Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Psychiater wegen seiner Fachgebiete im Internet recherchiert hat«, warf dieser ein.
»Das stimmt. Diesen Psychiater möchte ich unbedingt mal sprechen, aber ich glaube, wir müssen jetzt wirklich erst einmal zu dieser Eisner.«
» Von Eisner?«
»Halt die Klappe und drück auf die Tube«, frotzelte Julia.
Bevor sie das Eisnersche Anwesen erreichten, wollte die Kommissarin noch einmal in Ruhe mit Andrea Sievers telefonieren. Sie bat Hellmer, den BMW nicht direkt vor dem Haus abzustellen und den Motor noch einen Augenblick laufen zu lassen.
»Ich will bis mindestens August nicht mehr frieren«, brummte Julia, während Hellmer die Freisprecheinrichtung aktivierte. Es knackte kurz, und schon meldete sich Andrea.
»Das nenne ich aber einen Zufall«, kam sie gleich auf den Punkt, »ich wollte mich auch gerade melden. Habt ihr schon mit Löbler gesprochen?«
»Ja, schon längst«, antwortete Hellmer und streckte den Hals in Richtung Mikrofon, obwohl das überhaupt nicht nötig gewesen wäre.
»Wir stehen schon vor der Eisner-Villa, warum fragst du?«, erkundigte sich Julia.
»Ich war mir lange Zeit nicht sicher, aber Nathalie Löbler hatte Geschlechtsverkehr, kurz bevor sie starb.«
»Sie hatten Sex?«, entfuhr es den Kommissaren gleichzeitig entgeistert, Andreas Lachen erklang unmittelbar darauf etwas blechern aus den Lautsprechern.
»Darf man das als Ehepaar denn nicht?«, fragte sie spöttisch.
»Kommt drauf an«, murmelte Juli, dann: »Sag, Andrea, könnte es sein, dass diese Prellungen vom Squashspielen herrühren? Löbler hat uns da so eine Geschichte aufgetischt …«
»Hm, ich könnte es jetzt nicht beschwören, aber möglich wäre das schon. Du weißt ja: Sport ist Mord, da ist schon was Wahres dran.«
»Irgendwie fällt es mir aber schwer, Nathalie Löbler als Sportskanone lachend und unbeschwert über den Squashcourt springen zu sehen, während sie gleichzeitig starke Psychopharmaka geschluckt hat. Wir haben die Info bekommen, dass sie das Zeug auf Rezept nahm. Kannst du feststellen, ob sie es über einen längeren Zeitraum eingenommen hat?«
»Mit gewissen Grenzen«, antwortete Andrea. »An anagenem Kopfhaar mangelt es uns ja zum Glück nicht, dazu kommt eine ordentliche Haarlänge. Doch das bedeutet nicht zwingend, dass ich eine jahrelange Karriere lückenlos rekonstruieren kann.«
»Uns genügt schon die Info, ob es einmalig war. Nach dem Rest fragen wir erst im zweiten Schritt«, gab Julia zurück. »Und was bedeutet dieses anagen noch mal?«
»In erster Linie Rechtsmediziner-Blabla«, kicherte Andrea, »Verzeihung. Kurz gesagt, bei einem durchschnittlichen Erwachsenen befinden sich achtzig bis neunzig Prozent der Kopfhaare im Wachstum. Diese Haare brauche ich für eine ordentliche Analyse, denn bei den anderen weiß ich ja nicht, wann sie mit dem Wachsen aufgehört haben. Bei einer so üppigen Haarpracht wie in diesem Fall habe ich hier leichtes Spiel, und das Ergebnis dürfte entsprechend aussagekräftig sein.«
»Prima, dann kommen wir jetzt noch zu Karl von Eisner«, sagte Hellmer.
»Ja, da habe ich nicht viel Neues, tut mir leid. Wir sind gleich an den Mageninhalt gegangen, eine ganze Menge Whiskey, das spielt vielleicht eine Rolle für euch. Die Hemmschwelle für einen Sprung dürfte jedenfalls um einiges niedriger gewesen sein als in nüchternem Zustand. Der Blutalkoholspiegel bestätigt das, er muss den ganzen Nachmittag gesoffen haben.«
»Du sprichst von einem Sprung?«, hakte Julia nach. »Ist das schon eine offizielle Einschätzung?«
»Viel offizieller wird es wohl nicht mehr werden«, seufzte Andrea, »nicht bei seinem Zustand. Wenn die Spusi keine eindeutigen Hinweise auf einen unfreiwilligen Sturz findet, wird sich das nur schwerlich beweisen lassen. Dazu ist einfach zu viel kaputt. Irgendwelche verdächtigen Hämatome oder Druckstellen gibt es keine, jedenfalls nirgendwo da, wo wir suchen konnten. Der einzig nachweisbare Kampf, den dieser Mann geführt hat, war der Todeskampf während seines Sturzes. Puh«, Andrea klang, als erschauderte sie, »ich möchte mir nicht vorstellen, sekundenlang in einen Abgrund zu rasen. Nicht ohne Fallschirm auf dem Rücken jedenfalls.«
Sie beendeten das Telefonat und stiegen aus dem BMW, draußen erkämpfte sich gerade die frühe Mittagssonne ihren Platz zwischen den auflockernden Wolkenmassen.
Sophie von Eisner empfing die beiden Kommissare in einem seidenen Hausanzug, um ihre Hüfte war eine breite, rosafarbene Schärpe gewickelt,
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