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Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz , Daniel Holbe
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missbraucht und missverstanden wurde«, seufzte er. »Aber das hatten wir in der Vergangenheit schon öfter, wenn ich mich erinnere. Sühne ist wichtig, das steht außer Frage, hiervon wird tatsächlich viel gesprochen in allen möglichen Schriften, aber jemanden zu töten, weil er vorher jemanden getötet hat, das ist kein biblisches Gesetz.«
    »Die Frage ist, ob das jeder weiß beziehungsweise ob das jeder genauso sieht wie du«, murmelte Julia. »Was wäre denn, wenn sich jemand selbst töten würde, um Buße für ein Verbrechen an jemand anderem zu tun?«
    »Nein, auch das nicht. Ich meine, es ist in den verschiedensten Kulturen weit verbreitet, aber die christliche Überzeugung ist, dass nur Gott die Entscheidung darüber treffen sollte, wann er einen Menschen zu sich ruft. Selbstmord ist kein leichtes Thema, das fängt schon bei dieser Bezeichnung an. Der Begriff Mord hat etwas von niederen Beweggründen, gemordet wird, um sich selbst einen Vorteil oder eine Befriedigung zu verschaffen. Trifft das auf einen Menschen zu, der seinem Leben verzweifelt ein Ende setzt? Ich glaube nein. Aber lassen wir das. Wir Protestanten stehen diesem Thema zwar etwas offener gegenüber als die Katholiken, sind aber ebenfalls davon überzeugt, dass sich kein Mensch selbst töten sollte. Andererseits hat Gott den Menschen eine große Eigenverantwortung übergeben, und wenn sich jemand dazu entschließt, sein Leben beenden zu wollen, wird ihn die eigene religiöse Überzeugung nur schwer daran hindern können. Die Entscheidung, sich selbst zu töten, ist eine sehr irdische, und Gott und die Gemeinde kommen meist erst für die Hinterbliebenen ins Spiel, nicht aber für den Menschen, der seinem Leben ein Ende setzt. Zumindest ist das meine bescheidene Erfahrung. Ich habe einige Hinterbliebene im Pfarrhaus sitzen gehabt und nicht wenige, auch junge Menschen zu Grabe getragen, die sich auf die verschiedensten Weisen das Leben genommen haben.«
    »Ja, ich erinnere mich«, erwiderte Julia. Sie selbst hatte einer dieser Trauerfeiern beigewohnt, es war ein Mitschüler aus ihrer Parallelklasse gewesen, gerade achtzehn Jahre alt … Sie verdrängte diesen Gedanken schnell wieder.
    »Okay, Paps, ich glaube, das bringt mich ein bisschen weiter. Ich muss versuchen, die Motive unseres Opfers nachzuvollziehen, und das führt wohl zwangsläufig über die Frage, inwieweit er sich vorher eines Verbrechens schuldig gemacht hat. Da liegt noch eine Menge Arbeit vor uns.«
    »Ruf mich an, wann immer ich dich auf andere Gedanken bringen kann«, entgegnete Herr Durant warm.
    »Na klar, danke, Paps. Schlaf gut.«

Mittwoch, 19.58 Uhr
    A rthur Drechsler saß mit über dem Bauch gefalteten Händen in dem alten Schaukelstuhl, der schon seit Großvater Adalbert Löblers Zeiten das Wohnzimmer zierte. Er wiegte sich sanft vor und zurück und betrachtete lächelnd dessen Enkel Stefan, der ihm gegenüber in einem ebenso alten Ohrensessel saß. Seine Mundwinkel waren durchzogen von einem Baumwolltuch, das um seinen Kopf gewickelt und auf der Rückseite verknotet war. Seine Ohren waren schmerzhaft daruntergequetscht, doch viel unangenehmer war der Gummiball im Inneren seines Mundes, auf den er verzweifelt biss und dessen Druck auf Zunge und Gaumen jede Sekunde einen Würgereiz auszulösen drohte.
    Die Unterarme waren ebenso wie die Unterschenkel mit silbergrauem Klebeband an Beinen und Lehnen des Sessels fixiert, darüber hinaus hatte Arthur den Oberkörper, die Hand- und Fußgelenke sowie den Hals mit Mullbinden festgezurrt. Diese Binden verursachten kaum Druckstellen, so wusste Arthur, ganz im Gegensatz zu dem Bühnentape, welches zwar beinahe überall haftete, aber Rückstände hinterließ, die man gewissenhaft entfernen musste. Doch es hatte schnell gehen müssen, vorhin, an der Haustür. Das Überraschungsmoment war schnell vorbeigegangen, war einem erstaunten und unschlüssigen Taumel gewichen, aber Stefan Löbler war ein ebenbürtiger Gegner, so viel war sicher. Arthur hatte einmal an einem Marathon teilgenommen, bei dem Stefan ihm um Längen voraus gewesen war. Doch das war dunkle Vergangenheit, Stefan hatte damals schon alleine durch sein regelmäßiges Training einen klaren Vorteil gehabt. Heute liegt der Vorteil bei mir, dachte Arthur grimmig, und sein Blick wanderte langsam und prüfend über den bis zur Bewegungsunfähigkeit verschnürten Löbler, bis sich die Blicke der beiden Männer endlich trafen.
    »Damit hättest du nicht gerechnet, wie?«,

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