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Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Clark
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blieb.

6
    E inen Stapel Papiere in der Hand ging ich in die Verwaltung und stellte erleichtert fest, dass Rosario da war, eine der fähigeren Bearbeiterinnen von Anklageerhebungen. Sie bat mich hinter den Tresen, damit ich mich nicht in die üblichen lästigen Schlangen einreihen musste. Mir war sogar noch mehr Glück beschieden, da ich just dort auf Toni LaCollier stieß, die ebenfalls bei den Special Trials arbeitete und eine meiner beiden besten Freundinnen war.
    Sogleich musste sie sämtliche Details meines ereignisreichen Vormittags über sich ergehen lassen.
    »Tja, mein Schatz. Du und der Ärger, ihr seid wie weiße Mädchen und Justin Bieber – immer auf der Jagd nacheinander«, sagte Toni und schüttelte den Kopf.
    »So wie schwarze Mädchen und Usher?«
    »Wir müssen niemandem hinterherjagen«, schnaubte Toni. »Wir müssen nur ein wenig das Tempo drosseln.« Sie sah sich um und senkte die Stimme. »Jetzt aber mal ernsthaft, du solltest dich ein wenig in Acht nehmen vor diesem kleinen Wicht Brandon.«
    »Du kennst ihn?«
    »Ich habe von ihm gehört.« Die Sachbearbeiterin reichte Toni die Anklageschrift für ihren Fall, und sie setzte ihre Unterschrift darunter.
    »Von wem?«, fragte ich.
    »Von J.D.«
    Richter J.D. Morgan war der Mann, mit dem Toni ein ewiges Beziehungskarussell erlebte. Wie füreinander geschaffen teilten sie sämtliche guten und schlechten Eigenschaften. Und da sie auch beide an einer Bindungsphobie litten, lief es unweigerlich darauf hinaus, dass einer von ihnen den Rückzug antrat, wenn sie mal wieder eine Weile zusammen waren. Und waren sie dann eine Weile getrennt, tauchte unweigerlich einer der beiden wieder aus der Versenkung auf. Im Moment befanden sie sich in einer Aktivphase.
    »Er hat mal einen Fall bei J. D. verhandelt«, sagte Toni. »Laut J.D. ist er ein reiner Schaumschläger.«
    »Das passt«, erwiderte ich. »Er scheint auch einen ziemlichen Hass auf die Special Trials zu haben.«
    »Willst du wissen, wieso?«, fragte Toni.
    »Nein.«
    Das überhörte Toni einfach. »Rate mal, wer sein Boss und Schutzengel ist?«
    »Keine Ahnung.« Ich schüttelte den Kopf.
    »Phil Hemet«, erklärte Toni.
    »Du machst Witze«, sagte ich entsetzt. »Der Idiot, der mit dem einzigen Fall, an dem er sich je versucht hat, baden gegangen ist?« Ich kramte in der Erinnerung. »Typ auf frischer Tat ertappt, als er mit einem ›geborgten‹ Auto eine kleine Spritztour gemacht hat.«
    »Ein Genie ist er nicht gerade«, stimmte Toni zu. »Dafür aber ein erstklassiger Arschkriecher.«
    »Stimmt. Wurde irgendwann zum Verwaltungsleiter ernannt, oder?«
    »Ja«, schnaubte Toni. »Auf dem Weg dorthin war er übrigens auch mal Chef der Special Trials.«
    »Dem Himmel sei Dank, dass wir das nicht erleben mussten. Wie hat man denn einem solchen Dummkopf die Special Trials anvertrauen können?«
    »Wie läuft das denn sonst hier?«
    Die Sachbearbeiterin schob mir meine Anklageschrift hin, und ich wandte mich von Toni ab, um zu unterschreiben.
    »Ist aber durchaus eine interessante Episode«, sagte Toni. »Soweit ich weiß, haben ihn die Staatsanwälte der Special Trials einfach ignoriert. Sie haben sich geweigert, mit ihm über ihre Fälle zu sprechen, haben ihm grundsätzlich nicht zugehört und sind auch nie zu seinen Sitzungen gegangen. Plötzlich hatten immer alle einen Gerichtstermin.« Toni erzählte die Geschichte mit größtem Vergnügen.
    »Klingt nach einem sehr klugen und verantwortungsvollen Rechtsverständnis«, befand ich.
    »Absolut«, stimmte Toni zu. »Aber weißt du, wer diesen Idioten schließlich abberufen hat?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dein großer Freund, Distriktstaatsanwalt Vanderhorn«, sagte sie.
    »Nein!«, sagte ich ernsthaft schockiert.
    Toni hob die Hand. »Ich will auf der Stelle tot umfallen, wenn das nicht stimmt.«
    Vanderhorn und ich waren uns nicht gerade grün. Er hielt mich für aufmüpfig und unberechenbar, und ich hielt ihn für einen saudummen Machtmenschen ohne jeden juristischen Sachverstand. Meistens hatten wir beide recht. Was Hemet betraf, hatte er aber offenbar eine gewisse Einsichtsfähigkeit unter Beweis gestellt.
    »Nun, du weißt ja, wie man so schön sagt …«
    »Weiß ich, also verschon mich damit«, sagte Toni.
    »Selbst eine kaputte Uhr geht zweimal am Tag richtig«, fuhr ich unverdrossen fort.
    Als wir den Raum verließen, murmelte Toni irgendetwas von »Maulkorb verpassen« vor sich hin.

7
    I ch wusste, dass die Verteidigung alles tun

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