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Toedliche Wut

Toedliche Wut

Titel: Toedliche Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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abgewiesen werden müssen. Er trägt graue Khakihosen, ein weißes Poloshirt, keine Schuhe, und sieht aus wie ein Filmstar. Sein Gesicht besitzt jene Attraktivität, die Menschen unwillkürlich dazu bringt, ihn anzustarren. Ich weiß nicht, wie ich mir Stacy Karns vorgestellt habe, aber so bestimmt nicht.
    »Stacy Karns?«, fragt Tomasetti.
    »Ja.« Seine Stimme ist tief und angenehm, mit einem kaum wahrnehmbaren nordöstlichen Tonfall. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
    Wir zeigen ihm unsere Ausweise.
    Er wirkt überrascht. »Oh, Bureau of Criminal Identification and Investigation. Das heißt nichts Gutes.« Sein Blick wandert von Tomasetti zu mir, wo er verharrt. »Worum geht es?«
    »Wir möchten Ihnen ein paar Fragen stellen«, antwortet Tomasetti.
    Ich beobachte ihn genau – Augen, Gesichtsausdruck –, und bemerke zuerst Verwirrung, gefolgt von Erkenntnis und schließlich Unglaube. Oberflächlich betrachtet, ist das die perfekte Reaktion eines unschuldigen Mannes. Doch wenn man sich gut mit den Feinheiten von Täuschungsmanövern auskennt, dann weiß man, dass er genau das Bild abgibt, das er abgeben will.
    »Ich habe gerade im Radio gehört, dass das vermisste amische Mädchen gefunden wurde«, sagt er mit ernster Stimme. »Sind Sie deshalb hier?«
    Ich gebe ihm Punkte für seinen innovativen Ansatz. Wenn ein unangenehmes Thema im Raum steht, wie zum Beispiel ein Gespräch mit der Polizei über einen Mord, versuchen die meisten Menschen, es so lange wie möglich hinauszuzögern. Reden drum herum oder stellen sich dumm. Dass Karns direkt darauf zu sprechen kommt, sagt mir, dass er unseren Besuch erwartet hat.
    »Wir helfen bei den Ermittlungen«, erklärt Tomasetti.
    »Können wir hereinkommen?«, frage ich.
    Karns mustert mich kurz, und ich entdecke einen Hauch von Neugier in seinen Augen. »Natürlich.« Er macht die Tür weit auf und bittet uns herein, ein König, der zwei ungepflegte Bauern in sein Schloss einlädt. »Möchten Sie einen Kaffee? Oder Eistee?«
    »Danke, nein.« Tomasetti bedenkt ihn mit einem aufgesetzten Lächeln.
    Das entgeht Karns nicht, doch er wirkt amüsiert. Mit der Gelassenheit eines Mannes, der nichts zu verbergen hat, führt er uns über einen glänzenden Holzboden durch die Eingangshalle, in der ein Konsolentisch mit einer wunderschönen Glasvase voll frisch geschnittener Pfingstrosen steht. Ihr süßer Duft umspielt noch meine Nase, als wir durch eine Flügeltür in das riesige Wohnzimmer mit Kamin und Parkettboden treten. Eine ganze Fensterwand gibt den Blick frei auf den Wald.
    Obwohl der Raum sehr schön eingerichtet ist, sind es doch die gerahmten Schwarzweißaufnahmen an den Wänden, die den Blick auf sich ziehen: minimalistisch, eindringlich und gleichzeitig subtil. Karns ist unbestritten ein guter Fotograf.
    Ich gehe zu den Fotografien, um sie mir näher anzusehen. Die meisten zeigen Ausschnitte amischen Lebens: ein altes Farmhaus mit schiefem Schornstein; ein junger Amerikanischer Traber zieht einen Buggy durch die grauen Schwaden des Morgennebels; zwei barfüßige Mädchen, die Hand in Hand eine Asphaltstraße entlanghüpfen; ein voller Septembermond, der über einem abgeernteten Maisfeld aufgeht; eine Prozession aus schwarzen Buggys vor dem Hintergrund eines amischen Friedhofs.
    »Sie sind wirklich gut«, bemerke ich.
    Er lächelt, wobei mir seine sehr weißen Zähne auffallen. »Falls Sie mich so für Ihre knallharten Fragen weichzukneten versuchen, es funktioniert.«
    Ich sehe, wie Tomasetti die Augen rollt, was ich jedoch ignoriere und an dem Fenster vorbei zur Wand neben dem Kamin gehe. Und dort hängen die anderen Fotografien: ein nacktes Baby, das auf einem amischen Quilt krabbelt; eine amische Frau, deren Rock à la Marilyn Monroe bis über die Hüften hochweht; ein amischer Junge nackt am Ufer eines Baches, in den er gleich kopfüber hineinspringen wird. Keines der Fotos ist explizit sexueller Natur, doch sie irritieren und haben etwas Voyeuristisches. Sie geben mir das Gefühl, einem intimen Moment beizuwohnen – etwas zu sehen, das nicht für meine Augen bestimmt ist.
    »Sie wissen doch sicher, dass die meisten Amischen nicht fotografiert werden wollen?«, sage ich.
    »Das ist mir bewusst.« Er hat ein Auge auf Tomasetti, der sich gerade die Fotos auf der anderen Seite des Kamins ansieht. »Ich versuche, so respektvoll wie möglich zu sein.«
    »Solange Sie das Foto kriegen, das Sie haben wollen«, murmelt Tomasetti.
    »Die meisten führen religiöse Gründe

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