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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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könnten es schaffen. Und keiner dieser Leute wird mich als Polizeichefin übernehmen.«
    »Autsch«, sagte Lucas. »Warum kandidieren Sie nicht selbst für den Bürgermeisterposten?«
    Sie schüttelte den Kopf. »In diesem Job macht man sich zu viele Feinde, auch in der eigenen Partei. Wenn ich die parteiinterne Kandidatenwahl gewinnen könnte, hätte ich vermutlich Chancen, die allgemeine Bürgermeisterwahl zu gewinnen. Aber ich kann die Kandidatenwahl nicht gewinnen. Nicht in Minneapolis.«
    »Sie könnten die Partei wechseln und Republikanerin werden«, schlug Lucas vor.
    »Meine Lebenszeit würde nicht ausreichen, noch einmal an die Spitze zu kommen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe versucht, ihn zu überreden, noch einmal zu kandidieren, aber er sagt, er müsse sich jetzt ums Geldverdienen kümmern, ehe er zu alt dafür sei.«
    »Was werden Sie jetzt machen?«, fragte Lucas.
    »Was werden
Sie
denn jetzt machen?«
    »Ich …« Lucas hob die Schultern.
    Rose Marie seufzte. »Ich will Ihnen was sagen: Der einzige interne Kandidat für meine Nachfolge ist Randy Thorn, und der wird Sie nicht übernehmen. Er ist ein Bürokrat und Paragraphenreiter, und ihm gefällt es gar nicht, wie Sie Ihren Job machen.«
    »Sie meinen, er kriegt tatsächlich den Posten?«
    »Könnte jedenfalls sein. Er ist ein verdammt guter Chef der uniformierten Stadtpolizei. Mit dieser ganzen Hurra-Scheiße und Beschwörung des Gemeinschaftsgeists. Vergangenes Wochenende hat er sich in den Kampfanzug geworfen und eine Razzia des Notfall-Einsatzkommandos geleitet. Es gibt ein paar Macho-Arschlöcher im Stadtrat, denen so was gefällt.«
    »Ja. Aber ich bin nicht sicher, ob er genug Grips für den Job hat.«
    »Das bin ich auch nicht. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass der neue Bürgermeister sich jemanden von außerhalb holt. Jemanden, der nur ihm allein Loyalität schuldet. Jemanden, der den Job im neuen New Yorker Null-Toleranz-Stil angehen will. Und ich bezweifle, dass ein solcher Außenseiter die derzeitigen Deputy Chiefs im Amt lassen wird. Er wird eigene Leute dafür mitbringen. Lester und Thorn sind zwar Captains und unkündbare städtische Beamte, aber er wird sie anderweitig einsetzen – natürlich unter ›Besitzstandwahrung‹, wie es so schön heißt. Sie sind zwar auch Deputy Chief, Lucas, aber kein unkündbarer städtischer Beamter.«
    »Wir sind also beide unseren Job los«, stellte Lucas fest. Er lehnte sich zurück, verschränkte die Finger hinter dem Kopf und atmete tief durch.
    »Sehr wahrscheinlich. Ich werde mich bald nach einer anderen Arbeit umsehen.«
    »Woran denken Sie dabei?«
    Sie machte eine abwehrende Handbewegung. »Das kann ich im Moment noch nicht sagen. Ich werde wohl ein paar Leuten ein Messer in den Rücken bohren müssen. Oder sie vielleicht oral bedienen müssen.«
    »Aber bitte nicht gleichzeitig. Könnte zu Muskelkrämpfen führen.«
    Sie lächelte. »
Sie
nehmen das recht gelassen hin. Das ist gut so, denn bei mir ist es anders. Verdammter Mist. Ich hätte gerne noch eine Amtsperiode weitergemacht … Wie auch immer, ich wollte Sie wissen lassen, dass wir auf der Abschussliste stehen.«
    »Dabei fing ich gerade an, wieder richtig Spaß am Job zu haben«, sagte Lucas.
    »Was ist mit Weather?«, fragte Rose Marie. »Ist sie noch nicht schwanger?«
    »Das weiß ich nicht, aber es könnte sein.«
    Rose Marie lachte, ein tiefes, ehrliches Lachen, sagte dann: »Großartig. Das nenne ich perfekte Planung.«
    »Und wenn sie schwanger sein sollte …« Lucas blinzelte zur Zimmerdecke, rechnete nach. »Das Baby käme dann etwa zu der Zeit auf die Welt, zu der wir beide gefeuert werden.«
    »Sie sind ja nicht auf den Job angewiesen. Sie haben mehr Geld als Jesus Christus.«
    »O doch, ich
brauche
den Job. Ich brauche
irgendeinen
Job.«
    »Dann kämpfen Sie darum. Vielleicht kriegen Sie ja noch eine Chance …«
    Lucas verließ Rose Maries Büro, ging zum Morddezernat, ließ sich den genauen Fundort von Aronsons Leiche schildern, markierte ihn auf einer Landkarte, fotokopierte den Ausschnitt und ging dann zum Parkhaus in der Fourth Street. Er stieg in seinen Tahoe und verließ die Innenstadt Richtung Süden. Sein Weg führte ihn an Aronsons Appartement vorbei, und er erinnerte sich, wie er dort nach dem Verschwinden der jungen Frau mit ihren Eltern gesprochen hatte. Wie er versucht hatte, ihnen Hoffnung zu machen, obwohl sein Cop-Verstand ihm sagte, dass sie längst tot war. Sie waren einige Zeit im

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