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Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Clark
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ich mir ein dampfendes Bad einließ. Ich trank, bis mir warm und das Wasser kalt war. Dann ging ich ins Bett. Und weinte mich in den Schlaf.

38
    Z u scheußlich früher Stunde um halb sieben wachte ich auf mit Halsschmerzen und einem dicken Kopf, den Nachwirkungen von zu viel Alkohol und zu vielen Tränen. Ich kroch aus dem Bett und wusch mir das Gesicht ausgiebig mit warmem Wasser. Irgendwann löste sich der Blutstau, und ich fühlte mich etwas besser. Mein Hirn war aber immer noch benebelt, und so spritzte ich mir auch noch kaltes Wasser ins Gesicht – eine schmerzhafte, aber wirksame Methode. Dann zog ich meinen Bademantel an. Obwohl ich keinen Appetit hatte, bestellte ich einen Bagel mit Frischkäse, um die Säure des vielen Kaffees, den ich in mich hineinzuschütten gedachte, zu neutralisieren.
    Der Tag war stürmisch, und ein dünner, stechender Regen schlug an die Fenster. Ich begrüßte es, dass das Wetter beschlossen hatte, sich meiner Stimmung anzupassen. Obwohl ich mich in meinem Zorn darüber, dass Graden meine Privatsphäre verletzt hatte, immer noch gerechtfertigt fühlte, war Selbstgerechtigkeit ein schlechter Trost.
    Und was mir jetzt wirklich helfen würde, blieb mir verwehrt: Tonis und Baileys Schultern zum Ausweinen. Ich würde ihnen erklären müssen, warum Graden nicht mehr auftauchte, aber ich konnte ihnen nicht die Wahrheit sagen, weil ich ihnen nie von Romy erzählt hatte. Wenn wir uns einfach nur gestritten hätten, wäre das alles kein Problem. Dann müsste ich einfach nur ein paar Ausreden finden, bis wir uns wieder versöhnt haben würden. Das hier war aber ein Zerwürfnis, kein Streit. Graden hatte meine Privatsphäre verletzt, und das bedeutete, es könnte immer wieder passieren. Der Schaden, der durch diesen Vertrauensbruch entstanden war, würde mit der Zeit unweigerlich größer werden, wie ein Riss in einer Windschutzscheibe. Wie man das je reparieren sollte, konnte ich mir kaum vorstellen.
    Die deprimierend vertraute Isolation hatte mich wieder, und wieder einmal hatte ich das Gefühl, einen anderen Planeten zu bewohnen. Das Leben sah ich nur durch die Scheibe, hinter der die Party stattfand, zu der ich nicht eingeladen worden war. Meine Kehle schnürte sich zusammen, und heiße Tränen traten mir in die Augen, als die Erinnerungen an meine Kindheit nach Romys Tod wieder hochkamen.
    Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf, um diese Gedanken zu stoppen. Genug. Dieses kleine Mädchen war ich nicht mehr. Ich hatte ein neues Leben, wunderbare Freunde und einen Beruf, den ich liebte. Selbstmitleidsorgien hasste ich sowieso. Ich schluckte energisch und zwinkerte, bis ich diese Gefühlsduseleien erfolgreich unterdrückt hatte.
    Gott sei Dank war erst Mittwoch. Drei Tage konnte ich mich noch in Arbeit vergraben und eine gewisse Schonfrist genießen, bevor ich mich der »Freiheit« des kommenden Wochenendes erfreuen durfte – des drohenden schwarzen Lochs unerwünschter Einsamkeit, das zu viel Raum bot, um über mein neuerliches Singledasein nachzudenken. Und über die Gründe, die wieder einmal dorthin geführt hatten.
    Hör auf! Ich zog den Gürtel an meinem Bademantel enger, nahm die Akte Bayer und suchte meine To-do-Liste. Dann rief ich Bailey an.
    »Seit wann bist du denn so früh auf den Beinen?«, fragte sie.
    Ohne auch nur nachzudenken, wechselte ich in den Notlügenmodus. »Seit ich früh ins Bett gehe. Interessiert dich auch, was ich zum Frühstück gegessen habe?«
    »Nein«, sagte Bailey. »Es ist zu früh am Tag, um sich derart zu langweilen.«
    »Ich würde gern noch einmal an den Tatort fahren und herausfinden, ob es weitere Überwachungskameras gibt«, sagte ich. »Vielleicht bekommen wir noch eine andere Perspektive.«
    Bailey erklärte sich bereit, mich um Viertel nach acht abzuholen. Ich schob den Servierwagen vom Zimmerservice hinaus und begab mich unter die Dusche. Nachdem ich mich angezogen hatte, musste ich immer noch eine Stunde totschlagen. Seit dem Treffen mit dem Staatsanwalt, Larry Gladstein, kehrten meine Gedanken ständig zu Lilah zurück. Ich war von ihrer Schuld nicht ganz so überzeugt wie Larry, und nicht einmal er hatte erklären können, warum sie es getan haben sollte. Schuldig oder nicht, ich musste wissen, wer diese Frau war, bevor ich mich auf die Suche nach ihr machte. Als ich eine private To-do-Liste zum Thema LILAH anlegte, wurde ich derart davon absorbiert, dass ich komplett die Zeit vergaß – bis mein Zimmertelefon klingelte und ich fast vom

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