Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
Bailey. »Wenn irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht, dann finden wir es sicher dort.«
»Vielleicht hat er einfach beim Verkaufspreis geschummelt, um Steuern zu sparen«, gab ich zu bedenken.
»Da wäre er nicht der Erste«, stimmte Bailey zu.
Sie fuhr bei Josie’s an den Straßenrand. Es war ein kleines, schnörkelloses Restaurant mit einer Theke auf der einen Seite und Holztischen und Holzstühlen im restlichen Raum. Kellner nahmen die Stühle von den Tischen und bereiteten alles für den Mittagstisch vor. Als Bailey an die Glastür klopfte, hob ein dünner blonder Jugendlicher in knallengen Jeans die Hand. »Ist noch nicht offen.« Bailey hielt ihre Dienstmarke hoch. Er schirmte die Augen mit der Hand ab, um besser sehen zu können, und kam dann an die Tür. Nachdem er ein paar Sekunden am Schloss herumgefummelt hatte, ließ er uns herein.
»K-kommen Sie rein, Officers«, stotterte er ängstlich. »Was ist denn los?«
»Aktuell gar nichts, keine Sorge«, beruhigte ihn Bailey und stellte sich vor.
Ich stellte mich ebenfalls vor und zeigte ihm meine Dienstmarke. Dazu war ich nicht verpflichtet, aber die Menschen hatten mehr Respekt, wenn man eine Dienstmarke hatte. Eine Schusswaffe würde denselben Zweck erfüllen, aber manche Menschen hatten dann zu viel Respekt und bekamen den Mund nicht mehr auf.
Der junge Mann stellte sich als Duncan Friedkin vor.
»Kannten Sie zufällig einen gewissen Tran Lee, der hier gearbeitet hat?«, fragte ich.
Seine Miene entgleiste. »Tran«, sagte er und sank schwer auf einen Stuhl. »Ja.«
»Was können Sie uns über ihn erzählen?«, fragte ich.
»Tran war ein guter Typ. Ich meine, Sie wissen ja wahrscheinlich, dass er mit Drogen zu tun hatte …«
Ich nickte.
»Aber er war kein Dieb«, sagte Duncan traurig.
»Sie glauben also nicht, dass er den Wagen gestohlen hat?«, fragte ich.
»Nein«, antwortete er und seufzte dann. »Aber vermutlich kann man so etwas nie ausschließen. Vor allem nicht, wenn jemand high ist.«
Duncan starrte ins Leere.
»Ein eigenes Auto hatte er nicht?«, fragte ich.
»Nein«, antwortete Duncan. »Er hatte nicht einmal einen Führerschein.«
»Und was ist mit einem Personalausweis?«, fragte ich. Ein Ausweis würde ein Foto und persönliche Angaben enthalten.
»Keine Ahnung«, antwortete er. »Kann sein.«
Einer Eingebung folgend zog ich Lilahs Foto heraus. »Haben Sie diese Frau schon einmal gesehen?«
Duncan riss die Augen auf. »Wow, nein.« Er bekam sich wieder ein und fragte: »Nein, wieso?«
Darauf wusste ich keine Antwort. »Hätte ja sein können.«
Ich war mir selbst nicht sicher, worauf ich hinauswollte, und hoffte, er würde nicht weiter nachfragen. Wir machten noch ein paar Minuten so weiter, aber alles, was der Typ wusste, war, dass sein Freund verschwunden und dann tot aufgefunden worden war.
»Haben Sie zufällig ein Foto von Tran?«, fragte ich dann. Ich wollte wissen, wie er aussah, als er noch gelebt hatte, für den Fall, dass er tatsächlich keinen Personalausweis besaß.
»Nein, tut mir leid«, sagte Duncan.
Bailey und ich standen auf. »Danke für Ihre Hilfe. Wenn Sie …«
»Oh, warten Sie«, sagte Duncan. Er zog sein Handy heraus und scrollte sich durch eine eindrucksvolle Fotosammlung. »Wusste ich’s doch, hier ist es. Unser Weihnachtsfoto. Wir machen jedes Jahr ein Gruppenfoto.« Duncan zeigte auf eine Gestalt in der Reihe von Kellnern und Kellnerinnen in ihrer Kluft. »Das ist Tran.«
Ich sah einen jungen Asiaten mit einem breiten Grinsen und einem langen, dichten Pony, der vehement aus der Stirn hervorsprang. Er sah nicht aus wie ein Speed-Junkie, aber vielleicht war er auch noch nicht lange abhängig gewesen.
»Kennen Sie noch jemanden, der mit Tran befreundet war?«, fragte ich.
»Ein paar von den Leuten hier«, antwortete Duncan.
Bailey notierte die Namen und die Telefonnummern, die Duncan im Kopf hatte. Wir bedankten uns und gingen.
Zurück auf der Polizeiwache in Hollywood ließ ich mich schon einmal an dem Schreibtisch nieder, den man uns zur Verfügung stellte, während Bailey sich erkundigte, ob man die Fotos von der Unfallstelle gefunden hatte. Als sie zurückkam, hielt sie einen braunen Umschlag in der Hand und lächelte.
Sie setzte sich neben mich und zog einen Stapel Fotos heraus. Die ersten Bilder zeigten die Umgebung. Sie kam mir irgendwie bekannt vor.
»Ist das nicht in der Nähe vom Griffith-Observatorium?«, fragte ich.
Bailey nickte.
Wir gingen sämtliche Fotos durch.
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