Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
herangemacht?«
»Könnte sein«, sagte er. »Obwohl es eher so aussieht, als hätte sie Ihnen auf diese Weise mitteilen wollen, dass sie Ihnen etwas antun kann. So wie mit diesem Paket.«
»Lilah wurde mit zehn auf ein Internat geschickt«, sagte ich. »Könnte das darauf hindeuten, dass sie schon damals Straftaten begangen hat?«
»Es könnte auch darauf hindeuten, dass ihre Mutter sie aus dem Haus haben wollte, nach allem, was Sie mir erzählt haben. Wer weiß das schon? Ich wäre aber in der Tat überrascht, wenn dieser Unfall mit Fahrerflucht ihre erste kriminelle Handlung gewesen sein sollte.«
»Es gibt allerdings keinerlei Hinweise darauf, dass sie auf dem Internat Probleme hatte. Im Gegenteil, sie hatte immer nur Bestnoten.«
»Ja und? Das spricht nur dafür, dass sie clever genug war, sich nicht erwischen zu lassen. Ich rede im Übrigen auch nicht von Mord. Ich rede von kleineren Delikten, Kinderkram.« Dr. Spagnotti hielt inne und schwieg einen Moment. »Erstaunlich, dass Sie bei Ihren Recherchen bis zur Internatszeit zurückgegangen sind. Es scheint, als würden Sie eine Menge Arbeit in einen Fall stecken, der noch nicht einmal abgeschlossen ist. Erforschen Sie die Kindheit Ihrer Angeklagten immer in dieser Intensität?«
»Gelegentlich schon.«
Als ich aufgelegt hatte, fiel mir allerdings kein einziger Fall ein.
77
A ls ich am nächsten Morgen aufwachte und mich streckte, erinnerten mich die Stiche in diversen Körperteilen daran, dass ich noch nicht wieder ganz fit war. Dann fielen mir unsere Pläne für den Tag ein, und mein Puls beschleunigte sich sofort. Wir wollten Johnnie Jasper und die Bayers noch einmal aufsuchen. Unser Besuch bei den Bayers hatte zwei Ziele, auch wenn wir den Eltern nichts davon gesagt hatten. Zum einen wollten wir herausfinden, ob Zack die Beweise für Trans Tötung auf ihrem Grundstück versteckt hatte. Uns schien es naheliegend, an Orten zu suchen, zu denen nur er Zugang hatte, und die Bayers hatten ja gesagt, dass Lilah nie ohne ihn gekommen war. Zum anderen wollten wir eine Spur legen, damit Lilah uns folgen und wir sie ins Visier bekommen würden.
Wir hatten das mit den Ermittlern der Staatsanwaltschaft besprochen und sie auch auf die Risiken hingewiesen, aber sie hatten uns in unserem Vorhaben bestärkt. Ich hatte das Gefühl, dass es so langweilig war, mich zu beobachten, dass sie alles tun würden, um etwas Spannung in die Sache zu bringen – selbst wenn das bedeutete, als wandelnde Zielscheibe herumzulaufen. Es war aber ein gutes Gefühl, dass ein komplettes Team mit von der Partie war. Jemandem zuvorzukommen, der so impulsiv war wie Simon, war etwas ganz anderes, als auf einen Trupp gut ausgebildeter Polizisten zu stoßen.
Ich schwang die Beine aus dem Bett und verspürte eine eigentümliche Mischung aus Angst und nervöser Unruhe. Je eher wir Lilah und ihre Schergen in die Hand bekamen, desto besser. Ich ging zum Fenster und spürte die Wärme in der Luft, bevor ich auch nur die Vorhänge aufzog. Der Tag war ungewöhnlich mild und sonnig. Wenigstens würden wir nicht mit dem Wetter zu kämpfen haben. Ich zog Jeans und T-Shirt an und holte meine Kapuzenjacke heraus. Vielleicht würde es spät werden und die Luft sich irgendwann abkühlen.
Im Wohnzimmer traf ich auf Bailey, die ähnlich angezogen war. Obwohl sie bequem im Sessel saß, eine Tasse Kaffee in der Hand, verrieten mir ihre gebeugten Schultern, dass sie genauso nervös war wie ich.
»Hast du Frühstück bestellt?«, fragte ich.
Bailey schüttelte den Kopf.
Ich hatte auch keinen Appetit. »Wir können uns unterwegs etwas holen.«
Dann erzählte ich ihr erst einmal von dem Paket, das ich am Abend zuvor bekommen hatte. Obwohl sie sich um Gelassenheit bemühte, konnte ich sehen, dass sie erschrak. »So dramatisch ist das aber nicht«, sagte ich. »Sie weiß schließlich schon länger, wo ich wohne.« Die blauen Flecken waren der beste Beweis.
Bailey fuhr sich mit der Hand durchs Haar und seufzte. »Was bin ich froh, wenn dieser Fall endlich vorbei ist. Lass uns in die Gänge kommen. Und nimm das Ding da mit.« Sie zeigte auf das Paket. »Wir bringen es im Labor vorbei.«
Es war unwahrscheinlich, dass man etwas finden würde, aber ausschließen sollte man so etwas nie, das wussten wir aus Erfahrung. Unterwegs waren wir schweigsam und angespannt, und der morgendliche Pendlerverkehr war auch nicht sehr hilfreich.
»Das ist einer der verrücktesten Fälle meiner Karriere«, bemerkte Bailey
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