Toedliche Wut
gekommen, ich muss Schluss machen.«
»Denken Sie wenigstens darüber nach, was ich gesagt habe?«
Ich drücke die Aus-Taste und blicke Goddard finster an.
Er blickt finster zurück. »Ihr Tag scheint sich in die gleiche Richtung zu entwickeln wie meiner«, sagt er.
»Sie meinen Richtung Hölle?«
»So ungefähr.«
Ich lächele. »Und, kriegen wir den Durchsuchungsbeschluss?«
Goddard seufzt. »Der Richter meint, die Kirche der zwölf Wege ist eine Kirche und weiter nichts, und ihre Mitglieder können anbeten, wen und was immer sie wollen.« Ein weiterer Seufzer. »Das ist ’ne verdammte Sekte, wenn Sie mich fragen.«
»Der Richter ist nicht zufällig Mitglied?«
Goddard sieht mich an, als könnte ich das ernst gemeint haben, und fängt dann lauthals an zu lachen. »Ich glaube nicht, aber ich schwöre zu Gott, im Moment würde mich gar nichts überraschen.«
»Haben Sie mit Gilfillan gesprochen?«
»Haben wir, und ich sage Ihnen, der Typ ist echt schräg, mit schrägen Glaubensgrundsätzen und einem Haufen verdammt schräger Anhänger. Viele davon sind nicht älter als unsere vermissten Teenager, und es sind auch ein paar junge Amische darunter.«
Das lässt mich aufhören. »Hat er eine Akte?«
»Nicht mal eine Verhaftung.«
»Die Verbindung zu den Amischen ist schwer zu ignorieren.«
»Nun ja, noch ist nicht aller Tage Abend.« Er sieht zu Tomasetti, der gerade telefoniert. »Sind Sie beide bei Karns weitergekommen?«
»Wir sollten ihn jedenfalls weiter auf dem Radar haben«, sage ich. »Er macht Nacktfotos von Kindern und hat ein ungewöhnliches Interesse an den Amischen.«
»Vielleicht hab ich mehr Glück mit einem Durchsuchungsbeschluss für sein Haus.«
»Der Richter ist wohl kein Kunstfreund, oder?«
Er lacht. »Chief Burkholder, Sie haben ein freches Mundwerk.«
In dem Moment ändert sich Tomasettis Stimmlage, und wir sehen zu ihm hin. Er fixiert mich bereits, und wenn ich seinen Gesichtsausdruck richtig deute, ist er auf etwas gestoßen. Er bedankt sich gerade bei der Person am anderen Ende und beendet das Gespräch. »Ich hatte doch eine Suche in VICAP eingegeben, und ein Analyst sagt mir gerade, dass die Datenbank einen alten, unaufgeklärten Fall mit dem gleichen Modus Operandi ausgespuckt hat«, sagt er.
Goddard wirkt verblüfft. »Wir haben auch eine Suche in OHLEG laufen lassen, aber es ist nichts dabei rausgekommen.«
»Weil es nicht in Ohio war«, erklärt Tomasetti. »Sondern in Sharon, Pennsylvania.«
»Das ist gleich auf der anderen Seite der Grenze, nicht weit von hier.«
»Wie alt ist der Fall?«, frage ich.
»Vier Jahre. Fünfzehnjähriges amisches Mädchen.« Tomasetti blickt auf seine Notizen. »Ruth Wagler. Sie hatte einen Brotstand am Highway und verschwand. Eine Leiche wurde nie gefunden.«
»Verdächtige?«, frage ich.
»Das Sheriffbüro hatte ihren Freund und ihren Stiefvater unter die Lupe genommen, aber dabei ist nichts rausgekommen, keine Festnahmen.«
Ich sehe Goddard an. »Wie weit ist Sharon von hier entfernt?«
»Höchstens fünfundvierzig Minuten.«
»Wir müssen mit den Eltern reden.« Tomasetti sieht mich an. »Hast du Lust auf einen Ausflug?«
»Sicher.« Mein Handy vibriert an der Hüfte, ich muss sofort an Auggie Brock denken und hab keine Lust dranzugehen. Doch beim Blick aufs Display sehe ich Glocks Name, was mich ziemlich überrascht.
Ich trete ein paar Schritte zur Seite und nehme ab. »Ich bin froh, dass Sie nicht Auggie sind.«
»Nicht so froh wie ich.« Doch er lacht nicht, und sofort läuten meine Alarmglocken. Er ruft sicher nicht zum Plaudern an. »Der amische Bischof hat gerade hier angerufen, Chief. Ihre Schwester und ihr Mann sind bei ihm. William Millers Nichte ist verschwunden.«
Eine Art elektrischer Schock durchzuckt meinen Körper. Um mich herum wird es grau, und Tomasettis und Goddards Stimmen verblassen zu undeutlichem Gebrabbel. »Sadie Miller?«, frage ich.
»Richtig. Fünfzehn Jahre alt und amisch.«
Ich nehme seine Worte kaum wahr, sehe Sadie an dem Tag auf der Brücke vor mir – eine Rebellin gegen die gesellschaftlichen Regeln, so selbstgewiss, dass die Welt ihr gehören würde, bekäme sie nur die Chance, sie zu erobern. Gleichzeitig habe ich die tote Annie King vor Augen, wie ihr lebloser Körper im Fluss zwischen Baumwurzeln hängt.
»Wann?«, höre ich mich fragen.
»Irgendwann letzte Nacht.«
»Verdammt nochmal, warum haben die das erst jetzt gemeldet?« Mir ist klar, dass ich meine Frustration nicht an
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