Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Clark
Vom Netzwerk:
Stunde sank die Sonne und mit ihr unsere Hoffnung, irgendetwas über John Doe oder Cletus zu erfahren. Höchste Zeit zu kapitulieren. »Feierabend, Bailey. Das wird jetzt langsam albern.«
    Sie nickte zögerlich. »Tut mir leid, Rachel. Aber wir haben es wenigstens versucht.«
    »Ja, das haben wir«, sagte ich niedergeschlagen.
    Wir gingen durch die San Pedro Street zur Fourth Street zurück. An der Kreuzung sah ich einen älteren Mann mit Hund. Der Hund lag zu Füßen des Mannes, die Leine war am Einkaufswagen festgemacht. Vielleicht lag es am Hund, keine Ahnung, aber ich beschloss, noch einen Versuch zu wagen und ihm das Foto unseres John Doe zu zeigen.
    »Nein, kenn ich nicht.«
    »Kennen Sie denn einen Mann namens Cletus?«, fragte ich.
    Der Mann runzelte die Stirn, und seine Augenbrauen wuchsen zu einem einzigen Busch zusammen. Dann zog er an seinem Zigarettenstummel. »Meinen Sie den Pitcher?«
    Ich versuchte, mir meine Begeisterung nicht anmerken zu lassen. »Ja.«
    »Hat er Ärger?«
    »Nein, überhaupt nicht«, sagte ich. »Er ist ein Freund.«
    Der Mann schnaubte. »Von Ihnen?«
    Ich schaute ihm fest in die Augen. »Ja, von mir. Wissen Sie, wo ich ihn finden kann?«
    »Könnt schon sein«, sagte der Mann und blinzelte mich durch den Zigarettenqualm hindurch an.
    Die Idee, in dieser Gegend Geld aus der Tasche zu ziehen, begeisterte mich nicht gerade, andererseits hatten wir mit Baileys .44 und meiner .38 genug Feuerkraft, um uns gegen mögliche Zudringlichkeiten zur Wehr zu setzen. Ich zückte also einen Zehn-Dollar-Schein und hielt ihn hoch. »Bringen Sie uns zu Cletus, und er gehört Ihnen.«
    Der Mann zog noch einmal an seiner Zigarette und stieß einen beneidenswerten Rauchkringel aus. Als ich noch geraucht hatte, hatte ich das auch oft versucht, aber meine Ringe waren immer unförmige Dinger gewesen.
    »Einverstanden«, sagte er. Dann drehte er sich um und ging in Richtung Fourth Street.
    Wir folgten ihm und waren auf der Hut, weil sich nachts oft Räuber aus dem Hinterhalt auf die Obdachlosen stürzten. Irgendwann merkte ich aber, dass wir uns in Richtung Spring Street und Pershing Square bewegten, wo es wesentlich sicherer war als in der Gegend, aus der wir kamen. Wir überquerten die Spring Street und näherten uns dem Broadway, als der alte Mann plötzlich anhielt und auf etwas zeigte. Und tatsächlich, auf dem Gehweg vor dem Bradbury Building lag unverkennbar der vertraute Deckenstapel. In der Nähe des Mittwochsreviers, aber doch so weit entfernt, dass ich ihn ohne Hilfe niemals gefunden hätte.
    Ich dankte unserem Helfer, bezahlte ihn … und legte noch ein paar Extradollar für Hundefutter drauf.
    Er nahm das Geld, grüßte und verschwand, den Hund an seiner Seite und eine Rauchwolke hinter sich herziehend.
    Vorsichtig trat ich an den Deckenstapel heran. Darauf lag wie immer die abgetragene Basecap der Lakers. »Cletus?«
    Ein dichter grauer Haarbusch tauchte aus dem Stapel auf. Die Augen glänzten in der Dunkelheit. »Du, Missy? Was machst du denn hier? Was machst du denn hier?« Die tiefe, raue Stimme klang, als hätte er die Worte aus den Tiefen der Erde gekratzt. In meinen Ohren war sie Musik.
    Ich lächelte. »Ja, ich bin’s, Cletus. Heute ist nicht ›unser‹ Abend, ich weiß, aber ich brauche deine Hilfe.«
    Mühsam setzte er sich auf. »Cletus hilft immer gern.«
    Er hustete trocken. Ein besorgniserregendes Keuchen.
    »Alles in Ordnung, Cletus? Das klingt aber nicht gut.«
    Er hustete noch einmal, winkte jedoch ab. »Nur eine Erkältung. Das bekomme ich immer um diese Zeit. Wie kann ich denn helfen?«
    »Kennst du diesen Typen?« Ich hielt ihm das Foto hin.
    Cletus nahm es und starrte es über eine Minute lang an. Ich hielt die Luft an.
    »Nein, Missy, den kenne ich nicht. Tut mir leid.« Er gab mir das Foto zurück.
    Cletus war meine letzte Hoffnung gewesen. Ernüchtert sagte ich: »Ist schon okay, Cletus. Ich weiß deine Bemühungen zu schätzen.« Dann griff ich in mein Portemonnaie und holte einen Zwanziger heraus.
    Er musterte ihn. »Ich habe das nicht für Geld getan, Missy.«
    »Das weiß ich, Cletus. Ich möchte einfach, dass du es bekommst.«
    Langsam nahm er den Schein und steckte ihn in die Tasche. »Du weißt, dass ich schon eine Weile hier in der Gegend bin. Wenn ich den Typen noch nie gesehen habe, bedeutet das wohl, dass er nicht hier lebt. Bist du ihm denn hier begegnet?«
    »Ja. Daher dachte ich …« Meine Gedanken schweiften ab. Wenn John Doe gar nicht in dieser

Weitere Kostenlose Bücher