Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Geschehen im Rhein-Main-Gebiet? Etwa zweieinhalb Jahre dürfte es nun her sein, nein, es war schon fast Advent«, präzisierte Sophie von Eisner ihre Aussage. »Winteranfang 2008, eine trübe Zeit, die Eisner Group hatte wegen der Krise einiges zu verdauen.«
»Keine Ahnung, so genau jedenfalls behalten wir nichts in Erinnerung, zumindest, wenn es nicht in direkter Verbindung zu einer Ermittlung steht«, antwortete Hellmer. »Okay, die Börsenkurse behalte ich natürlich teilweise im Auge, meine Frau ist sehr wohlhabend«, erklärte er schnell, »aber was ist denn damals genau vorgefallen?«
»Wir waren fast permanent in den Schlagzeilen, das war eine harte Zeit für Karl und die Partner, die Löblers gehörten übrigens auch dazu. Eines Abends, ich werde es wohl nie vergessen, war Karl verschwunden, ich musste ihn dringend erreichen, er war unauffindbar, niemand wusste, wo er war.«
»Ja?«
»Nun, irgendwann habe ich mich ins Auto gesetzt und bin rüber in die Wohnung gefahren. Wenn Sie mich heute fragen, weiß ich nicht, wie ich auf diese Idee verfallen bin. Vielleicht entsteht zwischen zwei Menschen doch über die Jahre hinweg eine Art Verbindung, ein unsichtbares Band, was sie zusammenführt.« Sie schluckte schwer und fuhr leise fort. »Nun, wenn dem so sein sollte, an diesem Abend zerriss es. Ich schloss auf, dachte mir nichts Böses, und im nächsten Moment sehe ich meinen eigenen Ehemann auf dem Rücken liegen, dieses blonde Dummchen aus dem Vorzimmer splitterfasernackt obenauf … Selten habe ich mich so gedemütigt gefühlt wie in diesem Augenblick.«
Die Kommissare schwiegen, und für einen Moment hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Dann brach Julia endlich das Schweigen, denn Sophie sah sie auffordernd an.
»Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Keiner Frau sollte so etwas geschehen, welche Absprachen auch immer es geben mag. Ich kann Ihnen versichern, meine Lebensgeschichte kennt den einen oder anderen niederträchtigen Kerl, aber ich weiß nicht, wie ich in Ihrer Situation reagiert hätte. Wie haben Sie denn, wenn ich fragen darf?«
»So, wie man es von einer Dame aus gutem Hause wohl erwartet«, lächelte Sophie schmal. »Ich bin, ohne eine Szene zu machen, aus dem Raum gegangen, keinen Mucks habe ich gesagt und auch keine Miene verzogen, denke ich. Karl hat mich noch gerufen, aber ich habe ihn ignoriert. Dann bin ich ins Auto gestiegen, habe unseren Anwalt angerufen und dafür gesorgt, dass dieses Luder eine rechtsgültige Kündigung bekommt. Aber die hatte sich auch so schon genug erschreckt, die wäre auch ohne Kündigung wahrscheinlich nie mehr im Gebäude aufgekreuzt. Hat sich krank gemeldet, und wir haben sie nie wiedergesehen. Selbst Karl nicht, zumindest bin ich davon überzeugt, denn er war die folgenden Wochen lammfromm. Das hat ihm allerdings nur wenig genutzt, denn ich habe umgehend einen Termin bei unserem Anwalt gemacht und mit ihm ein weiteres Dokument entworfen.« Beinahe spitzbübisch schürzte sie die Lippen, bevor ihr Blick wieder melancholisch würde.
»Und das wäre?«, fragte Hellmer ungeduldig.
»Wir haben eine Zusatzvereinbarung zum Ehevertrag aufgesetzt. Sollte es erneut zu einem Akt der ehelichen Untreue kommen, so würden unsere Kapitalwerte auseinanderdividiert auf den Stand vor unserer Hochzeit.«
»Und das begünstigt Sie? «, hakte Julia nach.
»Allerdings«, nickte Sophie von Eisner. »Karl entstammt einer Familie, die man heute wohl als verarmten Adel bezeichnen würde. Das ist jetzt sehr simpel ausgedrückt, natürlich war er nicht arm, und es reichte immerhin für ein Elitestudium. Zudem hatte die Familie zahlreiche gute Kontakte. Doch das Grundkapital für die Eisner Group, so, wie sie heute besteht, stammt von mir. Ich bin die Hauptaktionärin, auch wenn ich mich geschäftlich im Hintergrund halte. Bei einer normalen Scheidung wären wir wohl fifty-fifty herausgegangen, wir waren sehr verliebt, müssen Sie wissen, da dachte ich überhaupt nicht an so etwas Unromantisches wie einen Ehevertrag. Darf ich Sie etwas fragen?«, wandte sie sich an Hellmer. »Sie erwähnten eben beiläufig, dass Ihre Frau ebenfalls vermögend sei.«
»Ja, aber nicht so«, erwiderte Hellmer mit einer raschen Handbewegung, als wolle er das Thema schnell vom Tisch wischen.
»Die Menge ist unerheblich«, fuhr Sophie beharrlich fort. »Aber haben Sie denn einen entsprechenden Vertrag?«
Hellmer rutschte auf seinem Polster herum und druckste verlegen, bis Julia
Weitere Kostenlose Bücher