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Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz , Daniel Holbe
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genau zu sein. Er ist leicht abgewandelt, Gericht müsste Zorn heißen, ansonsten passt es. Allerdings gibt es noch eine zweite Hälfte.«
    »Die da lautet?«
    »Der gesamte Spruch heißt:
    REICHTUM HILFT NICHT AM TAGE DES ZORNS; ABER GERECHTIGKEIT ERRETTET VOM TOD.«
    »Hm, eine nicht ganz unwichtige Ergänzung, oder?«, dachte Julia laut.
    »Kommt drauf an, was man damit zum Ausdruck bringen möchte, vor allem, weil es ja noch diesen zusätzlichen ersten Satz gibt«, erwiderte Herr Durant. »In welchem Zusammenhang ist dir diese Bibelstelle denn begegnet?«
    »Wir haben einen Mord, vielleicht sogar zwei, das ist noch nicht ganz klar, denn bei einem davon stehen die Zeichen auf Selbstmord«, erklärte Julia. »Ein hohes Tier im Finanzsektor, es scheint also einen direkten Bezug zum Thema Macht und Geld zu geben.«
    »Gut, es ist natürlich immer Auslegungssache«, gab Herr Durant zu bedenken, »denn Turbokapitalismus und Globalisierung gab es damals, als die Schriften der Bibel zusammengestellt wurden, noch nicht. Na gut, Globalisierung, da wird mir mancher Historiker widersprechen, wenn man das Römische Imperium betrachtet, aber König Salomon lebte ja bereits tausend Jahre vor Christus. Du verstehst, was ich meine.«
    »Ja, klar, nur weiter.«
    »Der Spruch dient in der Sprüchesammlung als Ermahnung jener, denen irdische Güter und Macht mehr bedeuten als Gemeinsinn und ethische Prinzipien. Er richtet sich an Egoisten, die sich selbst für wichtiger nehmen als die Gesellschaft, ja, sich über sie stellen. Das ist natürlich ein passender Vergleich, wenn man an die Führungsetagen der großen Finanzinstitute denkt, an Menschen, deren Jahreseinkommen so hoch ist, dass man ein ganzes afrikanisches Land damit vom Hunger befreien könnte. Auch Jesus hat sich in den Evangelien zu diesen Themen geäußert, die Bibel wird heutzutage sehr häufig zitiert, sogar von Personen, die sich sonst eher an Karl Marx orientieren.«
    »Noch mal zu dem Spruch selbst …«, hakte Julia nach.
    »Ach ja, der Spruch. Letztlich bedeutet er, dass am Tage des Jüngsten Gerichts oder, auf den Einzelnen bezogen, am Tage seines Ablebens alles Geld und alle Macht nichtig sind. Der Tod erreicht jeden von uns unabhängig von irdischen Gütern, und wir nehmen nichts mit, wenn wir ins Himmelreich wechseln. Doch das Andenken an uns und den inneren Frieden prägen wir durch unsere Taten, und an denen werden wir gemessen. Nicht anhand des Sparbuchs. Aber das führt nun wirklich weit weg von Salomons Weisheiten.«
    »Passt die andere Zeile denn überhaupt ins Bild?«, wollte Julia wissen.
    »Thematisch schon. Die Mächtigen werden fallen«, wiederholte er. »Wenn es biblisch gemeint ist, hat es vielleicht etwas mit dem Bild zu tun, dass ein armer Mann glücklicher ist als ein reicher, oder eben, dass gute Menschen Jesus näher sind als mächtige Menschen. Aber mir fällt keine exakte Stelle dazu ein. Vielleicht ist es doch eher ein politischer Aufruf?«
    »Ja, da ist was dran«, lachte Julia. »Das könnte auch als Graffiti an eine Wand gesprüht stehen, so à la FRIEDE DEN HÜTTEN, KRIEG DEN PALÄSTEN. Morgen früh treffen wir uns mit einem Journalisten, der uns ziemlich Kopfzerbrechen bereitet, vielleicht hat der etwas dazu zu sagen.«
    »Das interessiert mich dann aber auch«, sagte Herr Durant, »vor allem, ob ich mit Salomon und meinen Ideen richtig liege. Kann ja auch sein, dass sich jemand einer Sure aus dem Koran bedient hat, aber dafür bin ich nicht der richtige Ansprechpartner.«
    »Man kann ja nicht alles wissen. Ich bin dankbar, dass du dich in deinem Bereich so hervorragend auskennst. Das war sehr aufschlussreich. Meinst du denn, man müsste relativ bibelfest sein, um so ein Zitat zu finden, oder kann das jeder nach ein paar Minuten Googlen?«
    »Bedaure, das kann ich nicht beurteilen. Das Zitat ist relativ bekannt, würde ich zumindest sagen, aber ich beschäftige mich auch schon mein Leben lang mit der Bibel. Doch du sprachst vorhin davon, dass es sich auch um Selbstmord handeln könnte. Das scheint mir im Zusammenhang mit dem Spruch von Bedeutung zu sein. Immerhin geht es um Fallen und um Zorn oder Abrechnung.«
    »Du redest von Schuld und Sühne, richtig?«, fiel Julia dazu ein. »Beruft sich da jemand vielleicht auf die biblische Gesetzmäßigkeit, die ihm befiehlt, Gleiches mit Gleichem zu vergelten?«
    »Wo denkst du hin? Etwa wegen dieses unseligen Zitats AUGE UM AUGE, ZAHN UM ZAHN? Es gibt wohl kaum einen Spruch, der öfter

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