Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
netten Herrn denn vorstellen? Mehr so wie in München 7 … oder eher wie einen Kaiser Franz?«
»Weder noch, Andrea«, wehrte Julia kopfschüttelnd ab, »und ich war in erster Linie zu Besuch bei meinem Vater. Bitte nimm’s mir nicht krumm, aber in meinem Kopf tanzt momentan dieser Fall Tango, und ich kann mich schon jetzt kaum mehr an München erinnern, obwohl ich gerade erst zurückgekehrt bin. Irgendwie«, seufzte sie, »klappt das bei mir nie wirklich mit der Trennung von Beruf und Privatleben. Aber ich arbeite dran, das hinzubekommen, also frag mich vielleicht einfach ein andermal, okay?«
»Kein Problem.« Doch Julia entging nicht das Zwinkern, das die Rechtsmedizinerin und Hellmer austauschten.
»Eigentlich hast du ja auch recht«, gestand Andrea schließlich ein, »denn im Zweifelsfall wird immer das Private vom Beruflichen aufgefressen, nicht umgekehrt. Guter Vorsatz also, aber irgendwann frage ich dich trotzdem wieder, und dann wirst du dich nicht so einfach aus der Affäre ziehen können.«
»Fein. Dann machen wir uns wieder auf den Weg. Wir sind einer weiteren DNA-Probe auf der Spur, und sobald diese eintrifft, bitte ich dich, sie mit allerhöchster Priorität zu behandeln. Möglicherweise haben wir damit nämlich den … hm, Besitzer des Spermas am Haken.«
»Ich stehe bereit und informiere auch Professor Bock«, sicherte die Rechtsmedizinerin den Kommissaren zu. »Und liefert mir nach Möglichkeit einen Tatort oder eine Tatwaffe. Das würde mir für den Bericht sehr weiterhelfen.«
Montag, 12.35 Uhr
S ophie von Eisner betrachtete nachdenklich das braune Kuvert, das vor ihr auf dem Esstisch lag. Sie hatte den Klebeverschluss noch nicht aufgerissen, drehte bislang nur unschlüssig an den Ecken. Der Besucher, ein ihr bis dato nicht bekannter Mann, hatte vor einigen Minuten damit vor der Tür gestanden und um Einlass gebeten. Nur widerwillig hatte sie geöffnet, nicht, ohne zuvor den Wachdienst zu informieren und einen Zeitraum für den Kontrollanruf und eine Sicherheitsantwort festzulegen.
»Ist mir ja wirklich unangenehm«, hörte sie wie aus weiter Ferne eine Stimme. »Aber es ist nun mal eine ruhige Siedlung, und meistens nimmt man seine Nachbarn auch gar nicht wahr.«
»Wie bitte?«, entfuhr es ihr, als ihre Gedanken ins Jetzt zurückkehrten. Ihr gegenüber saß ein Mann mittleren Alters, ein dunkler, verwahrloster Bart verdeckte sein Gesicht, und die Augen verbargen sich hinter einer blau getönten Brille. Über einem biederen Pullunder trug der Mann ein abgewetztes Sakko – gänzlich anders als die eleganten Männer, mit denen Sophie es üblicherweise zu tun hatte; beim Golfspielen, auf Empfängen oder auf der Galopprennbahn. Dennoch kam ihr irgendetwas an dem Mann vertraut vor, doch sie konnte dieses vage Gefühl nirgends festmachen.
»Ich sagte, es ist mir prinzipiell egal, dass es sich offensichtlich um eine unregelmäßig genutzte Geschäftswohnung handelt, da könnte man es schließlich schlimmer treffen. Denken Sie nur an die ganzen Studenten oder, noch schlimmer, wenn es ein Sozialbau wäre. Zum Glück sind die Mieten hoch genug, dass uns das nicht so schnell betreffen wird. Worauf ich aber hinauswollte: Wir haben einfach Sicherheitsbedenken wegen dieser … Dame – und dann eben die Sache mit dem Schlüssel.«
»Was für eine Dame, was für ein Schlüssel?«
»Der Schlüssel ist in dem Kuvert«, antwortete der Mann, dessen Name Sophie bereits wieder vergessen hatte, »und«, er rümpfte die Nase, »wir gehen jetzt einfach mal davon aus, dass es sich um eine Zugehfrau handelt. Wobei die Zeiten schon recht … sonderbar sind.«
»Und wie sind Sie auf mich gekommen?«, fragte Sophie von Eisner, noch immer misstrauisch.
»Das war einfach«, log der Besucher lächelnd. »Ich kenne jemanden beim Meldeamt. Dort wurde mir gesagt, dass es sich um ein Firmenappartement handelt.«
Sie blieb argwöhnisch. »Sie sollten wissen, dass wir hier über einen hervorragenden Wachschutz verfügen und ich mich gegen einen Angreifer durchaus zu verteidigen in der Lage bin.«
»Frau von Eisner«, lächelte er beschwichtigend, »es läge mir völlig fern, Ihnen etwas anzutun. Im Gegenteil, ich wollte ja Ihren Mann aufsuchen, aber man hat mir keinen Termin gegeben. Außerdem, mal unter uns, hoffen meine Frau und ich, dass Sie vielleicht besser auf ihn einwirken können. Ich habe ihn am Freitagabend vermutlich verärgert, als ich ihn zugeparkt hatte, kann sein, dass er es gar nicht bemerkt
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