Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Clark
Vom Netzwerk:
Ich hatte das Glück, dauerhaft dort residieren zu dürfen, da ich dem Mörder der Frau des Geschäftsführers lebenslänglich ohne Berufung verschafft hatte. Kürzlich hatte besagter Geschäftsführer dies noch gesteigert und mir eine Zwei-Zimmer-Suite zugeteilt, da sie ohnehin nicht oft gebucht würde. Ich hatte etwas gezögert, seine Großzügigkeit noch stärker auszunutzen, aber er bestand darauf, und ich wollte mich nicht zieren. Dass sich mein altes Zimmer, das kleiner und erschwinglicher war, besser vermieten ließ, war ja auch tatsächlich ein überzeugendes Argument.
    Ich griff zum Telefon und wählte Baileys Nummer. Tatortbesichtigungen verliehen mir immer ein Gefühl dafür, wie sich die Dinge zugetragen haben könnten und wonach man Ausschau halten sollte. Und Baileys scharfes Auge war stets von Nutzen.
    »Detective Keller, bitte«, sagte ich.
    Während ich wartete, sah ich auf die Innenstadt von L.A. hinab. Mein Büro mit Fensterfront hatte mich vom ersten Moment an, als ich meinen Traumjob als Staatsanwältin bei den Special Trials angetreten hatte, in helle Begeisterung versetzt, und selbst im schlimmsten Trubel nahm ich mir jeden Tag Zeit, die Aussicht zu genießen. Der Wind trieb immer noch seine Possen mit Röcken, Hüten und Haaren. Ein junges Paar, das Jacken trug, die für die winterliche Kälte entschieden zu dünn waren, klammerte sich zitternd aneinander, während es darauf wartete, die Spring Street überqueren zu können. Eine ältere Frau, die unglücklicherweise einen weiten Rock angezogen hatte, presste ihn im Gehen an die Oberschenkel und umklammerte mit der anderen Hand den Schulterriemen ihrer Handtasche. Ein Teenager lief hinter ihr her und imitierte zur Freude seiner Kumpels die berühmte Szene, in der Marilyn Monroe auf dem Gitter des U-Bahn-Schachts steht und die Lippen zu einem Schmollmund verzieht. Tja , dachte ich, zieh du bei diesem Wind mal in Rock und hohen Hacken los, du Klugscheißer.
    »Keller.«
    »Knight. Lust auf einen Spaziergang zu einem Tatort?«
    »Der erstochene John Doe?«
    Woher zum Teufel …
    »Das hat sich schon rumgesprochen, Knight. Wie bist denn ausgerechnet du an diesen Fall gekommen? Special-Trials-Format hat der ja nicht gerade.«
    »Der Typ, dem der Fall zugewiesen wurde, ist ein nutzloser Idiot …«
    »… der das Ganze hinschmeißen wollte, und da bist du sauer geworden und hast zugegriffen. Und jetzt, wo du bis über die Ohren in der Sache drinsteckst, stellt sich heraus, was für ein Scheißfall das ist.« Bailey seufzte. »Du weißt ja, dass ich vollstes Verständnis für deinen allumfassenden Gerechtigkeitssinn habe. Was ich nur nicht begreife, ist, warum ich in die Sache mit reingezogen werden muss.«
    Als wären Bailey – oder Toni – so vollkommen anders als ich. Keine von uns ließ pünktlich um fünf den Stift fallen. Im Hinblick auf Baileys Stimmung und die Tatsache, dass es sich wirklich um einen Scheißfall handelte, hielt ich es allerdings nicht für ratsam, das jetzt zu vertiefen. »Vielleicht weil du mir kräftig in den Hintern treten kannst, wenn mit mir die Gäule durchgehen?«
    »Das kann ich auch so tun. Außerdem stecke ich mitten in einem Bericht …«
    Offenbar musste ich noch einmal nachlegen. »Bei der Gelegenheit könnte ich dir detailliert berichten, was im Gerichtssaal – und vor dem Gerichtssaal – passiert ist.«
    Bailey stieß einen Seufzer aus. »Wo ist der Tatort?«
    Der Lockruf des Tratsches … Ich nannte ihr die Adresse.
    »Zehn Minuten«, sagte sie und legte auf.
    Wenn Bailey nur nicht so geschwätzig wäre.

8
    I ch rief Melia an, die Sekretärin der Special Trials, und teilte ihr mit, dass ich zu einer Tatortbesichtigung ginge. Dann zog ich meinen Mantel an, tastete in der Tasche nach meiner .22 Beretta, entsicherte sie und verließ das Büro.
    Bailey wartete bereits, das kurze blonde Haar kaum vom Wind zerzaust. Nur die große, schlanke Bailey konnte es sich leisten, einen wadenlangen Kamelhaarmantel zu tragen. Der Tag war kalt genug, um selbst die abgehärteste Polizistin dazu zu veranlassen, sich einen Schal um den Hals zu wickeln, und seine Juwelenfarben brachten ihre grünen Augen besonders zur Geltung. Wenn sie nicht eine meiner beiden besten Freundinnen wäre, würde ich Gift und Galle spucken.
    »Meinem Bericht zufolge«, sagte ich zur Begrüßung, »wurde unser John Doe auf halber Strecke zwischen Fourth und Fifth Street gefunden.«
    Wir begaben uns in die Richtung.
    »Ich habe meine gemütliche

Weitere Kostenlose Bücher