glaubst, er hat nicht immer die Wahrheit gesagt?«
»Ich finde es inakzeptabel, wenn Männer wie Karns für ihr widerliches Verhalten auch noch belohnt werden.«
Er biegt auf den Highway ab. »Vielleicht hatte er ja Kontakt mit ihr, sie ohne das Wissen ihrer Eltern fotografiert, und das Ganze ist dann außer Kontrolle geraten.«
»Oder er hat sie verführt und wollte nicht, dass sie darüber redet«, sage ich.
»Ich weiß nicht, Kate. Ich glaube, Annies Ermordung ist im Zusammenhang mit den anderen verschwundenen Teenagern zu sehen«, gibt er zu bedenken.
»Vielleicht steckt mehr hinter Karns, als es den Anschein hat.«
Das ist einer der Gründe, warum Tomasetti und ich so gut zusammenarbeiten: Er lässt sich nicht von Äußerlichkeiten blenden und glaubt, dass jeder Mensch zu Taten fähig ist, die ihm keiner zutrauen würde. Wenn er meine Meinung nicht teilt, knickt er nicht gleich ein.
Er seufzt. »Ich glaube, Karns ist ein Arschloch, aber einen Mord traue ich ihm nicht zu.«
Aber ich will ihn noch nicht von der Liste der Verdächtigen streichen. »Der gemeinsame Nenner ist, dass die Vermissten alle jung und amisch sind und sich außerhalb amischer Normen bewegten.«
»Karns’ Fotos zeigen die Amischen innerhalb allgemein anerkannter Grenzen.«
»Was ihn aber nicht ausschließt.«
»Wir können ihn nicht in ein Muster quetschen, in das er nicht reinpasst.«
Ich erwidere nichts.
13.
Kapitel
Eine Stunde später sind wir zurück im Besprechungszimmer des Sheriffbüros von Trumbull County. Tomasetti sitzt sichtlich gelangweilt und grantig auf einem Stuhl und traktiert die Tastatur des Laptops auf seinem Schoß. Ich stehe hinten in einer Ecke mit dem Mobiltelefon am Ohr und höre mir Auggie Brocks Lamento über die nicht enden wollenden Ungerechtigkeiten an, die seinem Sohn von Gesetzesseite gerade angetan werden. Ich äußere mich angemessen mitfühlend, doch weiß genau, was er will, und werde meine ethischen Grundsätze niemals seinem siebzehn Jahre alten Sohn opfern, der den Verstand einer Schnecke hat.
Die Deputys sind alle unterwegs und gehen den verschiedenen Spuren nach. Ich kann Sheriff Goddard in seinem Büro ein paar Zimmer weiter hören. Wenn er telefoniert, spricht er extrem laut, und momentan diskutiert er mit jemandem über das Ausstellen eines Durchsuchungsbeschlusses für das Haus von Frank Gilfillan, dem Anführer der Kirche der zwölf Wege. Offenbar sieht der Richter am anderen Ende der Leitung die Dinge etwas anders als der Sheriff, was Goddard sauer aufstößt. Bis jetzt haben wir noch keinen einzigen Treffer gelandet, und seine Frustrationsschwelle ist dementsprechend niedrig.
»Also wirklich, Kate, hören Sie mir überhaupt zu?«, fragt Auggie jetzt.
»Ich höre zu«, lüge ich.
»Das Leben meines Sohnes steht auf dem Spiel. Wenn er als Erwachsener vor Gericht gestellt und verurteilt wird, ist sein Leben so gut wie gelaufen.«
Eine Sekunde lang will ich ihm sagen, dass ich es mir überlege, einfach nur um ihn loszuwerden. Doch dann kommt Sheriff Goddard zur Tür hinein und sieht aus, als hätte er gerade Prügel von ganz oben bezogen, was mich davon abhält, etwas zu tun, was ich ganz sicher bereuen würde. »Auggie, der Sheriff ist gerade
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