Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Clark
Vom Netzwerk:
Sie hier einen festen Masseur haben.«
    »Ja, schon«, antwortete Harley unbehaglich. Dann nickte er plötzlich. »Vermutlich kann ich ja davon ausgehen, dass er es war, der Ihnen von mir erzählt hat. Genau, Ronald Yamaguchi war mein Masseur. Tatsächlich hat er sogar an mir herumgeknetet, als ich den Anruf wegen dieses obdachlosen Opfers bekam.« Er schüttelte den Kopf und wirkte irritiert. »Ich muss schon zugeben, dass ich ihm das nie zugetraut hätte.« Harley seufzte. »So etwas kann man wahrscheinlich nie wissen.«
    »In diesem Fall haben Sie aber vielleicht sogar richtig gelegen«, sagte ich. »Wie sich die Beweislage darstellt, gelangen wir allmählich zu der Überzeugung, dass er nicht der Mörder ist. Und dazu haben Sie soeben beigetragen, indem Sie seine Geschichte bestätigt haben.«
    »Schön zu hören«, sagte Harley nachdenklich.
    »Nur interessehalber: Hat er wirklich nie jemandem Ihren Namen verraten?«
    Harley bestätigte es mit einem sanften Lächeln. »Er ist ein klasse Typ.«
    Ich hatte das Gefühl, dass Ronald demnächst mehr Trinkgeld bekommen würde.
    »Haben Sie am Tatort auch Zeugen verhört?«, fragte Bailey.
    »Nein, ich war nur für die Tatortsicherung zuständig«, antwortete Harley.
    »Okay. Wir werden uns an Sie wenden, falls wir noch weitere Fragen haben«, sagte ich.
    »Stets zu Diensten.« Er zögerte. »Äh … Darf ich jetzt …?«
    »Klar, nur zu. Viel Erfolg«, sagte Bailey.
    Harley begab sich wieder hinein und ging zu seiner Massageliege. Wir begaben uns ebenfalls wieder hinein und traten an die Theke, wo die Masseurin mit dem Pferdeschwanz in ein Gespräch mit der älteren Asiatin vertieft war. Als wir an die junge Frau herantraten, sah sie demonstrativ auf die Uhr.
    Ich beschloss, meiner Intuition zu folgen, zumal ich derzeit kein Risiko damit eingehen würde. Nachdem ich Bailey und mich vorgestellt hatte, kam ich zur Sache.
    »Wenn ich es richtig verstanden habe, Wendy, sind Sie gut mit Ronald Yamaguchi befreundet.«
    »Richtig«, sagte sie und warf ihren Pferdeschwanz zurück. »Ja und?«, fragte sie provozierend.
    »Leiht er Ihnen gelegentlich seine Jacke?«, fragte ich.
    Die Frage traf sie unvorbereitet, was auch beabsichtigt war. Sie runzelte die Stirn.
    »Manchmal leiht er sie mir, manchmal nehme ich sie mir einfach«, antwortete sie. »Wenn ich nicht arbeite – hier drinnen wird es nämlich ziemlich kalt.«
    »Hätten Sie was dagegen, wenn ich mal einen Blick auf Ihre Arme werfe?«, fragte ich.
    Über Wendys Gesicht legte sich Misstrauen. »Warum?«, fragte sie dann zickig. »Wollen Sie mich auch wegen Mordes festnehmen?«
    »Vielleicht«, antwortete ich. »Haben Sie jemanden ermordet?«
    Sie verdrehte die Augen und stieß einen übertriebenen Seufzer aus. »Das ist nicht witzig.«
    »Das sollte auch kein Witz sein«, sagte ich trocken.
    Sie seufzte noch einmal. »Nein. Ich habe niemanden ermordet.«
    »In dem Fall würde ich einfach gern Ihre Arme sehen.«
    »Warum?«, fragte sie und klang jetzt aggressiv. »Ich bin doch kein Junkie oder so.«
    Das nervte langsam.
    »Hören Sie zu, Wendy«, sagte ich streng. »Ich kenne nicht viele Junkies, die hauptberuflich als Masseur arbeiten, aber sollten Sie einer sein, wäre mir das schnurzpiepegal. Ich ermittle in einem Mordfall, der herzlich wenig mit Ihnen zu tun hat, und wenn es Ihnen recht ist, würde ich gerne damit fortfahren. Wie wäre es also, wenn Sie mir Ihre Arme zeigen und wir dann beide weitermachen in unserem jeweiligen Programm.«
    Wendy reagierte nicht sofort, aber schließlich krempelte sie die Ärmel ihres weißen Kittels hoch und zeigte mir ihre Arme, die Handflächen nach unten gewandt.
    »Könnten Sie die Arme bitte umdrehen?«
    Sie gehorchte, und da war er dann. Ein tiefer, fünf Zentimeter langer Kratzer an der Innenseite ihres Handgelenks. »Was ist da passiert?«, fragte ich und zeigte auf die Wunde, die noch nicht allzu alt aussah.
    »Ich habe diesen dämlichen Vogel« – sie zeigte auf den Papagei – »aus seinem Käfig genommen, und er hat das Gleichgewicht verloren und mich mit seiner Kralle gekratzt.«
    »Können Sie sich erinnern, wann das war?«, fragte ich.
    Sie dachte einen Moment nach. »Vor zwei Wochen vielleicht?«
    »An dem Tag, an dem Ronald verhaftet wurde?«
    »Irgendwann um den Dreh«, bestätigte sie.
    Eine junge Frau in Strumpfhose und Stulpen kam herein. Wendy winkte sie fort. »Geh wieder nach hinten, Riley. Ich komme gleich.«
    Sie sah ihr hinterher, dann blickte sie mich an.

Weitere Kostenlose Bücher